"7, 4, 3, 1" - im Sekundentakt wechseln die Ziffern auf dem Bildschirm. Die Aufgabe der Versuchspersonen: irgendwann zwei aufeinanderfolgende Zahlen entweder zu addieren oder zu subtrahieren. Damit können sie gleich zwei Entscheidungen völlig frei treffen:
"Zum einen: Sie können wählen, wann sie sich entscheiden, und zum anderen können sie sich für Addieren oder Subtrahieren entscheiden."
Welche Nervenzentren dabei feuern, zeichnet Professor John-Dylan Haynes alle zwei Sekunden mit einem Hirnscanner auf. Der Forscher vom Berliner Bernstein Zentrum für Computer-Neurowissenschaften will wissen, ob sich die Entscheidung in der Gehirnaktivität abzeichnet, noch bevor die Versuchspersonen sich überhaupt bewusst auf das Zusammenzählen oder Abziehen festgelegt haben. Die Analyse der gigantischen Datenmengen aus dem Hirnscanner übernehmen Statistikprogramme aus dem Bereich der Mustererkennung. Zunächst wird der Computer angelernt, sucht in der Hälfte der Daten nach Gemeinsamkeiten der Nervenerregung vor einer Addition und vor einer Subtraktion.
"Und hinterher nehmen wir einen frischen Datensatz und untersuchen, ob der Computer das wirklich aus der Hirnaktivität allein vorhersagen kann. Und da sieht man, dass das ungefähr vier Sekunden vorher der Fall ist. Und zwar aus ganz bestimmten Hirnregionen."
Weit vor der bewussten Entscheidung finden sich typische Muster ganz vorne im Stirnhirn und dann auch weiter hinten an der Innenseite der Hirnhälften. Diese Regionen haben nichts mit Mathematik zu tun, sie sind eher für die Organisation und Ausrichtung des Denkens zuständig. In dem Versuch konnten sich die Probanden nicht nur frei für eine Rechenaufgabe entscheiden, sie konnte auch frei den Zeitpunkt wählen. Auch dafür fanden sich schon vor der bewussten Entscheidung erste Anzeichen in der Nervenaktivität, allerdings in einer ganz anderen Region, sagt Haynes:
"Die Zeitentscheidung und die Entscheidung, welche Rechenaufgabe man wählt, sind anscheinend von zwei verschiedenen Netzwerken bewerkstelligt im Gehirn."
Und zwar jeweils schon Sekunden, bevor die Entscheidung bewusst wird. Die Vorhersagekraft der Nervenaktivität ist allerdings beschränkt, die Mustererkennungsprogramme liegen nur bei sechs von zehn Versuchen richtig. Statistisch eindeutig belegbar, aber nur wenig besser, als wenn John-Dylan Haynes einfach geraten hätte. Er ist trotzdem zufrieden mit seinem Ergebnis:
"Ich formuliere es mal so, dass wir zu einem gewissen Grad vorhersagen können. Wir können also die Entscheidung der Probanden nicht perfekt vorhersagen. Als Grundlagenforscher ist das auch nicht unser primäres Interesse. Wir wollen zeigen, dass überhaupt Information vorhanden ist, die die Entscheidung vorhersagt."
Dass keine perfekte Vorhersage der bewussten Entscheidung aus den Hirnsignalen möglich war, könnte zwei Gründe haben. Entweder sind die Messmethoden einfach noch nicht fein genug. Dann können künftige Forscher die Entscheidung tatsächlich schon auslesen, bevor sie dann ins Bewusstsein tritt. Oder aber es handelt sich um ein grundsätzliches Problem und die Hirnaktivität legt die bewusst erlebte Entscheidung eben doch nicht schon vorab endgültig fest. Eine Hintertür für den freien Willen? Nur mit Einschränkungen, meint John-Dylan Haynes:
"Insbesondere, das darf man auch nicht vergessen, zeigt unsere Forschung auch, wie stark unsere Entscheidungen von unbewussten Hintergrundprozessen beeinflusst werden. Das ist das eigentlich Interessante, dass wir das Gefühl haben, ich entscheide mich jetzt, aber dass irgendetwas im Gehirn schon unbewusst passiert ist, davor."
Der genaue Zusammenhang zwischen den unbewussten Hirnprozessen und der Sekunden später bewusst getroffenen Entscheidung ist bislang noch unklar. Trotzdem wird auch dieser Versuch sicher wieder philosophische Diskussionen zur Willensfreiheit anregen. Doch dafür ist es nach Ansicht von John-Dylan Haynes viel zu früh:
"Es gibt eine Handvoll Experimente. Über diese Handvoll Experimente wird sehr viel geschrieben und sehr viel spekuliert, aber was wir jetzt brauchen, ist 20 Jahre Forschung zum Thema Gehirnmechanismen des freien Willens."
"Zum einen: Sie können wählen, wann sie sich entscheiden, und zum anderen können sie sich für Addieren oder Subtrahieren entscheiden."
Welche Nervenzentren dabei feuern, zeichnet Professor John-Dylan Haynes alle zwei Sekunden mit einem Hirnscanner auf. Der Forscher vom Berliner Bernstein Zentrum für Computer-Neurowissenschaften will wissen, ob sich die Entscheidung in der Gehirnaktivität abzeichnet, noch bevor die Versuchspersonen sich überhaupt bewusst auf das Zusammenzählen oder Abziehen festgelegt haben. Die Analyse der gigantischen Datenmengen aus dem Hirnscanner übernehmen Statistikprogramme aus dem Bereich der Mustererkennung. Zunächst wird der Computer angelernt, sucht in der Hälfte der Daten nach Gemeinsamkeiten der Nervenerregung vor einer Addition und vor einer Subtraktion.
"Und hinterher nehmen wir einen frischen Datensatz und untersuchen, ob der Computer das wirklich aus der Hirnaktivität allein vorhersagen kann. Und da sieht man, dass das ungefähr vier Sekunden vorher der Fall ist. Und zwar aus ganz bestimmten Hirnregionen."
Weit vor der bewussten Entscheidung finden sich typische Muster ganz vorne im Stirnhirn und dann auch weiter hinten an der Innenseite der Hirnhälften. Diese Regionen haben nichts mit Mathematik zu tun, sie sind eher für die Organisation und Ausrichtung des Denkens zuständig. In dem Versuch konnten sich die Probanden nicht nur frei für eine Rechenaufgabe entscheiden, sie konnte auch frei den Zeitpunkt wählen. Auch dafür fanden sich schon vor der bewussten Entscheidung erste Anzeichen in der Nervenaktivität, allerdings in einer ganz anderen Region, sagt Haynes:
"Die Zeitentscheidung und die Entscheidung, welche Rechenaufgabe man wählt, sind anscheinend von zwei verschiedenen Netzwerken bewerkstelligt im Gehirn."
Und zwar jeweils schon Sekunden, bevor die Entscheidung bewusst wird. Die Vorhersagekraft der Nervenaktivität ist allerdings beschränkt, die Mustererkennungsprogramme liegen nur bei sechs von zehn Versuchen richtig. Statistisch eindeutig belegbar, aber nur wenig besser, als wenn John-Dylan Haynes einfach geraten hätte. Er ist trotzdem zufrieden mit seinem Ergebnis:
"Ich formuliere es mal so, dass wir zu einem gewissen Grad vorhersagen können. Wir können also die Entscheidung der Probanden nicht perfekt vorhersagen. Als Grundlagenforscher ist das auch nicht unser primäres Interesse. Wir wollen zeigen, dass überhaupt Information vorhanden ist, die die Entscheidung vorhersagt."
Dass keine perfekte Vorhersage der bewussten Entscheidung aus den Hirnsignalen möglich war, könnte zwei Gründe haben. Entweder sind die Messmethoden einfach noch nicht fein genug. Dann können künftige Forscher die Entscheidung tatsächlich schon auslesen, bevor sie dann ins Bewusstsein tritt. Oder aber es handelt sich um ein grundsätzliches Problem und die Hirnaktivität legt die bewusst erlebte Entscheidung eben doch nicht schon vorab endgültig fest. Eine Hintertür für den freien Willen? Nur mit Einschränkungen, meint John-Dylan Haynes:
"Insbesondere, das darf man auch nicht vergessen, zeigt unsere Forschung auch, wie stark unsere Entscheidungen von unbewussten Hintergrundprozessen beeinflusst werden. Das ist das eigentlich Interessante, dass wir das Gefühl haben, ich entscheide mich jetzt, aber dass irgendetwas im Gehirn schon unbewusst passiert ist, davor."
Der genaue Zusammenhang zwischen den unbewussten Hirnprozessen und der Sekunden später bewusst getroffenen Entscheidung ist bislang noch unklar. Trotzdem wird auch dieser Versuch sicher wieder philosophische Diskussionen zur Willensfreiheit anregen. Doch dafür ist es nach Ansicht von John-Dylan Haynes viel zu früh:
"Es gibt eine Handvoll Experimente. Über diese Handvoll Experimente wird sehr viel geschrieben und sehr viel spekuliert, aber was wir jetzt brauchen, ist 20 Jahre Forschung zum Thema Gehirnmechanismen des freien Willens."