Josep Ramoneda ringt im spanischen Radiosender Cadenaser um Worte. Auf der einen Seite ist der Journalist und Philosoph kein großer Monarchist, doch den Beitrag von König Juan Carlos I. zur spanischen Demokratie hat er geschätzt:
"Es ist schon einige Jahre her. Der Sender Cadenaser in Barcelona wurde 75 Jahre alt, ich eröffnete zusammen mit dem Königspaar eine Ausstellung. Es gab Fotos vom Anschlag auf den Admiral Carrero Blanco von 1973. Wir standen eng zusammen, und Juan Carlos sagte mir: 'Wenn das nicht passiert wäre, stünden weder Du noch ich hier.' Ich antwortete: 'Ich sicher nicht, aber bei Ihnen weiß ich das nicht.' Und er antwortete mir: 'Ich auch nicht, denn dieser Typ hätte mir nicht erlaubt, zu machen, was ich machen musste.'"
Franco lebte noch, Carrero Blanco galt als Hardliner des Regimes. Doch der Admiral fiel 1973 dem Anschlag der baskischen Untergrundorganisation ETA zum Opfer. Diktator Franco starb zwei Jahre später, Juan Carlos wurde König und konnte Spanien auf den Weg in die Demokratie bringen:
"Er kam mit der Rolle des guten Verräters zurecht. Ernannt von Franco war er in der Lage, das Regime zu verraten und so seinen Beitrag zur Demokratisierung Spaniens zu leisten. Diese Verdienste hat er nun selbst zunichte gemacht."
Anerkennung über die Korruptionsskandale verloren
Für jüngere Spanier sei er nur der mit der Elefantenjagd, mit der deutschen Geliebten und der mit dem Geldkoffer, befürchte Juan Carlos selbst, berichtete El País unter Anspielung auf die jüngsten Skandale.
Auch Pablo Simón hat die Demokratisierung Spaniens nicht erlebt. Er wurde 1985 geboren und ist heute einer der bekanntesten Politologen des Landes. Die Demokratisierung Spaniens habe Juan Carlos legitimiert, analysiert er nüchtern, mit der Korruption habe er diese soziale Anerkennung verloren:
"Bei den Linken, im Baskenland, in Katalonien oder in Galicien und vor allem unter den unter 40-Jährigen, also in meiner Generation, lehnen immer mehr Menschen die Monarchie ab. Wir haben diese historischen Momente, die der Krone zu einer Legitimität verholfen haben, ja nicht erlebt. Sein Sohn Felipe VI. muss seine eigene Legitimität finden, und dieser Skandal macht es ihm nicht gerade leichter."
Ohne Reformen droht eine "Zombie-Monarchie"
Dennoch sieht Simón die Krone nicht am Ende. Denn zwar habe die parlamentarische Monarchie den gesellschaftlichen Konsens mit dem Weggang von Juan Carlos ins Ausland verloren. Doch er sieht auch keinen neuen Konsens für eine andere Staatsform. Der Politologe fordert darum Reformen:
"König Felipe VI. müsste Interviews geben. Juan Carlos müsste aus der Königsfamilie ausscheiden und müsste aktiv an der Aufklärung des Skandals mitarbeiten und dem Staat entgangene Einnahmen nachzahlen. Felipe VI. könnte eine Gesetzesreform mit Regeln darüber anstoßen, wie die Krone künftig Rechenschaft ablegt. Nichts würde ihr jetzt mehr helfen als Transparenz. Damit die Menschen sich sicher sein können, dass das, was in der Vergangenheit geschehen ist, sich nicht wiederholt."
Bleiben die Reformen aus, drohe Spanien jedoch eine "Zombie-Monarchie", warnt Simón wörtlich. Eine Monarchie, an der sich zwar nichts ändern lässt, die in der Verfassung festgelegt ist, die aber keinen gesellschaftlichen Rückhalt hat. Dass Spanien derzeit von einer linken Koalition aus Sozialisten und Podemos regiert wird, hält Pablo Simón anders als viele andere politische Beobachter hingegen für einen Glücksfall für König Felipe VI.:
"Wäre die Linke in der Opposition, Podemos nicht Teil der Koalition, wäre die Versuchung groß, den König ins Visier zu nehmen. Aber sie wollen ja weiterregieren. So werden sie auch nicht das Staatsgefüge schwächen. Und von den Rechten hat der König sowieso keine Kritik zu erwarten. Podemos ist mitverantwortlich, wie diese Krise bewältigt wird."