Archiv

Kräfteverhältnisse im Nahen Osten
"Der Iran muss nicht um seine Vormachtstellung bangen"

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat Israel in einem Interview das Recht auf einen eigenen Staat zugestanden. Dieser Vorstoß wird auch als Versuch gewertet, eine Allianz gegen den Iran aufzubauen. Dieser sei Saudi-Arabien jedoch strategisch überlegen, erklärt der langjährige Nahost-Korrespondent Reinhard Baumgarten.

Reinhard Baumgarten im Gespräch mit Britta Fecke |
    Irans Präsident Hassan Rohani bei einer Rede während einer Militärparade in Teheran. Hinter ihm stehen Angehörige der Armee.
    Irans Präsident Hassan Rohani bei einer Militärparade - "Der Iran will weder Israel noch die USA mit Kampfflugzeugen und Panzern vor der Haustür stehen haben, deshalb agiert er seit 1979 strategisch in der Vorwärtsverteidigung", so Baumgarten. (AFP)
    Der Iran habe seine Position im Nahen Osten in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut, betonte Baumgarten. Das habe auch mit den Niederlagen der USA zu tun, die im Irak "krachend gescheitert" seien und auch im Kampf gegen die islamische Radikalisierung in Afghanistan keine Erfolge erzielt hätten. Im Wettkampf der Großmächte seien die Iraner seit Jahrzehnten geübt, subversiv und strategisch zu handeln - "und darin sind sie einfach richtig gut", erklärt Baumgarten.
    Saudi-Arabien dagegen habe sich lange auf die Amerikaner verlassen und agiere relativ ungeschickt. Als Beispiel führte Baumgarten den Krieg im Jemen an, "wo jeden Tag 25 Millionen Dollar in Rauch" aufgingen. Kronprinz Mohammed bin Salman habe sich verritten, der Krieg bringe nicht die gewünschten Ergebnisse. Der Iran setze Saudi-Arabien zudem durch seine Einmischung in den Jemen-Krieg unter Druck. "Der saudische Hase versucht, das Rennen zu gewinnen, doch der iranische Igel ist immer schon da", so Baumgarten.
    "Palästinenser fühlen sich von Saudi-Arabien im Stich gelassen"
    Der Iran müsse daher nicht um seine Vormachtstellung in der Region bangen, selbst wenn es zu einer Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien käme, urteilte Baumgarten. Die Worte des saudischen Kronprinzen seien zudem wohlfeil: Eine Initiative Saudi-Arabiens und der Arabischen Liga habe bereits im Jahr 2002 in Aussicht gestellt, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, wenn Israel auch einen Palästinenserstaat zulasse. Diese klare Bedingung von damals habe Bin Salman allerdings jetzt nicht mehr formuliert - und damit die Palästinenser vor den Kopf gestoßen. "Viele Palästinenser fühlen sich von großem Bruder Saudi-Arabiens im Stich gelassen", so Baumgarten.
    Reinhard Baumgarten berichtete als ARD-Korrespondent viele Jahre aus Teheran, Kairo und Istanbul.