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Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu
Zigarren, Champagner und eine eigene Zeitung für den Premier

Die neuen Korruptionsvorwürfe gegen Israels Regierungschef Netanjahu nehmen sich teilweise aus wie in einem Hollywood-Streifen. Teile der Bevölkerung sind derweil seltsam teilnahmslos. Netanjahus Verteidiger wundern sich ostentativ: "Sie glauben doch nicht wirklich, dass der Premier über ein paar Zigarren stürzt!"

Von Peter Kapern |
    Die Gruppe "Frauen wagen Frieden" fordern Ministerpräsident Netanjahu auf, die Verhandlungen wiederaufzunehmen.
    Benjamin Netanjahu beschäftigt die israelischen Ermittlungsbehörden, seit er 1996 zum ersten Mal Ministerpräsident wurde. (picture alliance/dpa)
    Er hat von einem französischen Unternehmer zweifelhafte Wahlkampfspenden bekommen, seine Frau soll auf Staatskosten Gartenmöbel für das Privathaus gekauft haben, und beim U-Boot-Kauf in Deutschland hat sein privater Anwalt mitverdient.
    Das ist nur eine kleine Auswahl von Affären, die die beiden schon überstanden haben. Benjamin Netanjahu und seine Frau Sarah beschäftigen die israelischen Ermittlungsbehörden, seit er 1996 zum ersten Mal Ministerpräsident wurde. Da regt sich auf der Straße in Tel Aviv kaum noch jemand über die jüngsten Korruptionsvorwürfe auf: "Es gibt doch dauernd Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu, sagt dieser Mann, und am Ende zieht er doch den Kopf aus der Schlinge." Und die junge Frau meint, Korruption gebe es doch überall auf der Welt. Deshalb sei an den neuen Vorwürfen auch nichts überraschend.
    Die jüngsten Enthüllungen sind voller Überraschungen
    Um zu diesem Urteil zu kommen, muss man schon reichlich abgebrüht sein, oder frustriert. Denn in Wahrheit sind die jüngsten Enthüllungen voller Überraschungen.
    Jahrelang bestand eine ganz offensichtliche Feindschaft zwischen Arnon Mozes, dem Besitzer der Zeitung "Yedioth Ahronot" und Regierungschef Netanjahu. Der warf dem Verleger vor, ihn durch falsche und überspitzte Berichterstattung aus dem Amt kippen zu wollen. Solange, bis Bibi Netanjahu - so sein Spitzname - seinen weißen Ritter aus den USA zu Hilfe rief: Seinen Freund, den Casino-Mogul Sheldon Adelson. Der brachte in Israel 2007 einfach eine kostenlose Boulevardzeitung auf den Markt namens Israel Hayom, als Konkurrenz vor allem zu Yedioth Ahronoth. Die Begründung des Multimilliardärs: "Sie greifen Bibi doch dauern an. Dauernd greifen sie ihn an. Halten Sie das für fair?"
    Selbst Netanjahus rechte Koalitionspartner protestierten
    Sein Blatt gerierte sich so scham- und skrupellos als Sprachrohr Netanjahus, dass selbst Netanjahus rechte Koalitionspartner protestierten. Und "Yedioth Ahronot" musste massive Auflagenverluste hinnehmen.
    Und nun das: Die beiden Erzfeinde, der "Yedioth Ahronot"-Besitzer Mozes und Regierungschef Netanjahu unterhalten sich ausführlich, ob sie nicht einen für beide Seiten profitablen Deal abschließen können: Die Zeitung solle künftig freundlich mit Netanjahu umspringen, und der sagte dem Zeitungsverleger zu, ihm im Gegenzug das lästige, kostenlose Konkurrenzblatt vom Hals zu schaffen. Überraschung Nummer 1.
    Überraschung Nummer 2: Das Gespräch der beiden wurde aufgezeichnet. Nach Berichten des Fernsehsenders Channel 2 von Netanjahus Stabschef Ari Harow. Und zwar auf Wunsch Netanjahus.
    Überraschung Nummer drei: Bei einer Durchsuchung im Büro Harows in einer anderen Sache kommt die Polizei in den Besitz des Gesprächsmitschnitts. Soweit die Überraschungen.
    Nur, weil Medien permanenten Druck ausüben
    Es gibt in der Affäre aber auch Altbekanntes. Die Reaktion des Ministerpräsidenten zum Beispiel. Einer Versammlung von Ministern seiner Likud-Partei am Sonntagmorgen sagte er, er könne voller Selbstvertrauen sagen, dass die Ermittlungen gegen ihn nichts erbringen würden, weil nichts dran sei. Und überhaupt ermittle die Staatsanwaltschaft nur, weil Medien einen permanenten und unablässigen Druck auf sie ausübten.
    Mit fast denselben Worten hatte Netanjahu auch auf den anderen aktuellen Korruptionsfall reagiert. Der dreht sich darum, dass Netanjahu von reichen Gönnern Geschenke angenommen haben soll. Vom Hollywood-Filmproduzenten Arnon Milchan zum Beispiel Zigarren und Champagner im Wert von mehreren hunderttausend Shekeln.
    Bei John Kerry für den edlen Spender vorgesprochen
    Kein Problem, sagt Netanjahu, und sein Fraktionschef David Bitan springt ihm bei: "Erstens bin ich mir sicher, dass es keine Anklage geben wird. Aber selbst wen: Dann kann der Premierminister trotzdem im Amt bleiben. Sie glauben doch nicht wirklich, dass es gelingen wird, einen Premierminister über ein paar Zigarren stürzen zu lassen!"
    Allerdings hat der Ministerpräsident persönlich, so berichtet es der Fernsehsender Channel 10, mehrmals bei US-Außenminister John Kerry vorgesprochen, damit Arnon Milchan, der edle Spender der Zigarren, ein dauerhaftes US-Visum bekommt.