Vier Jahre lang haben Hans-Joachim Eckert als Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer und Cornel Borbély als Chefermittler die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes geleitet. Beide wurden nicht zur Wiederwahl vorgeschlagen - was allgemein als Rauswurf durch FIFA-Präsident Gianni Infantino bewertet wurde.
Gegen den hatten sie auch ermittelt. Jetzt wollen sie das Know-how aus dieser Arbeit auch anderen Sportverbänden anbieten. Eckert sieht beispielsweise in der Tatsache, dass die Bürger die Ausrichtung sportlicher Großereignisse in ihrer Heimat ablehnen, ein Indiz für mangelndes Vertrauen in die Verbände. Das hänge mit verschiedenen Aspekten zusammen.
"Im Fußball wahrscheinlich mit der Korruption, im Biathlon oder im Bereich der Leichtathletik mit Vorwürfen im Bereich des Dopings. Wir haben eigentlich fast keinen Sport, der nicht in irgendeiner Weise belastet ist", meint Kommunikationsexperte Marc Tenbücken.
Auch wenn schon diverse Anwaltskanzleien, Unternehmungsberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sich in Sachen Good Governance anbieten, mit den beiden ehemaligen FIFA-Ethikern sieht Marc Tenbücken die Sports Governance Unit im Vorteil: "Wir kennen eben nicht nur die rechtliche Seite und die mediale Seite, sondern wir kennen eben die Verbandsseite und wissen, wie ein Sportverband funktioniert."
Der Druck auf die Verbände wird erhöht
Die internationalen Verbände sollen zukünftig von der Politik strenger reglementiert werden. So beschäftigt sich der Europarat derzeit intensiv mit zwei Studien über Governance von internationalen Sportverbänden wie der FIFA und dem Internationalen Olympischen Komitee.
Mit dem Ziel, Kriterien für die Führung solcher Organisationen zu definieren. Damit wird der Druck auf die Verbände erhöht. Aber auch die derzeitige MeToo-Kampagne in den sozialen Netzwerken erweitert das Arbeitsfeld, erklärt Hans-Joachim Eckert:
"Und wenn sie jetzt an Vorfälle denken in Amerika, mit sexuellen Übergriffen auf Turnerinnen und immer mehr Sportlerinnen und Sportler sich zu Wort melden und dann auszupacken und sagen, was alles schief läuft, denke ich, dass man schon überlegen kann, ob man die Ethik und die Moral im Sport nicht durch eine qualifizierte Beratung von Verbänden verbessern kann."
Sponsoren haben Schlüsselposition für Ethik und Compliance
Für die SGU werde das ein wichtiges Thema werden, ergänzt Tenbücken: "Wir werden auch mit der Sports Governance Unit in Zukunft dieses Thema angehen, weil wir glauben, dass auch das zu einer guten Organisationsführung dazu gehört, dass hier nicht ansatzweise solche Missverständnisse entstehen können oder Übergriffe stattfinden, das ist auch Teil des ethischen Verständnisses, wie wir es pflegen."
Eine Schlüsselposition für Ethik und Compliance im Sport nehmen die Sponsoren ein. Denn sie finanzieren zum großen Teil Vereine und Sportevents. Und sind daher moralisch in der Mitverantwortung. Richter Hans-Joachim Eckert lobt adidas dafür, dass sie die Rolle der FIFA im New Yorker Korruptions-Prozess hinterfragt. Aber solange die FIFA in der Opferrolle sei, würden die Sponsoren zahlen. Das würde sich ändern, wenn eine Mittäterschaft zu erkennen sei.
"Dann ist man natürlich unter Umständen nicht mehr in einer Opferrolle, sondern in einer Mittäterrolle. Und eine Mittäterschaft zu Korruptionshandlungen kann sich ein großer Sponsor aus meiner Sicht nicht mehr leisten", so Eckert.
Und der Druck auf die Unternehmen wächst weiter. In Zukunft müssen sie auf Grund der neuen CSR-Richtlinie der EU offenlegen, wen oder was und warum sie sponsern. Und börsennotierte Unternehmen sind auch ihren Aktionären Rechenschaft schuldig. Ein Ignorieren von Missständen, wie beispielsweise bei den Sommerspielen 2008 in Peking, wird da schon erschwert.
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