Der Zusammenhalt der internationalen Gemeinschaft habe dazu geführt, "dass man jetzt diplomatisch, aber auch mit Entschlossenheit diese Situation angehen wird", so der Ko-Vorsitzende des Deutsch-Koreanischen Forums. Er betonte, dass vor allem auch die Zusammenarbeit von USA, China und Russland seine Wirkung auf Machthaber Kim Jong-un nicht verfehlt habe.
In der Vergangenheit hatte Nordkorea Zusagen gebrochen. Auch deswegen müsste man sich nun auf einen langen Verhandlungsprozess einstellen. Es müsse schrittweise vorgegangen werden, keine Seite dürfte vorpreschen und zum Beispiel Sanktionslockerungen anbieten, so Koschyk. "Die Geschlossenheit und das Zusammenwirken vor allem der USA, China und Russlands und der übrigen internationalen Gemeinschaft und der Schulterschluss auch mit Südkorea ist jetzt das Gebot der Stunde."
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat nach Angaben von Staatsmedien die Aussetzung der Atom- und Raketentests seines Landes angekündigt. Zudem solle der Betrieb einer nuklearen Testanlage eingestellt werden, teilte die amtliche nordkoreanische Agentur KCNA mit. Zur Begründung hieß es, die Entwicklung von Atomwaffen sei erfolgreich abgeschlossen worden, weitere Tests seien daher nicht nötig.
Nordkorea hatte in den vergangenen Jahren sein Atom- und Raketenprogramm vorangetrieben und damit gegen UNO-Resolutionen verstoßen. Zahlreiche Sanktionen wurden gegen das kommunistische Land verhängt. Seit Jahresbeginn haben sich die Beziehungen Nordkoreas zu Südkorea und auch zu den USA verbessert.
Das Interview in voller Länge:
Stephanie Rohde: Noch vor Kurzem haben sich der amerikanische Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un heftig beschimpft. Es schien nicht unwahrscheinlich, dass der Streit um das nordkoreanische Nuklearprogramm eskaliert. Jetzt scheinen beide ihren Kurs geändert zu haben: Nordkorea will seinen Atom- und Raketentest aussetzen. Und darüber will ich jetzt reden mit Hartmut Koschyk von der CSU (Anmerk. der Red.: in dem Audio wird Koschyk als CDU-Mitglied bezeichnet, er ist aber Mitglied der CSU) Er ist Ko-Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Forums und er beobachtet den Nordkorea-Konflikt schon seit vielen Jahren. Guten Morgen!
Hartmut Koschyk: Guten Morgen, Frau Rohde!
Rohde: Hat die Welt bald kein Problem mehr mit dem Irren mit der Bombe?
Koschyk: Das müssen wir sehen, aber es ist, was die amerikanischen Reaktionen anbelangt, gewaltige Bewegung in die verfahrene Lage auf der koreanischen Halbinsel gekommen. Und das, was wir jetzt aus Pjöngjang gehört haben, das ist natürlich auch ein Stück Vorbereitung des innerkoreanischen Gipfels nächste Woche, aber vor allem des Gipfels mit Kim Jong-un mit Donald Trump, denn was an der jetzigen Situation anders ist als in den letzten innerkoreanischen Annäherungsbemühungen, dass die südkoreanische Seite der nordkoreanischen Seite ganz klar gesagt hat, ohne Bewegung in der Nuklearfrage gibt es keine innerkoreanische Annäherung. Und was natürlich auch gewirkt hat, dass die internationale Gemeinschaft zusammengeblieben ist, dass USA, Russland und China nicht auseinandergefallen sind, und das hat natürlich seine Wirkung auf Kim Jong-un nicht verfehlt.
Die Rolle Chinas würdigen
Rohde: Zu den Olympischen Winterspielen im Februar hat Nordkorea ja eine hohe Delegation geschickt. Haben die Winterspiele dabei geholfen, dass Nordkorea jetzt friedlicher wird?
Koschyk: Das hat sich ja alles im Verborgenen lange angedeutet. Die südkoreanische Seite hat schon seit dem Amtsantritt von Präsident Moon Jae-in Signale nach Nordkorea ausgesandt und hat gerade die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang als Chance genutzt für eine innerkoreanische Annäherung, das war vom Süden auch lange vorbereitet. Von daher haben natürlich die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang diese hochrangige Delegation mit der Schwester von Kim Jong-un und dem nominellen Staatsoberhaupt Kim Jong-nam dafür gesorgt, dass erstmals seit langer Zeit wieder ein hochrangiger innerkoreanischer Dialog zustande gekommen ist. Und Südkorea hat dann auch nach meiner Einschätzung die amerikanische Seite davon überzeugt, dass man Kim Jong-un diesmal ernst nehmen soll, dass man mit ihm reden soll, und Donald Trump ist immer für Überraschungen gut: Er sieht jetzt für sich die Chance und die Mission, diese verfahrene Lage wieder in Bewegung zu bringen, das Problem vielleicht zu lösen, was alle seine Vorgänger nicht geschafft haben.
Rohde: Was vermuten Sie, wie ist es Trump gelungen, Kim umzustimmen?
Koschyk: Also das ist nicht allein das Wirken des amerikanischen Präsidenten. Die internationale Gemeinschaft hat zusammengehalten, und bevor Kim Jong-un jetzt sich mit dem südkoreanischen Präsidenten und dann mit dem amerikanischen Präsidenten trifft, hat das für mich genauso wichtige Treffen in Peking stattgefunden zwischen Kim Jong-un und Xi Jinping, und das darf man alles nicht vergessen. Es war der erste Besuch von Kim Jong-un und das erste Treffen mit Xi Jinping überhaupt, und insofern muss man die Rolle Chinas in diesem Zusammenhang würdigen und gewichten, und wir werden auch noch erleben, dass Russland in diesem Konflikt, in dieser jetzigen Möglichkeit, ihn diplomatisch zu lösen, seine ganz eigene Agenda hat. Und wir müssen uns auch noch auf Überraschungen einer ganz eigenen russischen Agenda durch Putin in dieser verfahrenen, aber jetzt sich entkrampfenden Lage einstellen.
Rohde: Was meinen Sie damit konkret?
Koschyk: Ja, wir werden sehen, dass Russland sich auch zu Wort meldet, vielleicht in einer kommenden Verhandlungssituation eher die Karte Nordkoreas spielt, wenn Nordkorea sich von China und den USA gemeinsam unter Druck gesetzt fühlt, das heißt, jeder, der an der Lösung des Konflikts interessiert ist, tut gut daran, Russland von vornherein einzubeziehen und Russland nicht das Gefühl zu geben, dass es bei der Lösung dieser Situation nicht gebraucht wird.
"Für Kim ist Treffen mit Trump ein gewaltiger Prestigeerfolg"
Rohde: Lassen Sie uns noch kurz auf Nordkorea schauen und die Frage, warum tut Nordkorea das überhaupt, was verspricht man sich von diesem Kurswechsel in Pjöngjang?
Koschyk: Das hat Kim Jong-un in mehreren Reden, zuletzt in seiner diesjährigen Neujahrsansprache, die ja der Beginn seiner diplomatischen Offensive war, angekündigt. Er hat immer gesagt, wir müssen uns nuklear so stärken, dass wir unangreifbar sind vonseiten der USA, und wenn wir das erreicht haben, dann können wir auf Augenhöhe mit den USA verhandeln. Und nach seiner Logik, die er auch immer vor Parteikreisen, vor Armeekreisen in Nordkorea so dargestellt hat, hat er diese Augenhöhe erreicht. Für ihn ist natürlich das Treffen mit Donald Trump ein gewaltiger Prestigeerfolg, und das birgt aber auch oder bietet auch die Chance, dass man wirklich durch einen Dialog, der lang sein wird, der nicht von heute auf morgen die Nuklearfrage lösen wird. Also hier wird dann auch gelten, der Weg ist das Ziel, allein miteinander zu sprechen, schrittweise Maßnahmen einzuleiten der Vertrauensbildung und der schrittweisen Denuklearisierung, aber für Kim Jong-un kann er das jetzt auf Augenhöhe direkt mit dem amerikanischen Präsidenten, und das war immer sein Ziel.
Rohde: Aber Pjöngjang hat ja solche Zusagen in der Vergangenheit schon gemacht und auch gebrochen – kann man dieser Ansage jetzt überhaupt trauen?
Koschyk: Ja, deshalb muss man sich auf einen langen Verhandlungsprozess einstellen. Es wird nur schrittweise gehen, es geht nicht auf einen Schlag, und man wird zum Beispiel nach meiner Einschätzung anfangen – und das ist ja das Angebot Nordkoreas – mit dem Einfrieren, mit dem Beenden der Tests. Das heißt natürlich auch, es müssen Inspektoren ins Land gelassen werden der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, die das auch überprüfen, und dann muss man mit Leistung und Gegenleistung versuchen, schrittweise wirklich zu einer nuklearfreien koreanischen Halbinsel zu kommen.
Rohde: Und könnte man jetzt auch schon im Westen anfangen darüber nachzudenken, die Sanktionen gegen das kommunistische Land schrittweise aufzuheben?
Koschyk: Leistung gegen Gegenleistung, ein Schritt nach dem anderen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft, die dazu geführt hat, dass man jetzt diplomatisch, aber auch mit Entschlossenheit diese Situation angehen wird, und da muss man zusammenbleiben und da darf nicht die eine Seite vorpreschen und jetzt Sanktionslockerungen anbieten. Die Geschlossenheit und das Zusammenwirken vor allem der USA, China und Russlands und der übrigen internationalen Gemeinschaft und der Schulterschluss auch mit Südkorea ist jetzt das Gebot der Stunde.
Rohde: Das sagt Hartmut Koschyk von der CSU. Er ist Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums. Danke, dass Sie so spontan Zeit hatten heute Morgen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.