Dirk Müller: Debakel, Katastrophe, Desaster – ganz gleich, mit welchen Begrifflichkeiten an diesem Morgen operiert wird, die FDP ist nicht mehr da, als Partei, als Fraktion im Deutschen Bundestag. Das gab es noch nie. Die Liberalen werden nicht mehr gebraucht, sie werden nicht mehr gewünscht, sagen die Wähler.
Wir waren an dieser Stelle hier im Deutschlandfunk verabredet mit Christian Lindner. Er hat uns am späten Abend dann abgesagt. Zugesagt hat uns kurz vor Mitternacht der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin. Guten Morgen!
Jürgen Koppelin: Guten Morgen!
Müller: Herr Koppelin, sind Sie etwas zur Ruhe gekommen heute Nacht?
Koppelin: Ja schon. Ich habe ja zu denen gehört, die gesagt haben, ich kandidiere nicht wieder. Insofern ist es mir etwas "leichter" gefallen. Aber es ist schon ein schwerer Schlag. Das ist ein politischer Tsunami, was wir erlebt haben als Liberale.
Müller: Sie haben als Liberaler schon über Jahrzehnte ganz, ganz, ganz viel erlebt. Was ist da passiert?
Koppelin: Ich denke, dass mit Beginn dieser Koalition aus CDU und FDP die FDP den großen Fehler gemacht hat zu denken, das sei eine Liebesheirat auch vonseiten der Union, und das war nicht der Fall. Das hohe Wahlergebnis von vor vier Jahren hat natürlich die Union geärgert und sie hat der FDP keinen Raum gegeben. Das hat man der Union nicht vorzuwerfen, die haben ja ihre Interessen zu vertreten. Das Entscheidende ist, dass die damalige Führung der FDP – ich meine vor allem die Fraktionsführung – das nicht erkannt hat, und Sie haben ja gerade meine Kollegin Homburger vorhin eingespielt. Die ersten zwei Jahre unter ihrem Vorsitz in der Bundestagsfraktion sind sehr, sehr viele Fehler geschehen und die waren einfach nicht mehr zu korrigieren, auch durch einen hervorragenden Mann wie Rainer Brüderle nicht.
Müller: Aber in der Regel vergessen die Wähler ja viele Situationen, Entwicklungen, die lange zurückliegen. Wir denken auch an die Ergebnisse der Liberalen in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen, wo man fulminant zurückgekommen ist, trotz eines "Parteichefs" Rösler, der jetzt sehr, sehr umstritten ist, mit großer Wahrscheinlichkeit ja zurücktritt, wenn er das nicht schon getan hat. Sie sagen, wir haben da viele Fehler gemacht, die ersten zwei Jahre verschlafen. Haben Sie das währenddessen schon gespürt und artikuliert?
Koppelin: Ja natürlich, und ich war ja Stellvertreter von Frau Homburger. Ich habe das vorgetragen. Die schleswig-holsteinische FDP, deren Landesvorsitzender ich lange gewesen bin, hat immer gesagt, bestimmte Dinge, das geht so nicht. Aber es waren eben große Landesverbände wie Baden-Württemberg, die das alles besser wussten. Es hat nur keinen Zweck, jetzt da Steine hinterherzuwerfen.
Ich glaube, der Fehler der FDP ist gewesen, den Menschen nicht deutlich zu machen, warum man FDP wählen muss. Jeder der zur Wahl geht, hat ja doch das Gefühl, ich wähle etwas, ich mache mein Kreuz bei einer Partei, weil ich selber davon etwas habe, und dieses Gefühl konnten die Menschen, so war mein Eindruck, diesmal bei der FDP nicht haben. Warum soll man FDP wählen, wenn ich nicht weiß wofür, außer dass Frau Merkel Kanzler bleibt, und das hat sie selber nun geschafft, dazu brauchte man nicht die FDP.
Müller: Wir haben viele Interviews miteinander geführt, Jürgen Koppelin. Häufig ist das ja fast hämisch von vielen Journalisten in die Debatte gebracht worden: die FDP eine reine Steuersenkungspartei. Irgendwann hat man auf diese Steuersenkung, auf das Thema Steuern verzichtet. War das auch ein Fehler?
Koppelin: Das weiß ich nicht. Da kommen viele Dinge zusammen. Und der Blick zurück, der hilft ja auch nicht weiter. Da sind auch andere Fehler gemacht worden, innerparteilich, ich sage mal mit dem Stichwort -das mögen einige nicht hören - Jugend forscht. Es waren Jüngere da, die meinten, Westerwelle muss weg; ich habe zu denen gehört, der gesagt hat, Westerwelle muss im Amt bleiben, und das wäre auch richtig gewesen.
Aber das alles hat keinen Zweck, der Blick nach vorn, und das heißt für mich ab heute auch: was sage ich jetzt meinen Mitgliedern, was sage ich vor allem den vielen jungen Liberalen, die am Infostand gestanden haben, und darauf müssen Antworten gefunden werden. Ich weiß, dass Christian Lindner, Wolfgang Kubicki schwere Stunden jetzt durchmachen und überlegen, wie geht es weiter mit unserer liberalen Partei, wie kann ich Liberalismus deutlich machen, wie kann ich Menschen sagen, warum eine liberale Partei notwendig ist, und dazu wird es großer Anstrengungen bedürfen und ich hoffe, dass die beiden Personen, Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, die Kraft haben, das durchzustehen.
Müller: Ich würde das gerne noch mal notieren, Herr Koppelin. Sie haben gesagt, da waren viele jüngere, Jugend forscht, die darauf gedrängt haben, dass Guido Westerwelle zurücktreten muss von der Spitze der Partei. Kennen wir diese jungen auch, kennen Sie die Namen?
Koppelin: Ja natürlich, Sie haben einen gerade im Interview gehabt.
Müller: Gerade jetzt im Interview gehabt?
Koppelin: Zumindest seinen O-Ton haben Sie gebracht.
Müller: Daniel Bahr, Christian Lindner, gehören die auch dazu?
Koppelin: Ich will jetzt keine Namen nennen. Die haben auch sicher was Gutes gemeint und haben gedacht, in schwierigen Situationen ist es besser, wenn es personelle Veränderungen gibt. Aber ich glaube, Kontinuität wäre angesagt gewesen. Die Fehler lagen von Anfang an, zu Beginn dieser Koalition vor vier Jahren. Da sind die entscheidenden Fehler gemacht worden, und das war dann einfach durch Rainer Brüderle und durch andere nicht mehr zu korrigieren nach zwei Jahren. Und da tragen bestimmte Personen in unserer Partei die Verantwortung.
Müller: Rainer Brüderle – Sie haben das gerade angesprochen, Jürgen Koppelin – war ja plötzlich die Offenbarung für die FDP, der Spitzenkandidat. Jetzt hat man gedacht, bei einem schwächelnden Parteichef Philipp Rösler macht Rainer Brüderle wieder alles gut. Der ist offenbar auch nicht ankommen. Warum?
Koppelin: Na ja, nun wollen wir auch da fair sein. Er ist schon angekommen, aber es gab die Medienkampagne gegen Rainer Brüderle, da ging es um eine Journalistin, und dann natürlich sein schwerer Sturz, und wer ihn erlebt hat, hat auch gesehen, wie er gekämpft hat. Aber dass das alles noch nicht auskuriert war, gesundheitlich, das war eine schwierige Situation.
Müller: Haben Sie damals Philipp Rösler gewählt?
Koppelin: Natürlich habe ich Philipp Rösler gewählt. Ich halte ihn für einen hochanständigen Mann, einen unglaublich guten Politiker. Aber auch das muss man mal sagen: Wenn ich in den letzten Wochen gesehen habe, die FDP hat Wahlkampf geführt, aber wie sie teilweise in den Medien dargestellt wurde. Ich nenne ein Beispiel.
"Die Zeit" hat ich weiß nicht wie viele Prominente und Menschen genannt, was würden sie wohl wählen. Es war nicht einer dabei, der gesagt hat FDP. Dabei hätte ich Ihnen zig Leute, auch prominente nennen können, die FDP wählen. Und es gab viele, viele andere Dinge in den Medien. Die FDP hat einen schweren Stand gehabt, aber sie hat es dann teilweise auch den Journalisten geliefert, dass man mit Häme teilweise die FDP behandelt hat. Ich kann auch nur sagen, wir haben von Schleswig-Holstein aus mit Wolfgang Kubicki damals einen großen Wahlerfolg eingebracht. Dann kam Christian Lindner in Nordrhein-Westfalen, dann kam Niedersachsen. Also die FDP kann Wahlen gewinnen, aber sie muss das richtige Personal präsentieren und sie muss Inhalte präsentieren. Das ist das Entscheidende.
Müller: Das sind die beiden Namen, die Sie jetzt mehrfach schon erwähnt haben. Lindner, Kubicki, das ist das Tandem der Zukunft?
Koppelin: Wenn die beiden wollen, auf jeden Fall, und dann muss man sehen, da gibt es auch Talente in anderen Landesverbänden, das will ich gar nicht leugnen. Aber das Entscheidende ist – und das ist ebenfalls ein Fehler gewesen dann in den vier Jahren -, dass manche Personen auch in der Bundestagsfraktion sich selber mehr wichtiger genommen haben als die Inhalte.
Müller: Christian Lindner – da haben ja viele das Gefühl, die FDP wird dann wieder sozialer, das heißt sozialliberal. Bei Wolfgang Kubicki ist man sich da nicht sicher. In welche Richtung geht die FDP da eigentlich?
Koppelin: Nein, da liegen Sie völlig falsch.
Müller: Sagen Sie es uns!
Koppelin: Sozialliberal heißt ja nicht unbedingt, ich sage mal, ich muss mit der CDU das machen oder mit der SPD das machen, sondern erst mal die eigenen Standpunkte erarbeiten. Ich nenne das als Beispiel und das haben wir in Schleswig-Holstein auch so gemacht:
Wir haben gesagt, wir müssen über das Thema Mindestlohn sprechen, nicht flächendeckend, aber über Mindestlohn sprechen, wir müssen über Werksverträge sprechen, wir müssen darüber sprechen, was hat der Arbeitnehmer. Da war zum Beispiel die FDP-Spitze schon vor mehreren Jahren nicht bereit – und da meine ich in der Fraktion vor allem, damals unter der Führung von Frau Homburger -, auf diese Themen einzugehen. Die waren aber wichtig und wir haben in Schleswig-Holstein immer einen anderen Standpunkt vertreten.
Wir haben gesagt, natürlich muss ich über Mindestlohn sprechen, das geht auch gar nicht anders. Es können doch nicht Menschen unter fünf Euro zur Arbeit gehen, das geht einfach nicht. Und da hat es bei der FDP gemangelt.
Müller: Offene Worte hier im Deutschlandfunk heute Morgen vom FDP-Bundestagsabgeordneten Jürgen Koppelin. Sie haben nicht mehr kandidiert. Danke für Ihr Gespräch!
Koppelin: Bitte schön, gerne.
Müller: Ihnen alles Gute!
Koppelin: Danke, Ihnen auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Wir waren an dieser Stelle hier im Deutschlandfunk verabredet mit Christian Lindner. Er hat uns am späten Abend dann abgesagt. Zugesagt hat uns kurz vor Mitternacht der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin. Guten Morgen!
Jürgen Koppelin: Guten Morgen!
Müller: Herr Koppelin, sind Sie etwas zur Ruhe gekommen heute Nacht?
Koppelin: Ja schon. Ich habe ja zu denen gehört, die gesagt haben, ich kandidiere nicht wieder. Insofern ist es mir etwas "leichter" gefallen. Aber es ist schon ein schwerer Schlag. Das ist ein politischer Tsunami, was wir erlebt haben als Liberale.
Müller: Sie haben als Liberaler schon über Jahrzehnte ganz, ganz, ganz viel erlebt. Was ist da passiert?
Koppelin: Ich denke, dass mit Beginn dieser Koalition aus CDU und FDP die FDP den großen Fehler gemacht hat zu denken, das sei eine Liebesheirat auch vonseiten der Union, und das war nicht der Fall. Das hohe Wahlergebnis von vor vier Jahren hat natürlich die Union geärgert und sie hat der FDP keinen Raum gegeben. Das hat man der Union nicht vorzuwerfen, die haben ja ihre Interessen zu vertreten. Das Entscheidende ist, dass die damalige Führung der FDP – ich meine vor allem die Fraktionsführung – das nicht erkannt hat, und Sie haben ja gerade meine Kollegin Homburger vorhin eingespielt. Die ersten zwei Jahre unter ihrem Vorsitz in der Bundestagsfraktion sind sehr, sehr viele Fehler geschehen und die waren einfach nicht mehr zu korrigieren, auch durch einen hervorragenden Mann wie Rainer Brüderle nicht.
Müller: Aber in der Regel vergessen die Wähler ja viele Situationen, Entwicklungen, die lange zurückliegen. Wir denken auch an die Ergebnisse der Liberalen in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen, wo man fulminant zurückgekommen ist, trotz eines "Parteichefs" Rösler, der jetzt sehr, sehr umstritten ist, mit großer Wahrscheinlichkeit ja zurücktritt, wenn er das nicht schon getan hat. Sie sagen, wir haben da viele Fehler gemacht, die ersten zwei Jahre verschlafen. Haben Sie das währenddessen schon gespürt und artikuliert?
Koppelin: Ja natürlich, und ich war ja Stellvertreter von Frau Homburger. Ich habe das vorgetragen. Die schleswig-holsteinische FDP, deren Landesvorsitzender ich lange gewesen bin, hat immer gesagt, bestimmte Dinge, das geht so nicht. Aber es waren eben große Landesverbände wie Baden-Württemberg, die das alles besser wussten. Es hat nur keinen Zweck, jetzt da Steine hinterherzuwerfen.
Ich glaube, der Fehler der FDP ist gewesen, den Menschen nicht deutlich zu machen, warum man FDP wählen muss. Jeder der zur Wahl geht, hat ja doch das Gefühl, ich wähle etwas, ich mache mein Kreuz bei einer Partei, weil ich selber davon etwas habe, und dieses Gefühl konnten die Menschen, so war mein Eindruck, diesmal bei der FDP nicht haben. Warum soll man FDP wählen, wenn ich nicht weiß wofür, außer dass Frau Merkel Kanzler bleibt, und das hat sie selber nun geschafft, dazu brauchte man nicht die FDP.
Müller: Wir haben viele Interviews miteinander geführt, Jürgen Koppelin. Häufig ist das ja fast hämisch von vielen Journalisten in die Debatte gebracht worden: die FDP eine reine Steuersenkungspartei. Irgendwann hat man auf diese Steuersenkung, auf das Thema Steuern verzichtet. War das auch ein Fehler?
Koppelin: Das weiß ich nicht. Da kommen viele Dinge zusammen. Und der Blick zurück, der hilft ja auch nicht weiter. Da sind auch andere Fehler gemacht worden, innerparteilich, ich sage mal mit dem Stichwort -das mögen einige nicht hören - Jugend forscht. Es waren Jüngere da, die meinten, Westerwelle muss weg; ich habe zu denen gehört, der gesagt hat, Westerwelle muss im Amt bleiben, und das wäre auch richtig gewesen.
Aber das alles hat keinen Zweck, der Blick nach vorn, und das heißt für mich ab heute auch: was sage ich jetzt meinen Mitgliedern, was sage ich vor allem den vielen jungen Liberalen, die am Infostand gestanden haben, und darauf müssen Antworten gefunden werden. Ich weiß, dass Christian Lindner, Wolfgang Kubicki schwere Stunden jetzt durchmachen und überlegen, wie geht es weiter mit unserer liberalen Partei, wie kann ich Liberalismus deutlich machen, wie kann ich Menschen sagen, warum eine liberale Partei notwendig ist, und dazu wird es großer Anstrengungen bedürfen und ich hoffe, dass die beiden Personen, Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, die Kraft haben, das durchzustehen.
Müller: Ich würde das gerne noch mal notieren, Herr Koppelin. Sie haben gesagt, da waren viele jüngere, Jugend forscht, die darauf gedrängt haben, dass Guido Westerwelle zurücktreten muss von der Spitze der Partei. Kennen wir diese jungen auch, kennen Sie die Namen?
Koppelin: Ja natürlich, Sie haben einen gerade im Interview gehabt.
Müller: Gerade jetzt im Interview gehabt?
Koppelin: Zumindest seinen O-Ton haben Sie gebracht.
Müller: Daniel Bahr, Christian Lindner, gehören die auch dazu?
Koppelin: Ich will jetzt keine Namen nennen. Die haben auch sicher was Gutes gemeint und haben gedacht, in schwierigen Situationen ist es besser, wenn es personelle Veränderungen gibt. Aber ich glaube, Kontinuität wäre angesagt gewesen. Die Fehler lagen von Anfang an, zu Beginn dieser Koalition vor vier Jahren. Da sind die entscheidenden Fehler gemacht worden, und das war dann einfach durch Rainer Brüderle und durch andere nicht mehr zu korrigieren nach zwei Jahren. Und da tragen bestimmte Personen in unserer Partei die Verantwortung.
Müller: Rainer Brüderle – Sie haben das gerade angesprochen, Jürgen Koppelin – war ja plötzlich die Offenbarung für die FDP, der Spitzenkandidat. Jetzt hat man gedacht, bei einem schwächelnden Parteichef Philipp Rösler macht Rainer Brüderle wieder alles gut. Der ist offenbar auch nicht ankommen. Warum?
Koppelin: Na ja, nun wollen wir auch da fair sein. Er ist schon angekommen, aber es gab die Medienkampagne gegen Rainer Brüderle, da ging es um eine Journalistin, und dann natürlich sein schwerer Sturz, und wer ihn erlebt hat, hat auch gesehen, wie er gekämpft hat. Aber dass das alles noch nicht auskuriert war, gesundheitlich, das war eine schwierige Situation.
Müller: Haben Sie damals Philipp Rösler gewählt?
Koppelin: Natürlich habe ich Philipp Rösler gewählt. Ich halte ihn für einen hochanständigen Mann, einen unglaublich guten Politiker. Aber auch das muss man mal sagen: Wenn ich in den letzten Wochen gesehen habe, die FDP hat Wahlkampf geführt, aber wie sie teilweise in den Medien dargestellt wurde. Ich nenne ein Beispiel.
"Die Zeit" hat ich weiß nicht wie viele Prominente und Menschen genannt, was würden sie wohl wählen. Es war nicht einer dabei, der gesagt hat FDP. Dabei hätte ich Ihnen zig Leute, auch prominente nennen können, die FDP wählen. Und es gab viele, viele andere Dinge in den Medien. Die FDP hat einen schweren Stand gehabt, aber sie hat es dann teilweise auch den Journalisten geliefert, dass man mit Häme teilweise die FDP behandelt hat. Ich kann auch nur sagen, wir haben von Schleswig-Holstein aus mit Wolfgang Kubicki damals einen großen Wahlerfolg eingebracht. Dann kam Christian Lindner in Nordrhein-Westfalen, dann kam Niedersachsen. Also die FDP kann Wahlen gewinnen, aber sie muss das richtige Personal präsentieren und sie muss Inhalte präsentieren. Das ist das Entscheidende.
Müller: Das sind die beiden Namen, die Sie jetzt mehrfach schon erwähnt haben. Lindner, Kubicki, das ist das Tandem der Zukunft?
Koppelin: Wenn die beiden wollen, auf jeden Fall, und dann muss man sehen, da gibt es auch Talente in anderen Landesverbänden, das will ich gar nicht leugnen. Aber das Entscheidende ist – und das ist ebenfalls ein Fehler gewesen dann in den vier Jahren -, dass manche Personen auch in der Bundestagsfraktion sich selber mehr wichtiger genommen haben als die Inhalte.
Müller: Christian Lindner – da haben ja viele das Gefühl, die FDP wird dann wieder sozialer, das heißt sozialliberal. Bei Wolfgang Kubicki ist man sich da nicht sicher. In welche Richtung geht die FDP da eigentlich?
Koppelin: Nein, da liegen Sie völlig falsch.
Müller: Sagen Sie es uns!
Koppelin: Sozialliberal heißt ja nicht unbedingt, ich sage mal, ich muss mit der CDU das machen oder mit der SPD das machen, sondern erst mal die eigenen Standpunkte erarbeiten. Ich nenne das als Beispiel und das haben wir in Schleswig-Holstein auch so gemacht:
Wir haben gesagt, wir müssen über das Thema Mindestlohn sprechen, nicht flächendeckend, aber über Mindestlohn sprechen, wir müssen über Werksverträge sprechen, wir müssen darüber sprechen, was hat der Arbeitnehmer. Da war zum Beispiel die FDP-Spitze schon vor mehreren Jahren nicht bereit – und da meine ich in der Fraktion vor allem, damals unter der Führung von Frau Homburger -, auf diese Themen einzugehen. Die waren aber wichtig und wir haben in Schleswig-Holstein immer einen anderen Standpunkt vertreten.
Wir haben gesagt, natürlich muss ich über Mindestlohn sprechen, das geht auch gar nicht anders. Es können doch nicht Menschen unter fünf Euro zur Arbeit gehen, das geht einfach nicht. Und da hat es bei der FDP gemangelt.
Müller: Offene Worte hier im Deutschlandfunk heute Morgen vom FDP-Bundestagsabgeordneten Jürgen Koppelin. Sie haben nicht mehr kandidiert. Danke für Ihr Gespräch!
Koppelin: Bitte schön, gerne.
Müller: Ihnen alles Gute!
Koppelin: Danke, Ihnen auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.