Mit Perücken oder Tüchern um den Kopf verbergen die neun Teilnehmerinnen an der Klink in Weinheim den Haarausfall im Zuge der Chemotherapie. Anfangs wirkt die Stimmung bedrückt.
(Meiers): "So - wer möchte Opfer sein?"
Aber Esther Meiers, ehrenamtliche Kursleiterin, strahlt gute Laune aus. Nach einem "Opfer", um das Auftupfen des Concealers zu demonstrieren, muss die Kosmetikerin nicht lange suchen.
"Kommst du gerade mal zu mir?"
Petra lässt sich eine cremig-flüssige Substanz unter die Augen tupfen, diese kaschiert die Schatten. Susanne mit der blonden Perücke und Sevil mit dem schwarzen Tuch sind sich einig:
Mit Tusche und Puder gegen Schatten und schlechte Stimmung
"Das peppt einen einfach auf."
"Dann sieht man nicht mehr so krank aus."
(Meiers) "Genau."
(Sevil) "Man fühlt sich ja auch nicht immer krank –mit dem sieht man auch nicht so aus."
"Ja, super, sie macht gleich ein Selfie, sie findet sich so toll", witzelt Meiers. Annette mit der schwarzen Perücke lacht mit, sie sieht noch ein bisschen streifig unterm Auge aus, hat sich fotografiert, "…nur zum Lernen, damit ich weiß, wo ich was hinmachen muss."
Ob die benutzten Concealer verschiedener Kosmetiklinien mit Hilfe von Parabenen oder anderen umstrittenen Inhaltsstoffen konserviert werden, thematisiert das Seminar nicht. 180.000 Pflege- und Schmink-Produkte akquiriert die gemeinnützige DKMS LIFE jährlich von den Herstellern, sortiert sie in Taschen, die jede Teilnehmerin kostenlos bekommt, im Wert von je 150 Euro. Für Fragen nach der Verträglichkeit verweist DKMS LIFE die Patientinnen auf ihre Ärzte. Im Seminar selbst geht’s um die Technik. Brauen und Wimpern sind den Frauen besonders wichtig. Denn eines will Carmen dringend vermeiden:
"Das Anstarren. Man wird schon anders angeguckt als vorher, wenn da jetzt im Gesicht was fehlt."
Um die Brauen zu simulieren, assistiert Meiers als erstes bei der Suche nach dem idealen Bogen. Die Teilnehmerinnen setzen drei Punkte.
"Anfang, Mitte, Ende - zeig mal – ja!"
Mit dem Augenbrauenpuderstift tragen die Patientinnen die Brauen-Farbe zunächst auf den Handrücken auf, nehmen sie dann mit gleichmäßigen Strichen in einen schräg geschnittenen Pinsel auf. Dessen Spitze setzen sie im inneren Augenwinkel an.
"Wie schön das weichgezeichnet wird – ach, ist das toll! Wer jetzt noch Wimpern besitzt, tuscht sie jetzt mit der Wimperntusche."
"Da sind ja nur noch 2,3 – ich tusch' trotzdem." Sagt Brigitte. Und gibt den anderen im Weinheimer Seminar noch Tipps, wo es künstliche Wimpern gibt und den besten Kleber dafür.
Barcode-Scan zeigt Hormone in Produkten an
In einem Mainzer Seminar hatte Nicole vor Seren gewarnt, die versprechen, Haare wachsen zu lassen. Erkrankt an einem hormonempfindlichen Tumor, wollte die Brustkrebs-Patientin kein Risiko eingehen, "das Ergebnis nach der Therapie ungünstig zu beeinflussen". Ihre Kosmetika scannt Nicole daher mit dem sogenannten Tox-Fox, einer Smartphone-App des Bundes für Umwelt und Naturschutz, kurz BUND.
"Und da gehe ich durch die Drogerien. Und durch den Barcode auf dem Produkt entdeckt diese App sofort, ob das Produkt hormonfrei ist. Wenn's hormonfrei ist, ist ein schönes rotes Herz zu sehen." Wenn nicht, lässt Nicole es im Regal.
(Meiers) "Und was sagt ihr jetzt?" – Sevil: Ich find's super!"
In Weinheim gehen zwei Kosmetik-Stunden zu Ende. Die weichgezeichneten Brauen geben den Gesichtern Ausdruckskraft. Make up und Rouge habe nicht nur den Teint, sondern auch die Stimmung aufgehellt. Sevil schickt ein Selfie an ihre Familiengruppe. 'Mir geht’s gut', ist die Botschaft, die sie nicht drunter schreiben muss.