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Koppelin: Bundeswehr hat zu viele Eurofighter bestellt

Die Bundeswehr hat wegen der bestellten Eurofighter mit einer Kostenexplosion zu kämpfen. Jürgen Koppelin fordert daher, einen Teil der bestellten Kampfjets dem Ausland anzubieten. Der FDP-Haushaltsexperte gibt jedoch zu bedenken, dass deutsche Rüstungsexportregeln sehr streng seien.

Jürgen Koppelin im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Tobias Armbrüster: Das Bundesverteidigungsministerium steht seit dem Wochenende mal wieder in der Kritik. Wieder geht es, ähnlich wie bei der Drohne Euro Hawk, um einen Milliarden-Fehlbetrag und wieder lautet der Vorwurf, es ist ein Debakel, das ganz offensichtlich verschwiegen werden sollte. Es geht um den Eurofighter, eines der ältesten Rüstungsprojekte der Bundeswehr.

    Die Bundeswehr hat 180 Exemplare dieses Fliegers bestellt, bislang gerade mal 100 Stück erhalten. Aber das Geld für die komplette Bestellung, das ist bereits jetzt ausgegeben: insgesamt knapp 15 Milliarden Euro.

    Am Telefon ist Jürgen Koppelin, er sitzt für die FDP im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Schönen guten Morgen, Herr Koppelin.

    Jürgen Koppelin: Ja guten Morgen.

    Armbrüster: Herr Koppelin, braucht das Verteidigungsministerium Nachhilfelehrer für die Buchhaltung?

    Koppelin: Nein, überhaupt nicht, und das ist auch nichts Sensationelles, was "Spiegel" oder andere jetzt berichten. Das sind ja teilweise Berechnungen, die der "Spiegel" gemacht hat. Das Problem ist, das muss man sagen, dass natürlich Kostensteigerungen eingetreten sind. Manchmal sind das ganz einfache Gründe. Denken Sie nur daran, dass in der Zeit, als Herr Steinbrück Finanzminister war, die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent angehoben wurde, auch das muss bezahlt werden. Und es gibt dann laufend Kampfwertsteigerungen für dieses Flugzeug, die natürlich dann ebenfalls finanziell zu Buche schlagen.

    Das Hauptproblem, das wir haben, ist, dass viel zu viele dieser Flugzeuge bestellt worden sind. Sie müssen bedenken, in der Zeit, als entschieden wurde, dass wir den Eurofighter haben wollten, hat es noch Nachwirkungen des Kalten Krieges gegeben. Wir brauchen nicht mehr so viele Maschinen. Und wenn Sie in Ihrer Anmoderation sagen, 100 sind zurzeit ausgeliefert worden, dann ist es eben so, dass wir eigentlich auch nicht wesentlich mehr brauchen, und man hat sich ja schon bemüht, größere Stückzahlen ins Ausland zu verkaufen.

    Armbrüster: Aber klar ist, Herr Koppelin, da fehlen jetzt einige Milliarden und dafür muss mal wieder der Steuerzahler geradestehen. Warum erfahren wir so etwas aus dem "Spiegel" oder aus anderen Zeitungen? Warum sagt das nicht der Bundesverteidigungsminister selbst?

    Koppelin: Das hat er ja getan. Wir haben ja laufend im Haushaltsausschuss in all den letzten Jahren bestimmt alle halbe Jahre uns mit dem Eurofighter beschäftigt. Und im Übrigen haben fast alle Fraktionen, außer den Linken, die grundsätzlich bei jeder Beschaffungsmaßnahme dagegen sind – das ist ihr gutes Recht -, aber haben alle Fraktionen immer wieder zugestimmt. Jeder weiß, Kampfwertsteigerung, wenn das vorgelegt wird, oder Kostensteigerungen, die kommen in der Zeit dann vor.

    Sie müssen ja bedenken, die Grundsatzentscheidungen sind schon fast 20 Jahre her, die wir damals im Parlament getroffen haben, und natürlich wird es dann teurer und das, was mal vorgesehen war, sind dann nicht mehr die realistischen Zahlen. Wir haben im Haushaltsausschuss laufend Zahlen bekommen und Vorlagen bekommen, das ist kein Geheimnis.

    Armbrüster: Und woher kommen jetzt die fehlenden Milliarden?

    Koppelin: Das ist erst mal die Frage, ob wir überhaupt mehr Flugzeuge brauchen. Man hat versucht, zum Beispiel über 50 Flugzeuge nach Indien zu verkaufen. Das ist dann am Ende gescheitert. Im Augenblick haben wir ein Problem, wie ich es jedenfalls sehe, dass Spanien seinen Anteil nicht erbringen kann. Es ist ja ein Projekt von vier NATO-Partnern und Spanien hat erhebliche Probleme. Das trifft auch auf den A400M zu.

    Was entscheidend ist – und ich finde, da müsste das Verteidigungsministerium viel stärker auftreten -, das sind die ständigen Verzögerungen der Auslieferung bei EADS. Das haben wir beim A400M, wo wir jetzt Jahre zurückliegen, das haben wir auch beim Eurofighter gesehen, wo wir Jahre zurückliegen. Mein Verdacht ist immer gewesen, dass die Fachkräfte, die beim Eurofighter tätig sind bei EADS, die beim Transportflugzeug tätig sind, dass die erst mal abgezogen worden sind, um im zivilen Bereich, wo es ja Probleme gegeben hat bei Airbus, die Mängel zu beheben, und dass wir das mit bezahlen.

    Armbrüster: Herr Koppelin, sollte die Bundesregierung jetzt einen Teil dieser Bestellung stornieren?

    Koppelin: Stornieren ist sehr schwierig, weil die mal bestellt sind. Die einzige Möglichkeit, die es gibt, ist, Flugzeuge ins Ausland zu verkaufen. Die Österreicher haben – das hat auch Schlagzeilen gemacht – zum Beispiel welche abgenommen. Es sind auch andere Länder an diesem Flugzeug interessiert. Wir haben ein Problem als Deutsche, dass unsere Rüstungsexportbedingungen wesentlich strenger sind als die von Großbritannien zum Beispiel, einem der Partner.

    Darüber muss dann gesprochen werden, auch mit den anderen Ländern, Spanien, Italien, die dabei sind bei diesem Projekt, an wen wollen wir verkaufen. Wir brauchen keine über 190 Eurofighter, das ist ganz, ganz eindeutig. Und das bedeutet, wenn ich das sagen darf, wenn wir weniger haben und wenn wir es jetzt nur bei den 100 oder 120 belassen, brauchen wir ja auch die Infrastruktur nicht und wir brauchen die Ausbildung dann nicht von Piloten.

    Armbrüster: Ist diese überzogene Bestellung dann ein weiteres Zeichen dafür, dass die Verquickung zwischen Bundesverteidigungsministerium und der Rüstungsindustrie, also EADS in diesem Fall, dass die ganz einfach zu groß ist?

    Koppelin: Nein! Das ist sie nicht. Der Grund dafür ist gewesen, das haben auch andere Verteidigungsminister gemacht, das fing mit Volker Rühe als Verteidigungsminister an, da sind ja diese Bestellungen beschlossen worden vom Parlament, das ging dann über Scharping weiter, das haben Sie beim Eurofighter, das haben Sie beim A400M …

    Armbrüster: …und in all diesen Jahren ist natürlich dieses Beziehungsgeflecht immer enger gewachsen!

    Koppelin: Es geht hier um was anderes. Deutschland selber, also die Bundesregierung, haben Wert darauf gelegt, diese Zahlen zu bestellen, um den Arbeitsanteil in Deutschland von 30 Prozent an diesem Flugzeug in Deutschland zu haben, und ich denke, das ist ein Fehler. Der Verteidigungsminister ist nicht für Arbeitsmarktpolitik zuständig oder für Infrastrukturen zuständig, sondern er hat allein – und das wollen wir zukünftig als unsere Aufgabe ansehen -, er hat allein aus verteidigungspolitischen Gründen zu bestellen.

    Armbrüster: Jürgen Koppelin war das, Haushaltsexperte der FDP, live hier heute Morgen bei uns in den Informationen am Morgen. Besten Dank, Herr Koppelin, für das Gespräch.

    Koppelin: Bitte schön.


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