Stefan Römermann: "Roaming" – das ist mal wieder eines dieser Fremdworte, die sich in die deutsche Sprache eingeschlichen haben. Die Idee dahinter ist es, dass ich im Urlaub im Ausland problemlos mit meinem Handy oder Smartphone telefonieren oder im Internet surfen kann. Das war lange Zeit extrem teuer, da die fremden, die ausländischen Mobilfunkanbieter dafür hohe Roaming-Aufschläge verlangt haben. Damit ist seit vergangenem Monat Schluss. Die EU hat die Roaming-Kosten offiziell abgeschafft. Darüber spreche ich jetzt mit Stefanie Siegert von der Verbraucherzentrale Sachsen. Frau Siegert, was ist denn insgesamt Ihr Eindruck? Wie läuft es denn mit der Abschaffung der Roaming-Gebühren?
Stefanie Siegert: Wir konnten ja erst einen kurzen Einblick in diese Geschichte erlangen, weil ja erst seit 15. Juni die Roaming-Gebühren abgeschafft worden sind. Es ist ein bisschen schwierig. Auf der einen Seite haben wir jetzt nicht viele Beschwerden bekommen in der letzten Zeit. Aber wir haben auch festgestellt, dass beispielsweise der Anbieter o2 nicht unbedingt automatisch umgestellt hat, so wie es die Verordnung vorgesehen hat.
"Für den einzelnen Verbraucher schwierig einzuschätzen"
Römermann: Was heißt das in der Praxis? Was müssen o2-Kunden beachten?
Siegert: o2-Kunden, die beispielsweise einen alternativen Tarif haben – das heißt, die hatten beispielsweise vorher schon ein EU-Datenpaket -, müssen das bei ihrem Anbieter beantragen und bekommen erst dann den regulierten Tarif. Das ist für den einzelnen Verbraucher ein bisschen schwierig einzuschätzen, weil keiner weiß ja manchmal so richtig, was steht eigentlich in meinem Tarif drin. Man sollte also seinen Vertrag prüfen oder beim Anbieter anfragen, ob man bereits in dem regulierten EU-Roaming-Tarif drin ist oder nicht.
Römermann: Aber eigentlich sollte das doch alles automatisch gehen. Habe ich doch richtig verstanden?
Siegert: Ja, das war das Ansinnen. Wie das aber manchmal dann so ist: Die Verordnung ist in Kraft getreten und Verordnungen oder Gesetze sind manchmal auch auslegungsbedürftig, und da das dort ein bisschen schwammig geregelt ist, machen sich das jetzt einige Anbieter oder zumindest der Anbieter o2 – da haben wir es zuerst festgestellt – zu eigen und differenzieren da jetzt noch mal.
"Was rauskommt, müssen wir abwarten"
Römermann: Gehen die Verbraucherzentralen in irgendeiner Form dagegen vor?
Siegert: Ja. Der VZBV, unser Dachverband, beispielsweise hat o2 genau deswegen jetzt abgemahnt. Aber was da rauskommt, da müssen wir jetzt mal schauen.
Römermann: Verbrauchern raten Sie aber trotzdem, allen o2-Kunden raten Sie, im Zweifelsfall genau hinzuschauen?
Siegert: Genau. Im Zweifelsfall raten wir das jetzt allen o2-Kunden, weil wie gesagt: die Umsetzung der Verordnung ist recht frisch. Das heißt, wir haben jetzt hier noch nicht ein besonders großes Feedback bekommen. Im Zweifel sollte einfach jeder Verbraucher mal bei seinem Anbieter nachfragen, ob er in dem regulierten Tarif drin ist oder nicht.
Genau hingucken bei Vertragsabschluss
Römermann: Es war ja nicht nur o2, der interessante Lücken in dieser Verordnung ausgenutzt hat. Es gab ja auch noch das Schlagwort von den AFD-Tarifen. Das hat nichts mit der Partei zu tun, oder?
Siegert: Nein, hat es nicht. AFD-Tarife, die Allein Für Deutschland Tarife, sind nationale Tarife. In der Verordnung ist es so: Man kann als Anbieter beispielsweise ausschließen, dass man Roaming anbietet. Das heißt, dieser Tarif funktioniert dann auch nur national, hier in dem Fall nur in Deutschland.
Römermann: Ich kann dann tatsächlich mit meinem Telefon nicht mehr im Ausland telefonieren?
Siegert: Genau. Das würde nicht funktionieren. Roaming funktioniert nicht im Ausland, wenn ich so einen Tarif wähle. Da sollte ich natürlich genau hingucken, wenn ich einen Vertrag abschließe. Meistens sind solche Tarife recht günstig. Daran könnte ich das vielleicht erkennen. Aber im Grunde genommen müsste mich der Anbieter natürlich dann auch über den Tarif informieren.
"Roaming-Option darf ausgeschlossen werden"
Römermann: Sind solche Sachen denn tatsächlich legal, oder ist das auch schon zumindest in einer Grauzone, was da passiert?
Siegert: Na ja. Diese nationalen Tarife, das ist legal. Die dürfen tatsächlich die Roaming-Option ausschließen und nur diesen nationalen Tarif anbieten.
Römermann: Haben Sie inzwischen beobachten können, ob sich das ausbreitet, dass gerade die günstigen Tarife jetzt stärker angeboten werden, dass nur noch für Deutschland gültige Tarife angeboten werden?
Siegert: Das konnten wir in der Form jetzt noch nicht beobachten. Hinzu kommt, dass es ja auch sogenannte Fair Use Regeln gibt.
Römermann: Was ist das?
Siegert: Fair Use Regeln sind Regularien, die vor missbräuchlicher Nutzung schützen sollen. Das bedeutet: Beispielsweise ich kaufe mir meine SIM-Karte in Deutschland oder habe einen Mobilfunkvertrag und bin dann aber zehn Monate im Ausland. Dann kann der Mobilfunkanbieter nach der Verordnung mir über das kostenfreie Roaming hinaus Aufschläge aufdrücken.
Im Zweifel noch mal nachfragen
Römermann: Das kann dann doch teuer werden. - Eine andere Sache, die man noch bedenken muss, ist, glaube ich, dass das kostenfreie Roaming auch tatsächlich nur wirklich in EU-Staaten gilt. Das heißt, das kann auch schon zu Schwierigkeiten führen?
Siegert: Genau. Die Schweiz ist beispielsweise nicht mit dabei. Liechtenstein, Norwegen, Island sind noch mit dabei, der europäische Wirtschaftsraum. Aber auch hier würde ich im Zweifel immer noch mal nachfragen, bevor ich ins EU-Ausland fahre.
Römermann: Stefanie Siegert von der Verbraucherzentrale Sachsen – ich sage vielen Dank für das Gespräch.
Siegert: Gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.