EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström stellte den Bericht heute in Brüssel vor. Bei der Wahlkampffinanzierung sei Deutschland nicht ausreichend gegen die Einflussnahme von Unternehmen geschützt. Das ermögliche Korruption. Insgesamt wird Deutschland aber ein gutes Zeugnis ausgestellt: "Was die Korruptionsbekämpfung betrifft, gehört Deutschland zu den besten Ländern der EU."
Die Diskussion um eine Karenzzeit bei einem Wechsel von der Politik in die Wirtschaft hatte in Deutschland Fahrt aufgenommen, als Berichte über einen möglichen Vorstandsposten des früheren Kanzleramtsministers Ronald Pofalla (CDU) bei der Deutschen Bahn öffentlich wurden. Im vergangenen Jahr hatte Staatsminister Eckart von Klaeden (CDU) beim Autokonzern Daimler angeheuert. Für EU-Kommissare gilt bei einem Wechsel in die Wirtschaft eine Frist von 18 Monaten. Deutschland müsse einen Weg finden, diesen "Drehtür-Effekt" zu vermeiden, mahnt die Kommission: "Es besteht Handlungsbedarf." Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD zu dem Thema angekündigt, eine "angemessene Regelung" für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Staatssekretäre und politische Beamte anzustreben, um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden.
Höhere Strafen gefordert
Außerdem soll Deutschland härter gegen Bestechung und Bestechlichkeit gewählter Amtsträger vorgehen. Die Bundesrepublik solle in diesem Bereich "abschreckende straf- und verwaltungsrechtliche Sanktionen" erlassen, heißt es in dem Bericht. "In Deutschland gibt es eine hohe Zahl von gewählten Amtsträgern, die per se für Bestechungsdelikte strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können", stellt die EU-Behörde fest.
Die Brüsseler Fachleute schließen sich mit ihrer Forderung unter anderem dem Europarat in Straßburg an, dessen Antikorruptions-Gremium GRECO seit langem schärfere Gesetze hinsichtlich gewählter Amtsträger in Deutschland anmahnt. Die EU-Kommission bemängelt auch "die vor allem im öffentlichen Sektor fehlenden Regelungen bei Interessenkonflikten nach Ausscheiden aus dem Amt".
Korruption richtet großen wirtschaftlichen Schaden an
Korruption betrifft der EU-Kommission zufolge alle EU-Mitgliedstaaten und kostet die EU-Wirtschaft jedes Jahr rund 120 Milliarden Euro. Sowohl Art und Umfang der Korruption als auch die Wirksamkeit der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen seien von Land zu Land aber sehr unterschiedlich. "Korruption untergräbt das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen und den Rechtsstaat, schädigt die europäische Wirtschaft und vermindert die dringend benötigten Steuereinnahmen", erklärte Malmström.
Die EU-Kommission legte den Korruptionsbericht zum ersten Mal vor. 28 EU-Staaten wurden hinsichtlich ihrer Anfälligkeit für Bestechungen untersucht. Ein übergreifendes Ergebnis der Studie: Korruption komme in unterschiedlichem Ausmaß in allen EU-Staaten vor und ist kein ausschließliches Phänomen der südlichen EU-Länder. Malmström: "Es gibt keine Rangliste, keine Hitparade. Aber eines ist klar, in allen 28 EU-Ländern gibt es Korruption."