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Kosovo
Die Hürden eines jungen Staates

Obwohl der russische Präsident Wladimir Putin gern diese Parallele zieht: Die Unabhängigkeit des Kosovo und die aktuellen Probleme des Balkan-Staates sind mit der Situation auf der Krim und mit der Lage in der Ost-Ukraine nicht vergleichbar. Dennoch ist die Entwicklung des neuen Staates aufschlussreich.

Von Ralf Borchard |
    Prizren im Kosovo
    Prizren im Kosovo (picture-alliance/ dpa / Matthias Schrader)
    Er lenkt die Geschicke dieses jungen Staates, der sich 2008 für unabhängig erklärt hat: Hashim Thaci, früher Kommandeur der kosovarischen Befreiungsarmee UCK, heute Regierungschef. Thaci betont, das historische Abkommen mit Serbien - unter EU-Vermittlung geschlossen - sei der entscheidende Schritt zur territorialen Integrität des Kosovo.
    Fernziel des nur 1,8 Millionen Einwohner zählenden Landes: die EU-Mitgliedschaft. Doch bis dahin ist der Weg noch weit, das weiß auch der Außenminister des Kosovo, Enver Hoxhaj, der gut deutsch spricht:
    "Jetzt sind wir in der ersten Phase. Und ich glaube, eine völlige Normalisierung der Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien kann erst dann geschehen, wenn sich die Republik Kosovo und die Republik Serbien gegenseitig anerkennen."
    Die Abspaltung des Kosovo
    Kosovo war früher Teil Jugoslawiens, dann weitgehend autonome Provinz Serbiens. 1999, im Kosovo-Krieg, intervenierte die NATO, nachdem der UN-Sicherheitsrat schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch serbische Truppen festgestellt hatte. Es bestand laut UN die Gefahr eines Völkermords an der mehrheitlich albanischstämmigen Bevölkerung.
    Die NATO-Intervention fand ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats statt - Russland blockierte. Doch Völkerrechtler betonen den wesentlichen Unterschied zur Lage auf der Krim und im mehrheitlich von Russen bewohnten Osten der Ukraine: Hier bestand zu keiner Zeit die Gefahr, dass die Bevölkerung Opfer verbrecherischer ukrainischer Gewaltmaßnahmen wird. Der NATO-Einsatz gegen Serbien diente humanitären Zielen - als Kosovo im Anschluss unter UN-Aufsicht gestellt wurde, stimmte im Sicherheitsrat auch Russland zu.
    Dennoch bleiben die Probleme des Kosovo groß, vor allem im Norden, wo sich die serbische Bevölkerungsminderheit konzentriert. Die meisten Serben dort weigern sich, die Autorität der von Albanern dominierten Zentralregierung in Pristina anzuerkennen. Nach wie vor sind internationale Kfor-Truppen im Land, darunter 700 Bundeswehr-Soldaten, die EU-Rechtsstaatsmission EULEX hat große Mühe, ein funktionierendes Polizei- und Justizsystem aufzubauen.
    Neuwahlen am 8. Juni
    Jüngstes Beispiel für die mangelnde Autorität der Regierung Thaci: Die serbische Minderheit, die im Parlament aufgrund von Schutzklauseln großen Einfluss hat, boykottiert die Bildung einer eigenen Armee des Kosovo, geplant für 2019 in einer Stärke von 5000 Mann. Das Parlament wurde vor wenigen Tagen aufgelöst, am 8. Juni gibt es vorgezogene Neuwahlen. Und trotz aller Annäherung mit Serbien fehlt Kosovo nach wie vor auch die staatliche Anerkennung von fünf EU-Staaten – Spanien, Rumänien, Griechenland, Zypern und Slowakei. Trotzdem, sagt Außenminister Enver Hoxhaj, langfristig müsse die EU den ganzen Westbalkan integrieren - auch Kosovo:
    "Politisch wird Europa ein einheitliches Europa, wenn der Rest des Westbalkans Teil von Europa wird. Die Europäische Union muss auch langfristig denken, wie diese Union in zehn Jahren, in 20 Jahren sein wird."
    Und der deutsche EULEX-Chef Berndt Borchardt betont:
    "Wenn wir diese Länder nicht unterstützen, in ihrer weiteren Entwicklung, gerade in ihrer rechtsstaatlichen Entwicklung, dann werden wir die Folgen zu spüren bekommen, über Kriminalität, die keine Grenzen kennt."