Markus Dichmann: Wir werfen jetzt einen Blick in die Checkliste zur Korruptionsprävention an öffentlichen Hochschulen. Da steht zum Beispiel: "Drittmittelgeber besitzen in akademischen Gremien, zum Beispiel Berufungskommission oder im Hochschulrat, keine Mehrheit beziehungsweise kein Vetorecht", und dann kann ich darunter ankreuzen, "erfüllt", "mit Einschränkungen erfüllt" oder eben auch "nicht erfüllt". Noch ein Beispiel: "Alle vereinnahmten Drittmittel werden unter Angabe des Drittmittelgebers, der Art und des Wertes der Zuwendung, sowie des Verwendungszwecks auf der Internetseite der Hochschule veröffentlicht", und dann wieder ankreuzen, ob das erfüllt ist oder nicht. So funktioniert eine Art Anti-Korruptionscheckliste, die jetzt von Transparency International vorgelegt wurde. Mitentwickelt wurde sie von Arne Semsrott und ich habe ihn gefragt, warum es eigentlich eine solche Checkliste braucht. Wird an den Hochschulen zu viel gemauschelt?
Arne Semsrott: Das würde ich so nicht sagen, aber wir haben eine Checkliste für Korruptionsprävention an öffentlichen Hochschulen entwickelt, weil wir für dieses Thema sensibilisieren wollen. Also wir sehen, dass es immer mehr Interesse daran gibt, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, was sind Interessenkonflikte, was sind so für Risiken für Korruption an Hochschulen, und da haben wir jetzt eine Checkliste entwickelt, die es Hochschulen einfacher machen sollen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und zu sehen, welche verschiedenen Bereiche es gibt, die da zum Beispiel einem Risiko von Korruption unterfallen können.
Dichmann: Welche Bereiche sind das denn, die so im Kontext von Universitäten, von Fachhochschulen anfällig sind für Korruption?
Semsrott: Das sind wirklich sehr breit gestreute Bereiche - das können zum einen die Bereiche der Vergabe sein, dann geht es natürlich viel um Drittmittel, also um Gelder, die eingeworben werden von anderen staatlichen Partnern oder auch von Unternehmen, da geht es sicher auch um den Bereich der Doktorarbeiten. Das sind alles so Bereiche, in denen es zu Korruptionsfällen kommen kann, wo es zu Interessenkonflikten kommen kann. Nebenverdienste von Professoren gehören auch dazu, und all diese Bereiche haben wir in unserer Checkliste abgedeckt.
Hochschulen sollen sich mehr mit dem Thema beschäftigen
Dichmann: Freiwillige Selbstkontrolle - lassen Sie uns zu dem Gedanken noch mal zurückkommen. Für den Fall, dass einer wirklich Dreck am Stecken hat, der wird ja nun jetzt nicht Ihre Checkliste durchgehen, ausfüllen und dann sagen, ja, hier, ich war es, ich bin das korrupte Element!
Semsrott: Das stimmt sicherlich. Das ist aber auch gar nicht das Ziel dieser Checkliste, jetzt jeden einzelnen Fall zu verhindern, das ist sicher so nicht möglich. Es geht uns mehr darum, die Kultur in den Hochschulen zu stärken, die überhaupt eine Struktur ermöglichen soll, in der solche Korruptionsfälle nicht mehr so einfach vorkommen sollen. Das heißt, es geht uns hier eher um einen institutionellen Wandel, es geht uns darum, dass die Hochschulen sich insgesamt mehr mit dem Thema beschäftigen, und das wird dann auch dazu führen, dass es insgesamt weniger Mauschelei gibt.
Dichmann: Gibt es schon irgendwelche Rückmeldungen von Hochschulen, die die Checkliste anwenden wollen?
Semsrott: Wir haben diese Checkliste zum Beispiel auf einer Tagung von Korruptionspräventionsbeauftragten vorgestellt, wir werden die Checkliste auch noch bei einer Tagung von internen Revisoren vorstellen, und die ersten Rückmeldungen waren sehr positiv. Wir hoffen, dass diese Checkliste noch weitere Verbreitung finden wird.
Dichmann: Arne Semsrott von Transparency International, vielen Dank für das Gespräch!
Semsrott: Danke schön!
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