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Korruption als Herrschaftsinstrument

Vor 70 Jahren bestieg der erst 16 Jahre alte Faruk den ägyptischen Königsthron. Um seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren, ändert der König die Gesetze nach Gutdünken und wirtschaftet in die eigene Tasche. Nachdem sich im Juli 1952 Oberst Gamal Abdel Nasser an die Macht geputscht hatte, ging Faruk ins Exil. Bis zu seinem Tod 1965 macht er durch sein exzessives Leben weiter Schlagzeilen.

Von Tobias Mayer |
    Im Oktober 1935 wird der 15-jährige Faruk von seinem Vater, König Fuad von Ägypten, zur Ausbildung nach London an die altehrwürdige Königliche Militärakademie von Woolwich geschickt. Es ist eine große Umstellung für den jungen Prinzen. Im heimischen Palast in Kairo war er der Mittelpunkt, hier im kalten England ist er Offiziersanwärter, einer unter vielen. Wenige Monate später, am 28. April 1936, erfährt Faruk vom Tod seines Vaters. Nach Kairo zurückgekehrt steht er im Alter von 16 Jahren mit einem Mal an der Spitze der ägyptischen Monarchie. Dazu schreibt sein Biograf Michael Stern:

    "Das Wort, das ihn am besten beschrieben hätte, ist: unreif. Er war impulsiv, großzügig zu denen, die er mochte, knauserig mit denen, die ihm missliebig waren, und argwöhnisch gegen fast alle Menschen, mit denen er in Berührung kam. Sein Vater und seine Lehrer hatten ihn gelehrt, dass Täuschung und Betrug allgemein übliche Waffen seien, die man (…) ablehnte, wenn andere sich ihrer bedienten, und selbst benützte, wenn der Anlass es erforderte."

    Das Volk liebt den jungen König allerdings. Er repräsentiert den Glanz einer stolzen Nation, die in bitterer Armut lebt. Faruk kündigt Reformen an und bekundet sein Mitleid mit den Fellachen. Doch er tut nichts für die Bauern, sondern denkt vor allem an sich, seine Familie und die Günstlinge am Hof.

    Faruk liebt die Frauen, das Spiel und die Musik von Farid al-Atrache, bei der in den Nachtclubs von Kairo die Bauchtänzerinnen ihr Können zeigen. Um seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren, ändert der König die Gesetze nach Gutdünken und wirtschaftet in die eigene Tasche. Michael Stern:

    "Wenn die inländische Tabakernte reich ausgefallen war, verdoppelte er die Tabakzölle und bediente sich der gefügigen Bürokratie, um fremden Tabak fernzuhalten. Dadurch stiegen die Preise - und seine Einnahmen - in Schwindel erregende Höhen. Wollte er dagegen kaufen, senkte er die Zölle, verkaufte dann zu seinem eigenen Preis und machte anschließend wieder eine Kehrtwendung."

    Formell ist Ägypten in den 30er Jahren eine Demokratie, aber König Faruk entlässt Regierungen und löst Parlamente auf, gerade wie es ihm opportun erscheint. Korruption ist sein wichtigstes Herrschaftsinstrument. Im Zweiten Weltkrieg wird Ägypten faktisch wieder zum britischen Protektorat. Gegen diese Entwicklung ist der König machtlos. Faruk selbst sieht 1950 in einem Interview das Ende der Monarchie kommen:

    "Die ganze Welt befindet sich im Aufstand. In ein paar Jahren wird es nur noch fünf Könige auf der Welt geben - den König von England und die vier Könige im Kartenspiel."

    Arbeitslosigkeit und Massenarmut führen Ägypten nach dem Zweiten Weltkrieg in die Krise. Ein Zeitgenosse erinnert sich:

    "In Ägypten waren damals noch 80.000 englische Soldaten stationiert. Viele Ägypter kämpften für die Unabhängigkeit und den Abzug der ausländischen Truppen. Die Menschen sehnten sich nach Freiheit, nach einem funktionierenden parlamentarischen Leben und nach sauberen Wahlen. Die Monarchie war unfähig, das Land zu regieren. Sie war korrupt und kämpfte nicht entschlossen genug gegen die englische Kolonialmacht."

    Im Juli 1952 putscht sich Oberst Gamal Abdel Nasser an die Macht. König Faruk muss abdanken und geht ins Exil nach Rom. In den Clubs der italienischen Hauptstadt wird er zum Lieblingsobjekt der ersten Generation von Paparazzi. Er ist Stammgast in den Spielkasinos von San Remo und Monte Carlo und berüchtigt für seine Eskapaden. Kurt Wachtveitl, heute Chef des "Oriental Hotel" in Bangkok, ist Faruk damals im schweizerischen Vevey begegnet:

    "König Faruk war Gast in unserem Hotel. Sechs Monate lang ging er jeden Abend ins Casino auf der anderen Seite des Genfer Sees. Gegen fünf Uhr früh kam er mit drei, vier, fünf Damen zurück und bestellte zehn Hähnchen - und aß sie alle auf. Ja, und nach sechs Monaten ist er dann explodiert. Es hat ihn förmlich zerrissen."

    Im März 1965 stirbt Faruk im Alter von nur 45 Jahren. Sein Leichnam wird nach Ägypten überführt, wo sich kaum jemand mehr für den ehemaligen Herrscher des Landes interessiert.

    Michael Stern: "In aller Frühe, als es in Kairo noch dunkel war und die Stadt schlief, fuhr ein Lieferwagen mit den irdischen Resten Faruks, verstorbenen Königs von Ägypten und Souveräns des Sudan, durch die leeren Straßen zur Grabmoschee. Dort wurde Faruk neben seinem Vater beigesetzt. Seine Odyssee war beendet."