![Symbolbild Parteispende: Ein Kugelschreiber liegt auf einem Überweisungsformular. Darin ist die Summe 9.999,99 Euro aufgeführt. Symbolbild Parteispende: Ein Kugelschreiber liegt auf einem Überweisungsformular. Darin ist die Summe 9.999,99 Euro aufgeführt.](https://bilder.deutschlandfunk.de/c9/df/40/98/c9df4098-e3b6-42a0-b605-24f309520d97/parteispende-100-1920x1080.jpg)
Spenden sind für Parteien erst einmal gut - und auch wichtig für die Arbeit von SPD, FDP, CDU, Grüne und Co. Aber oft ist nicht klar, wer da spendet. So blieb 2022 die Herkunft von 77 Prozent der damaligen Parteispenden und Mandatsträgerbeiträge unbekannt.
Unkontrollierbare Großspenden sorgten mit dafür, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Demokratie verliere, beklagt die Nichtregierungsorganisation Transparency International. Im Korruptionswahrnehmungsindex der NGO ist Deutschland um sechs Plätze auf Position 15 abgerutscht – auch wegen zunehmender Intransparenz bei der Parteienfinanzierung.
Was sagt das Gesetz zu Parteispenden?
Was bei der Spendenannahme erlaubt ist und was nicht, ist im „Gesetz über die politischen Parteien“ festgehalten. Und hier muss zwischen kleineren Zuwendungen und sogenannten Großspenden unterschieden werden.
Kleinere Spenden
Erreichen Spenden eine Summe von 500 Euro, müssen Parteien in der Lage sein, den Spender zu identifizieren. Dokumentiert werden müssen die Geldeingänge aber erst ab einer Gesamtsumme von 10.000 Euro. Dann haben die Parteien die Pflicht, Spenden im sogenannten Rechenschaftsbericht aufzuführen (mit Name und Anschrift des Spenders). Bis zu einem Betrag von 1.000 Euro dürfen Spenden auch als Bargeld überreicht werden.
Großspenden
Parteien müssen Einzelspenden ab 35.000 Euro dem Präsidium des Bundestags melden. Anschließend wird die Zuwendung mit Nennung des Spenders öffentlich gemacht. Für das laufende Jahr 2025 sind derzeit 88 Großspenden registriert (Stand 13.02.25) worden. Die sogenannte Meldegrenze wurde erst im März 2024 auf die jetzige Höhe von 35.000 Euro herabgesetzt. Davor lag sie bei 50.000 Euro.
Wie groß ist die Intransparenz bei Parteispenden?
Aus einer großen Recherche, an der unter anderem die investigativjournalistische Plattform „Follow the Money“ und das ZDF beteiligt waren, geht hervor: Im Jahr 2022 blieb die Herkunft von rund 100 Millionen Euro an Parteispenden und Mandatsbeiträgen unbekannt. Das sind 77 Prozent aller damaligen Zuwendungen. Über diese Summe erfährt die Öffentlichkeit nichts – in den allermeisten Fällen deshalb, weil die jeweiligen Einzelspenden unter der Summe von 10.000 Euro lagen und somit nicht in den Rechenschaftsberichten aufgeführt sind.
Bei Großspenden ist die Lage erst einmal anders. Hier müssen Herkunft und Höhe zeitnah nach Meldung durch den Bundestag veröffentlicht werden. Dennoch bleiben auch bei Spenden von mehr als 35.000 Euro Intransparenzen und Unklarheiten. Mehr dazu hier.
Vor allem in Wahlkampfzeiten füllen Spenden die Parteikassen. 2024 haben die gesamten Parteieinnahmen aus Großspenden nur knapp die Marke von 20 Millionen Euro verfehlt.
![Im Säulendiagramm fällt auf, dass vor allem in Jahren mit Bundestagswahlen bzw. beginnenden Wahlkampfphasen das Gesamtvolumen aus Großspenden an Parteien zunimmt. Solche Peaks sind z.B. in den Jahren 2009, 2013, 2017, 2021 und 2024 zu beobachten. Im Säulendiagramm fällt auf, dass vor allem in Jahren mit Bundestagswahlen bzw. beginnenden Wahlkampfphasen das Gesamtvolumen aus Großspenden an Parteien zunimmt. Solche Peaks sind z.B. in den Jahren 2009, 2013, 2017, 2021 und 2024 zu beobachten.](https://bilder.deutschlandfunk.de/2a/62/91/bd/2a6291bd-dd87-42dc-9ccb-02516efed765/volumen-grossspenden-jahresverlauf-100-768xauto.png)
Parteien beziehen ihr Geld hauptsächlich aus vier Quellen: Neben Spenden gibt es Zuschüsse vom Staat, deren Höhe vom jeweiligen politischen Erfolg abhängig ist. Außerdem bekommen die Parteien Beiträge ihrer Mitglieder. Geld kommt auch von den sogenannte Mandatsträger, die Abgaben an ihre Partei zahlen. Zu letzteren zählen unter anderem Bundestagsabgeordnete.
Warum sind Parteispenden oft nicht transparent?
Kurz gesagt: Das deutsche Parteiengesetz lässt Intransparenzen teilweise zu.
Mehrere Kleinspenden als Verschleierungstaktik
Summen unter 10.000 Euro werden nicht in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufgeführt. Bereits vier solcher scheinbaren Kleinspenden würden aber ausreichen, um die Grenze zur Veröffentlichungspflicht durch den Bundestag zwar faktisch zu überschreiten, aber praktisch zu umgehen. Interessant ist das deshalb, weil 2022 87 Prozent aller Spenden unter der Schwelle von 10.000 Euro lagen und somit nicht namentlich ausgewiesen werden mussten.
![In einem Balkendiagramm wird sichtbar: Das Volumen der unbekannten Parteispenden war im Jahr 2022 deutlich größer als das der Parteispenden mit bekannter Herkunft. Das trifft auf alle untersuchten Parteien zu: CDU, SPD, Grüne, FDP, CSU, AfD und Linke. In einem Balkendiagramm wird sichtbar: Das Volumen der unbekannten Parteispenden war im Jahr 2022 deutlich größer als das der Parteispenden mit bekannter Herkunft. Das trifft auf alle untersuchten Parteien zu: CDU, SPD, Grüne, FDP, CSU, AfD und Linke.](https://bilder.deutschlandfunk.de/65/70/3f/d1/65703fd1-598d-43f4-91f6-93e168fc80c8/diagramm-parteispenden-differenz-bekannt-unbekannt-100-768xauto.png)
Hoher zeitlicher Verzug im Rechenschaftsbericht
Spenden von 10.000 bis 34.999,99 Euro müssen zwar im Rechenschaftsbericht der Parteien aufgeführt, aber nicht umgehend ans Präsidium des Bundestags gemeldet werden. Und die Rechenschaftsberichte der Parteien werden rückwirkend nur jährlich publiziert. Laut Gesetz müssen die Berichte bis zum 30. September des Folgejahres beim Bundestag eingereicht werden. Die Frist kann durch das Präsidium nochmal um bis zu drei Monate verlängert werden. Das heißt, im Extremfall können zwischen Spendeneingang und Veröffentlichung im Rechenschaftsbericht fast zwei ganze Jahre liegen.
Undurchsichtigkeit auch bei Großspenden
Einzelspenden ab 35.000 Euro müssen zwar sofort durch den Bundestag veröffentlicht werden. aber auch das schützt nur teilweise vor mangelnder Transparenz.
Der Trick mit parteinahen Vereinen
Im Februar und im September 2024 wurde der Präsidentin des Bundestags vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) jeweils eine Großspende gemeldet. Einmal in Höhe von 80.463,64 Euro, beim zweiten Mal waren es sogar 1,2 Millionen. Anders als bei den meisten sonstigen dokumentierten Zuwendungen, ist hier keine reale Person mit Vor- und Zunahme als Spender angegeben, sondern ein Verein. Konkret: „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e.V.“ Eine mögliche Nähe zur Partei BSW deutet sich durch den Vereinsnamen zumindest an.
Nach ähnlichem Muster erhielt die Partei Werteunion (Vorsitzender: Hans-Georg Maaßen) 2024 vier Einzelspenden in Höhe von je 50.000 Euro. Spender ist in diesem Fall immer der „WerteUnion Förderverein e.V.“
Problematisch sind solche Spenden durch Vereine deshalb, weil dabei nicht nachvollzogen werden kann, wer letztlich genau gespendet hat und ob damit eine abgesprochene Gegenleistung verbunden war, zum Beispiel in Form von politischen Forderungen. Letzteres wäre laut Parteiengesetz sogar illegal. Verdeckte Spenden aus dem Ausland könnten zudem als Wahlbeeinflussung gedeutet werden.
Transparency International kritisiert: „Zweifelhafte Wege der Parteienfinanzierung mit unklarer externer Unterstützung, etwa bei der AfD oder auch beim BSW, nehmen derzeit eklatant zu.“
Wie könnte Intransparenz bei Parteispenden reduziert werden?
Eine Mehrheit der Deutschen ist dafür, die Höhe von Parteispenden zu deckeln. Das ergab eine Umfrage von YouGov für die Organisation LobbyControl. Auch Transparency International fordert eine Obergrenze für Parteispenden - die gibt es in Deutschland bislang nämlich nicht. „Es geht ja darum, dass sich da nicht einzelne Prominente mit Millionenspenden einbringen können“, sagt die Vorsitzende Alexandra Herzog.
Die NGO hält sogar eine komplette Reform der Parteienfinanzierung für notwendig. „Unzureichende Transparenz und unkontrollierte Großspenden – teils aus dem Ausland – gefährden einen fairen politischen Wettbewerb und untergraben das Vertrauen der Bürger:innen in die Demokratie“, kritisiert der Verein.
Der frühere SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich 2024 ebenfalls dafür ausgesprochen, eine bestehende Lücke im System der Parteienfinanzierung zu diskutierten. Anlass waren mehrere Großspenden, die das BSW 2024 von einem Privatmann erhalten hatte. Höhe: gut vier Millionen Euro. Wenn die Despoten dieser Welt verstünden, so Kühnert, dass man sich im größten EU-Mitgliedsstaat mit ein paar Millionen eine „Pappmaché-Partei“ aufbauen könne, stehe Deutschland eine Entwicklung bevor, die seine liberale Demokratie möglicherweise sehr unter Druck setze.
Jan-Martin Altgeld