Als Innenminister Thomas de Maizière Ende Februar seinen marokkanischen Amtskollegen getroffen hatte, schien alles gut gelaufen zu sein:
De Maizière: "Das ist ein gutes Ergebnis, für das ich mich bedanke…"
Das Ergebnis sah so aus: Die marokkanische Seite erklärte sich bereit, die Zusammenarbeit zu verbessern. Auch und gerade wenn es darum geht, die Identität von Marokkanern ohne Papiere in Deutschland zu klären:
"Wir sind uns einig, dass wir die zweifelsfreie Identifizierung marokkanischer Staatsbürger in aller Regel über die Übermittlung von Fingerabdrücken vornehmen werden, weil Marokko da eine vorzügliche Datenbank über marokkanische Staatsbürger hat. Und die marokkanische Seite hat mitgeteilt, dass sie dann in aller Regel innerhalb von 45 Tagen antwortet."
Das klang gut. In der Praxis hat sich aber offenbar trotzdem nicht viel verändert. Die Statistik des Bundesinnenministeriums zeigt: Nach Algerien konnten in den ersten vier Monaten dieses Jahres gerade mal 35 Abschiebungen abgeschlossen werden. Nach Marokko 25. Keine Beschleunigung im Vergleich zum Vorjahr, in beiden Fällen. Nur Tunesien sieht etwas besser aus, dorthin wurden bis Ende Mai 50 Ausreisepflichtige abgeschoben - dreimal so viele wie im ganzen Jahr 2015.
Marokko scheint kooperativ zu sein
Marokkos Innenminister Hassad hatte beim de-Maizière-Besuch in seinem Land guten Willen demonstriert und Ergebnisse zugesagt:
"Wir sind auch übereingekommen, gegen diejenigen vorzugehen, die böswillig die Migration nach Deutschland nutzen, indem sie sich als Flüchtlinge ausgeben."
Gemeint sind Marokkaner, die sich als syrische Flüchtlinge ausgegeben hatten.
Es scheint so, als versuche die marokkanische Seite tatsächlich kooperativ zu sein. Eine schnellere Abwicklung der Identifizierungen und dann der Abschiebungen technisch vorzubereiten - das hat wohl einige Zeit in Anspruch genommen. Aber jetzt ist das grundsätzliche Verfahren geklärt.
Dennoch stellt sich die Frage, warum die Zahl der Abschiebungen nach wie vor auf niedrigem Niveau bleibt. Niemand möchte sich dazu offen äußern. In Marokko nicht. Und in Deutschland auch nicht. Dort ist es Aufgabe der Bundespolizei, der Innenministerien der Bundesländer und von hunderten Ausländerbehörden, die Abschiebungen vorzubereiten und zu organisieren. Die Frage ist: Wie gut klappt denn die Zusammenarbeit innerhalb dieses komplexen Dreiecks? Falsch geschriebene Namen, komplizierter Datenaustausch - es gibt zahlreiche Fehlerquellen, die die Abschiebe-Verfahren verzögern können. Vielleicht ist ja deshalb die Zahl der Anfragen für Identifizierungen, die aus Deutschland in Marokko eintreffen, beileibe nicht so groß, wie man vermuten sollte.
Viele Einzel-Probleme summieren sich zu einem Ergebnis
Hinzu kommen die Probleme bei der eigentlichen Abschiebung per Flugzeug: Im Falle Marokkos soll das nur per Linienflug mit der staatlichen Fluglinie Royal Air Maroc geschehen. Wie in vielen Staaten sind die Flugkapitäne formell Herren des Verfahrens im Flugzeug. Wenn jemand, der abgeschoben werden soll, Widerstand leistet, kann der Pilot sich weigern, ihn mitzunehmen.
Viele solcher kleinen Einzel-Probleme summieren sich zu einem Ergebnis: Die von deutscher Seite dringend gewünschte Beschleunigung der Abschiebungen lässt noch zu wünschen übrig. Mit Marokko, so ist zu hören, führe man nach wie vor mit "Nachdruck" "vertrauensvolle Gespräche". Mit Algerien wird über eine bessere Nutzung biometrischer Daten gesprochen. Diese Daten sollen dabei helfen, algerische Staatsbürger ohne Ausweispapiere eindeutig identifizieren zu können. Die Probleme auf deutscher Seite - die muss Deutschland allerdings selbst lösen.