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Insel des Streits
Korsika, Frankreich und die ewige Frage der Unabhängigkeit

Im Frühjahr kehrte die Gewalt zurück. Nach der Ermordung eines inhaftierten Nationalisten kam es zu Protesten auf Korsika. Die Forderung nach Unabhängigkeit ist wieder da, doch die korsische Bevölkerung ist bei diesem Thema zerstritten.

Von Christiane Kaess |
Demonstration zum Gedenken an den getöteten Yvan Colonna im korsischen Corte mit scharfer Kritk am französischen Staat
Demonstration nach dem Tod des inhaftierten korsischen Nationalisten Yvan Colonna. Der französische Staat wird als Attentäter bezeichnet (picture alliance/dpa/MAXPPP | Jonathan Mari)
Camellu Tomasi sperrt auf dem Campus der korsischen Universitätsstadt Corte die Tür zu einem Besprechungsraum auf. Der 24-Jährige organisiert hier die Treffen der Studentengewerkschaft „Ghjuventu Paolina“. Die Vereinigung setzt sich für bessere Studienbedingungen ein, aber auch für das, was Tomasi den „Kampf der nationalen Befreiung“ nennt. „Ich bin Nationalist und glaube, dass Korsika ein Land ist und die Korsen ein Volk sind. Die Unabhängigkeit führt über mehrere Etappen – wie die Autonomie.“

Mehrheit ist für Autonomie, nicht für Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeit würde Korsika zu einem eigenen Staat machen. Das aber wollen nur wenige der rund 350.000 Menschen auf der Insel. Die Mehrheit ist allerdings für eine Autonomie mit mehr Befugnissen als heute. Viele Probleme des Alltags könnte man auf Korsika selbst besser regeln als im fernen Paris, so das Argument. Zum Beispiel die teuren Mieten und die hohen Preise für Häuser und andere Immobilien. Auch Camellu Tomasi befürchtet, nach seinem Design-Studium keine Wohnung zu finden. Zahlungskräftige Festland-Franzosen, die eine Zweitwohnung auf der Urlaubsinsel kaufen, treiben die Preise in die Höhe, sagt er.
„Korsika ist eine Siedlungskolonie, wie man das hier seit den 70er-Jahren nennt. Den Franzosen, die sich nicht integrieren, ist es egal, dass die korsische Sprache oder bestimmte Traditionen verschwinden. Ich will dafür kämpfen, dass wir weltweit und in Europa anerkannt werden, so wie auch unsere Sprache und unser Volk. Dass unsere Rechte respektiert werden und dass die politischen Gefangenen auf unsere Insel zurückkommen.“

Proteste und Gewalt nach Tod eines Nationalisten

Als „politische Gefangene“ bezeichnet Tomasi eine Gruppe von Inhaftierten, die wegen des Mordes an dem französischen Präfekten Claude Erignac 1998 auf Korsika verurteilt wurden. Der prominenteste von ihnen war der korsische Nationalist Yvan Colonna. Sein Porträt ist x-fach auf korsischen Häusern und den Gebäuden der Universität Corte abgebildet. Viele hier verehren Colonna, obwohl er als Mörder verurteilt wurde. Seine Anhänger glauben an Colonnas Unschuld.
Beisetzung von Yvan Colonna im Frühjahr 2022
Beisetzung von Yvan Colonna im Frühjahr 2022 (picture alliance / dpa / MAXPPP / Paule Santoni)
Nach fast 20 Jahren Haft wurde Colonna im März in einem südfranzösischen Gefängnis von einem Mithäftling so schwer verletzt, dass er kurz danach starb. In den korsischen Städten kochte die Wut hoch. Die Proteste auf den Straßen schlugen zum Teil in Gewalt um. Camellu Tomasi war bei den Demos dabei. Er lässt Videos über sein Smartphone laufen. Vor allem junge Menschen rufen den Slogan: der französische Staat sei ein Mörder.
Ausschreitungen nach dem gewaltsamen Tod von Yvan Colonna
Ausschreitungen nach dem gewaltsamen Tod von Yvan Colonna (picture alliance/dpa/MAXPPP | Jonathan Mari)
Die Proteste kamen Präsident Emmanuel Macron, der mitten im Wahlkampf steckte, äußerst ungelegen. Auf einer Pressekonferenz Mitte März verurteilte er die Unruhen, versprach aber: „Korsikas in der französischen Verfassung zu nennen und die Frage der Kompetenzen, möglicherweise die Autonomie sind kein Tabu. Es muss jetzt ein Arbeitsprozess beginnen. Auf dieser Basis können wir eine Reform angehen, die Korsikas historische, geografische und kulturelle Eigenheiten anerkennt. Die klaren Grenzen sind: Korsika gehört zur französischen Republik und die Sprache ist Französisch.“

Gespräche ins Stocken geraten

In diesem Sinne begann Innenminister Gérald Darmanin im Juli Gespräche mit korsischen Politikerinnen und Politikern. Aber inzwischen sind sie schon wieder ins Stocken geraten. In der korsischen Hauptstadt Ajaccio klingeln in Gilles Simeonis Büro die Telefone. Simeoni ist Präsident des korsischen Exekutivrates. Er gilt als „starker Mann“ Korsikas und als gemäßigter Nationalist. Sein Ziel ist die Autonomie der Insel, aber keine Unabhängigkeit von Frankreich.
Präsident Emmanuel Macron (l) und der Chef des korsischen Exekutivrats, Gilles Simeoni, bei einem Treffen im Jahr 2020 in Ajaccio
Präsident Emmanuel Macron (l) und der Chef des korsischen Exekutivrats, Gilles Simeoni, bei einem Treffen im Jahr 2020 in Ajaccio (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Ludovic Marin)
Seit 2015 leitet Simeoni den Exekutivrat und verweist auf seine wachsenden Wahlerfolge. „Das zeigt, dass unsere Forderungen demokratisch legitimiert sind. Gleichzeitig haben wir klar gesagt: auf jegliche Form der politischen Gewalt muss definitiv verzichtet werden. Unser Kampf ist ausschließlich demokratisch.“

Was die Autonomie-Befürworter wollen

Simeoni hat genaue Vorstellungen von einer Autonomie Korsikas. Und die gehen deutlich über die erweiterten Kompetenzen hinaus, die Korsika als einzige französische Gebietskörperschaft bereits hat. Simeoni will Korsisch als zweite Amtssprache einführen, die offizielle Anerkennung des korsischen Volkes erreichen und eigene Gesetze für die Insel machen – zum Beispiel gegen die hohen Immobilienpreise. Kernbereiche wie die Innere Sicherheit, also auch die Polizeihoheit, sollen beim französischen Staat bleiben. Der 55-Jährige verweist auf die Autonomie anderer Mittelmeer-Inseln darunter das benachbarte italienische Sardinien.
Aber die Gespräche der Vertreter Korsikas mit der Zentralregierung in Paris seien kompliziert, sagt der Mann im hellgrauen Anzug. „Der Staat hat nicht nur seit sieben Jahren jegliche Diskussion verweigert. Seine Politik ist eine absolute Missachtung Korsikas und der Forderungen der gewählten Politiker. Obwohl alle Ampeln auf Grün standen, die Korsen einen Dialog anstrebten und alle Bedingungen gegeben waren, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – weg vom Konflikt und hin zum Dialog - ist die Situation jetzt sehr angespannt.“
Simeoni war mehr als fünfzehn Jahre lang Anwalt des Nationalisten Yvan Colonna. Er wirft der französischen Regierung vor, dass es erst die gewaltsamen Proteste nach Colonnas Tod brauchte, um über eine Autonomie zu reden. Aktuell blockieren außerdem Rechtsstreitigkeiten um Gefangene des sogenannten „Kommando Erignac“, die Gespräche zwischen Paris und Ajaccio. Die Mitglieder waren an der Ermordung des Präfekten beteiligt.

Eine lange von Gewalt geprägte Geschichte

Die gemeinsame Geschichte der Insel und des französischen Festlandes war Jahrzehnte lang von Gewalt geprägt. Seit den 1970er-Jahren erschütterten Attentate der „Korsischen Nationalen Befreiungsfront“ - in der französischen Abkürzung: FLNC - viele französische Regionen und auch die Insel. Im Sommer 2014 teilte die FLNC mit, dass sie die Waffen niederlege. Die Nationalisten, von denen manche der FLNC nahestanden, hätten nur wegen dieses Gewaltverzichts die korsischen Regionalwahlen Ende 2015 gewonnen, hört man auf der Insel oft.
Für Korsikas Politik war das ein Umbruch, erklärt der korsische Politikwissenschaftler, André Fazi: „Die Parteien, die traditionell das politische Leben Korsikas seit dem Zweiten Weltkrieg prägten, waren geschwächt. Es gab zwei große Netzwerke: das eine rechts, das andere links. Sie teilten sich die Macht. Es war ein sehr geschlossenes System. Das hat dazu geführt hat, dass es in Frage gestellt wurde.“

Wer für die Unabhängigkeit ist

Neben den nationalistischen Parteien, die sich für eine bloße Autonomie Korsikas einsetzen, gibt es diejenigen, die eine Unabhängigkeit vom französischen Staat anstreben. Paul-Felix Benedetti ist ihr bekanntester Vertreter und gehört derzeit der Opposition an. Von den 63 Abgeordneten der korsischen Versammlung in Ajaccio stellt Benedettis Partei „Core in Fronte“ sechs.
Benedetti kommt mit seinen klaren Worten vor allem bei jungen Leuten gut an. Die Autonomiebestrebungen unterstützt er als ersten Schritt zur Unabhängigkeit. „Korsika hat eine 200-jährige gemeinsame Geschichte mit Frankreich. Es wurde militärisch annektiert. Seitdem gab es eine permanente Besatzung. Es ist schlecht gelaufen für Korsika, denn es wurde von Frankreich erstickt und hat sich wirtschaftlich nicht weiterentwickelt.“ 
Durch staatliche Investitionspläne flossen in den letzten Jahren rund 100 Millionen Euro jährlich aus Paris auf die Mittelmeer-Insel. Dennoch schwebt Benedetti ein souveräner Staat Korsika innerhalb der Europäischen Union vor. Er nennt Malta als Vorbild. Die korsische Wirtschaft sei vor allem durch die rund zwei Millionen Touristen im Jahr stark genug, glaubt er. Benedetti wünscht sich allerdings eine bessere Verteilung des Reichtums. Er kritisiert steigende Preise und niedrige Einkommen auf Korsika sowie die vielen Festland-Franzosen, die sich jährlich auf der Insel niederlassen.
 „Die Korsen werden gerade enteignet. Man nimmt ihnen ihr historisches Erbe weg. Wenn wir die Macht hätten zu sagen: auf Korsika kann nur Häuser kaufen, wer hier seit zehn Jahren lebt, könnten wir den Markt regulieren. Aber dafür müssten wir lokale Gesetze erlassen können.“

Einst Verbündete, nun zerstritten

Ein paar Schritte entfernt von Paul-Félix Benedettis Büro in der korsischen Versammlung befindet sich das von Jean-Christophe Angelini. Der Abgeordnete ist gegen die Unabhängigkeit und für eine Autonomie, wie Exekutiv-Chef Simeoni. Einst waren die beiden Verbündete, aber wegen interner Streitigkeiten sitzt Angelinis Fraktion „Avanzemu“ nun in der Opposition. Auch Angelini fühlt sich von den Politikern in der fernen französischen Hauptstadt schlecht behandelt.
„Wir können Paris in einem spezifischen Rahmen vorschlagen, nationales Recht und Vorschriften an unsere korsischen Bedingungen anzupassen. Bevor die Nationalisten regierten hat Korsika an die 40 solcher Anpassungen vorgeschlagen. Ich glaube auf 37 oder 38 davon haben wir gar keine Antwort bekommen. Und der Rest wurde abgelehnt.“
Dem korsischen Exekutivrat unter Gilles Simeoni wirft Angelini dennoch vor, seine bestehenden Kompetenzen nicht auszuschöpfen. Dort könne man mehr tun, um zum Beispiel das seit Jahren nicht gelöste Problem der Müllentsorgung in den Griff zu bekommen. Schuld daran sei aber auch ein Kompetenz-Wirrwarr, so Angelini.
„Es gibt ein Umweltbüro, das zur Gebietskörperschaft Korsika gehört und einen Entsorgungsplan ausarbeitet. Dann gibt es einen Verband aus Vertretern von Kommunen, die die Müll-Politik umsetzen. Es gibt den Staat, der die Infrastruktur dafür finanziert. Und dann sind da noch die Einrichtungen für die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, die zuständig sind für die Müllabfuhr. Wir haben also zu viele Akteure." Auch derartiges Verwaltungs-Gerangel, so meint Angelini, könne durch eine Autonomie gelöst werden.
Am Stadtrand von Ajaccio schrauben und schweißen Monteure in der Citroen-Werkstatt von Jean-André Miniconi an Autos. Miniconi betreibt die meisten Autohäuser Korsikas. 140 Leute beschäftigt er. Das sei eine Ausnahme, denn 80 Prozent der korsischen Unternehmen haben weniger als zehn Angestellte, sagt Miniconi. Er kennt die Betriebe gut, denn er war lange Präsident der Vereinigung kleiner und mittlerer Unternehmen. Auch Miniconi wünscht sich eine Autonomie Korsikas. Mit eigenen Gesetzen erhofft er sich, die Insel wirtschaftlich, sozial und in der Klimapolitik voranzubringen.
„Wir sind gerade dabei, die Dekarbonisierung Korsikas zu vermasseln. Der Staat ist dafür zu 100 Prozent verantwortlich. Es gibt in Ajaccio ein staatliches Kraftwerk, das Elektrizität produziert – mit Schweröl. Das ist eine enorme Umweltverschmutzung. Wir müssten den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Wir haben hier viel Sonne. Wir sind mit den Erneuerbaren total im Rückstand und schaffen es nicht, aus Sonne oder Wasserstoff zum Beispiel Energie für die Busse zu produzieren. Wir haben nicht die Befugnisse dazu. Darum könnte sich Korsika wirklich selbst kümmern.“ 
Die meisten Wirtschaftsvertreter seien für die Autonomie, sagt Miniconi und resümiert: „Seit 50 Jahren werden für Korsika Entwicklungspläne gemacht, die nicht funktionieren, weil sie in Paris entworfen werden. Das ist das Problem der Dezentralisierung, die in Frankreich nie stattgefunden hat.“
Weil sich Miniconi für die Unternehmen einsetzen will, ist er in die Politik gegangen und Stadtrat in Ajaccio. Der Unternehmer hat ein Problem Korsikas am eigenen Leib erfahren: die Gewalt mafiöser Gruppen. In einer seiner Autowerkstätten wurde Feuer gelegt. Und als er für die Stadtratswahlen antrat riet ihm eine kriminelle Bande davon ab.

Vorwurf, es werde zu wenig für Sicherheit getan

In dem kleinen Ort Cargèse an den Westküste Korsikas unterhalten sich Manette Batistelli und Irène Quilichini auf einer Bank am Rande eines Veranstaltung-Platzes. Hier haben die beiden älteren Frauen im September 2019 mit anderen aus der Umgebung ein Anti-Mafia-Kollektiv gegründet.
Auslöser war der Mord an dem jungen Mann Massimu Susini. „Er wurde ermordet als er morgens am Strand sein Café öffnen wollte. Er wurde auf dem Parkplatz erschossen – von einem oder mehreren Männern. Man weiß nicht, wie viele es waren – sie hatten sich hinter Felsen versteckt. Die Leute haben gesagt: die Mafia hat Massimu umgebracht, weil er sich Banden widersetzt hat, die den Drogenhandel und die Immobilienspekulation hier beherrschen wollen.“
Batistelli und Quilichini kritisieren, dass sich Politikerinnen und Politiker zu wenig um das Problem kümmern, dass sie nur von kriminellen Banden aber nicht von der Mafia sprechen. Für die beiden Frauen ist das eine Verharmlosung: „Es gibt eine besorgniserregende Zahl an Morden, die nicht aufgeklärt sind. Es geht um ein System, das bekannt sein will, auch wenn die, die dahinterstecken, alles tun um unentdeckt zu bleiben. Aber sie durchdringen Wirtschaftsbereiche und die Politik.“
Batistelli und Quilichini werfen sowohl dem französischen Staat als auch den korsischen politischen Vertretern vor, zu wenig für die Sicherheit zu tun. Sie sei nicht gegen eine Autonomie Korsikas, betont Quilichini, aber: „Als Nationalistin ist man ein bisschen hin und her gerissen – wegen der Mafia. Mehr lokale Macht könnte dazu führen, dass die Mafia noch mehr Einfluss auf die lokale Politik und Wirtschaft bekommt.“

Mehr als 1.000 Kilometer entfernt sitzt in Paris Laurent Marcangeli in einem Büro der Nationalversammlung. Der korsische Abgeordnete war zuvor Bürgermeister von Ajaccio. Nach seiner Wahl in die Assemblée Nationale will er sich nun auf nationaler Ebene für korsische Belange einsetzen. Marcangeli ist kein korsischer Nationalist und gilt als Gegenspieler des korsischen Exekutivchefs, Gilles Simeoni. Auch er ist nicht grundsätzlich gegen eine Autonomie seiner Heimatinsel, zieht aber klare Grenzen: „Ich wäre nie für eine Entwicklung, die uns von der Republik wegführt und ihr Schaden zufügt. Denn Korsika hat keine Zukunft außerhalb der französischen Republik.“

Mahnung, bestehende Kompetenzen zu nutzen

Marcangeli meint, Korsika habe seit langem eine große Eigenständigkeit, die die Zuständigen auf der Insel aber nie genutzt hätten. „Ich gehöre zu denjenigen, die sagen: Üben wir die Kompetenzen, die wir haben, erst einmal aus bevor wir noch mehr haben wollen. Und auch wenn die Nationalisten das nicht gern hören: die institutionellen Debatten, wie die Anerkennung der Sprache und der Korsen als Volk, sind nicht die Hauptanliegen der Korsen in ihrem Alltag.“
In der Nationalversammlung ist Marcangeli Fraktionsvorsitzender der Partei „Horizon“, die die französische Regierung und Emmanuel Macron unterstützt. Dennoch kritisiert er, der Präsident habe – wie seine Vorgänger – im Verhältnis zu Korsika Fehler gemacht und die Frage der Identität nicht verstanden. Marcangeli will für mehr Verständnis auf beiden Seiten sorgen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (picture alliance / dpa / MAXPPP)
Das wollte auch Michel Delpuech als er 2006 Präfekt von Korsika war. Heute berät der hohe Staatsbeamte die französische Regierung in Rechtsfragen. Beruflich hat der 69-Jährige mit Korsika nichts mehr zu tun. Aber die Insel liegt ihm am Herzen und den jahrzehntelangen Konflikt kennt er nur zu gut. Delpuech bedauert, dass oft erst Entwicklungen wie zuletzt die gewaltsamen Proteste um die Affäre Yvan Colonna Bewegung in die verhärteten Fronten brachten. „Aber für einen Dialog braucht es zwei, die guten Willens sind. Der Staat war immer zum Dialog bereit. Als ich Präfekt von Korsika war, habe ich meine Zeit damit verbracht, Gespräche zu führen.“ 
Obwohl die französische Regierung eine Autonomie Korsikas ins Spiel gebracht hat, hält Delpuech für unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Eine Verfassungsänderung wäre dafür nötig und er bezweifelt, dass es dazu kommt. „Was das Korsische als zweite Amtssprache betrifft, dazu sagt unsere Verfassung: die Sprache der französischen Republik ist Französisch. Punkt. Und was die Anerkennung der Korsen als Volk betrifft: die französische Verfassung spricht vom französischen Volk, dem die Bürger durch ihr Wahlrecht angehören, ihre Herkunft spielt keine Rolle.“ Das sei das große Prinzip der französischen Einheit.