Parlamentswahl
Kopf-an-Kopf-Rennen in Portugal - Rechtsaußenpartei als Königsmacherin?

In Portugal gibt es heute eine vorgezogene Parlamentswahl. Dabei dürfte es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den regierenden Sozialisten und dem Mitte-Rechts-Bündnis "Demokratische Allianz" kommen, das laut Umfragen knapp vorn liegt. Drittstärkste Kraft könnte eine Rechtsaußenpartei werden, der die Rolle einer Königsmacherin zukommen könnte.

    Das Foto aus Lissabon zeigt Luis Montenegro, Vorsitzender der Mitte-Rechts-Koalition der Demokratischen Allianz, auf der Wahlkampfabschlusskundgebung.
    Parlamentswahl in Portugal: Luis Montenegro führt das Mitte-Rechts-Bündnis an. (dpa / AP / Armando Franca)
    Insgesamt sind rund 10,8 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Gewählt werden die 230 Abgeordneten der "Assembleia da República". Die Wahllokale schließen um 20 Uhr unserer Zeit, unmittelbar danach werden erste Hochrechnungen erwartet. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa mahnte die Stimmberechtigten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Dies sei gerade in schwierigen Zeiten wichtig. Bei der letzten Wahl 2022 lag die Beteiligung bei 51 Prozent.

    Absolute Mehrheit dürfte für keines der Lager erreichbar sein

    Die entscheidende Frage dürfte sein, ob sich das Mitte-Rechts-Bündnis unter Spitzenkandidat Luis Montenegro tatsächlich durchsetzen kann. Das Problem: Eine absolute Mehrheit dürfte laut den Umfragen wohl keines der Lager erreichen. Daher wird für die kommenden Woche eine schwierige Regierungsbildung erwartet. Der Wahlsieger wird daher aller Voraussicht nach auf Vereinbarungen mit kleineren Parteien angewiesen sein.

    Welche Rolle spielt die Rechtsaußenpartei Chega?

    Eine Rolle wird dabei auch spielen, wie die rechtspopulistische Partei Chega ("Es reicht") abschneidet, die 2019 gegründet wurde. Sie kann den Umfagen zufolge mit einem zweistelligen Ergebnis bis zu 20 Prozent - und damit mit einem deutlichen Zuwachs an Stimmen - rechnen. Damit könnte Chega zur Königsmacherin in Portugal werden.
    Die Partei wird von dem früheren Sportkommentator Ventura geführt. ARD-Hörfunkkorrespondentin Welz berichtet, Chega habe mit lauten und einfachen Botschaften einen bemerkenswerten Aufstieg hingelegt. Chega präsentiere sich als die Aufräumpartei, gegen Eliten und politischen Filz - und neuerdings auch gegen Immigration.
    Spitzenkandidat Montenegro vom Mitte-Rechts-Bündnis hat mehrfach beteuert, dass für ihn eine Unterstützung durch Chega nicht in Frage komme. Sollte Montenegro am Ende die Wahl knapp gewinnen, müsste er dann wohl die Bildung einer Minderheitsregierung ins Auge fassen.

    Korruptionsskandal als Hintergrund der Neuwahl

    Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, weil der sozialistische Regierungschef Costa im November seinen Rücktritt eingereicht hatte. Hintergrund ist ein Korruptionsskandal, der auch Costas Umfeld und ganz konkret seinen Stabschef betrifft. Dabei geht es um Ermittlungen wegen Bestechung im Zusammenhang mit Milliardeninvestitionen. Costa selbst bestritt ein Fehlverhalten, trat aber dennoch zurück. Die "Partido Socialista" wird seitdem von Pedro Nuno Santos geführt.
    Hörfunkkorrespondentin Welz berichtet ganz grundsätzlich von Stress und Unzufriedenheit im Land: Die prägenden Themen seien hohe Mieten und Immobilienpreise - etwa in Lissabon und Porto, vergleichsweise niedrige Löhne und Probleme im Gesundheitswesen. Auch bleibe das Preisniveau trotz sinkender Inflation insgesamt hoch.
    Diese Nachricht wurde am 10.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.