Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat Anas Aremeyaw Anas Fußball-Funktionären und Schiedsrichtern aus Ghana und anderen afrikanischen Staaten Geld angeboten. Wenn sie annahmen, waren Mikrofon und eine versteckte Kamera dabei. Die Vorführung des Recherchefilms hat in Ghana einen Sturm ausgelöst.
Anas Aremeyaw Anas ist Ghanas wohl bekanntester Journalist. Gemeinsam mit der britischen BBC produzierte er den Film. Ein Mann im Film, der Bargeld in eine Plastiktüte stopft, ist Kwesi Nyantakyi. Präsident des nationalen Fußballverbandes von Ghana. Vizepräsident des afrikanischen Fußballverbandes. Mitglied des FIFA-Rats. Journalist Anas wirft Nyantakyi vor, Bargeld angenommen zu haben. Anas Kamera-Team hat es gefilmt.
Anas sagt: "Bei dieser Gelegenheit nahm er 65.000 US-Dollar von uns an. Die Gesetze der FIFA, des afrikanischen und des ghanaischen Fußballverbandes sind sehr klar: Geschenke dürfen nicht angenommen werden."
Präsident wollte 4,5 Millionen Dollar für sich
Damit sind die Vorwürfe des Journalisten gegen Fußballfunktionär Nyantakyi aber nicht erschöpft. Anas und seine Kollegen hatten Nyantakyi gesagt, sie seien Geschäftsleute, die einen Sponsorvertrag zugunsten des Fußballverbandes von Ghana schließen wollten. Nyantakyi traf sich mit ihnen.
Nyantakyi sagt im Film: "Wir gründen eine Firma..." Im Dokumentarfilm ist zu hören und zu sehen, dass er vorschlägt, eine Vermittlungsfirma für diesen Deal zu gründen. Außerdem, behauptet Journalist Anas, wollte der Funktionär selbst an diesem Geschäft verdienen.
Anas sagt: "Wenn das Geschäft so gelaufen wäre, hätte Nyantakyi aus der Gesamtsumme von 15 Mio. US-Dollar 4,5 Mio. bekommen. Über diese Gier reden wir hier."
Mehr als 100 Funktionäre und Schiedsrichter
Kwesi Nyantakyi ist mittlerweile von seinem Amt als Präsident des nationalen Fußballverbandes zurückgetreten. Die FIFA hat ihn für vorläufig 90 Tage gesperrt. Nyantakyi sagt er habe "einige Fehler" gemacht und sei "Betrügern aufgesessen, die ihm vorgemacht hätten, wirklich in Ghana investieren zu wollen". Warum er 65.000 US-Dollar in bar angenommen hat, ob er selbst Millionen an dem Sponsorvertrag verdienen wollte – dazu gibt es bisher keine klare Aussage von ihm.
Das gilt auch für viele andere, die in dem Film beschuldigt werden. Insgesamt haben Anas und seine Kollegen eine Liste von mehr als 100 Fußball-Funktionären und Schiedsrichtern zusammengestellt. Sie alle sollen Geld angenommen haben. Viele kommen aus Ghana, aber auch Schiedsrichter aus der Elfenbeinküste, Gambia oder Kenia wurden bei der Schmiergeldannahme gefilmt. Westafrikas Fußballwelt steht unter Schock.
Anas Aremeyaw Anas, seine Kollegen und die BBC fügen ihren Vorwürfen allerdings eines ausdrücklich hinzu: Sie hätten keinen konkreten Beweis, ob und eventuell auf welche Weise Fußballspiele in Ghanas Liga oder der afrikanischen Champions League durch Zahlungen an Schiedsrichter manipuliert wurden. Allerdings zeigt die Dokumentation mehrere extrem zweifelhafte Elfmeter-Entscheidungen. Sie wurden von Schiedsrichtern getroffen, die Geld angenommen haben.
"Das ist sehr enttäuschend."
Ghanas Fußball-Fans sind entsetzt, aber nicht wirklich überrascht. Gerüchte über Korruption im Fußball gab es schon lange: "Es war gut, dass diese Leute bloßgestellt worden sind", sagt Benjamin Adu. "Ich finde das völlig richtig."
Titi Bacha, eine junge Frau, macht sich Sorgen um Ghanas Ruf in der Welt: "Die ganze Welt denkt jetzt, wir hätten Nigeria als korruptestes Land Afrikas überholt. Das ist sehr enttäuschend."
Aber es gibt auch scharfe Kritik am Vorgehen der Journalisten um Anas Aremeyaw Anas. Das seien unlautere Lockvogel-Angebote. Charles Bentum, Rechtsanwalt in Ghana, argumentiert so. Und zwar in der Dokumentation, die Anas und die BBC vergangene Woche in der Hauptstadt Accra einem großen Publikum vorführten. Rechtsanwalt Bentum sagt:
"Es ist falsch, solche Lockvogelangebote zu machen, sich dann umzudrehen und zu sagen – derjenige, der das Geld angenommen hat, ist korrupt. Unser Gesetz sagt: Der Geber ist genauso schuldig wie der Nehmer. Deshalb kann man nicht den Lockvogel freisprechen und das Opfer verurteilen."
"Man sollte ihn aufhängen."
Journalist Anas Aremeyaw Anas hält das für falsch. Vor drei Jahren wandte er diese Methode bei Richtern und Juristen in Ghana an. Und filmte verdeckt, wie etliche Top-Juristen Geld nahmen und dafür Urteile zurechtbogen. Damals verteidigte Anas sein Vorgehen schon mit dem Hinweis: "Wir haben doch niemanden gezwungen, das Geld anzunehmen." Mehr als 25 Richter und Staatsanwälte sind seither suspendiert worden, die Untersuchungen gegen sie laufen immer noch.
Der umstrittene Journalist hat jetzt mit der Dokumentation über die Nehmer-Mentalität im westafrikanischen Fußball offenbar in ein Wespennest gestoßen. Er bekommt einerseits Lobpreisungen, andererseits hasserfüllte Kritik. Der ghanaische Parlamentsabgeordnete Agyapong forderte in einem Radio-Interview: "Ich habe Material gegen Anas. Man sollte ihn aufhängen. Für die bösen Dinge, die er den Ghanaern während dieser Untersuchung angetan hat."
Ghanas Regierung hat angekündigt, den nationalen Fußballverband auflösen zu wollen. Getan hat sie es – noch – nicht.
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