So, die erste Schraube sitzt. Der irakische Soldat im Mittelpunkt des Geschehens schraubt vermutlich nicht zum ersten Mal, doch sicherlich werden ihm diese Minuten vor Kameras, Mikrofonen und den wachsamen Augen einer deutschen Verteidigungsministerin in Erinnerung bleiben. Annegret Kramp-Karrenbauer hat die politischen Gespräche in Bagdad hinter sich. Jetzt ist sie in Taci, einem Militärlager, in dem die Bundeswehr irakische Soldaten ausbildet. Die Schrauberei gehört in den Bereich Pionier-Hochbau. Der Ausbildungsleiter, ein Major, sagt:
"Wir sehen gerade, wie irakische Soldaten von deutschen Soldaten dabei angeleitet werden, eine Holzbank zusammenzusetzen und das ist symbolträchtig gemeint nämlich, dass wir die irakischen Kräfte dazu befähigen wollen, sich ihre eigene Infrastruktur zu schaffen, um ihren eigenen Einsatzwert zu erhöhen."
Die Rolle Deutschlands in der Anti-IS-Koalition
Das Ganze zieht sich, deshalb verlassen wir kurz diese Szene deutsch-irakischer Partnerschaft. In Bagdad dominierte Stunden zuvor dieselbe Frage, wie schon in Jordanien. Wie wichtig ist Deutschland hier als Teil der Anti-IS Koalition? Christopher Ghika, britischer Generalmajor, ist stellvertretender Oberbefehlshaber der Koalition. Ein Mann, der nicht lange drum herumredet. Der deutsche Beitrag sei von fundamentaler Wichtigkeit, ohne ihn wäre die Koalition geschwächt, so Ghika. Kramp-Karrenbauer hört es gern und die anwesenden SPD-Bundestagsabgeordneten merken allmählich, dass diese anhaltende Tonlage vor allem für sie getroffen wird. Zu beneiden sind die SPD-Politiker hier nicht. Die Delegation wird sich heute mit Frauen treffen, die teilweise über Jahre in IS-Gefangenschaft waren, versklavt, verkauft und missbraucht wurden. Selbst eine Menschenrechtsaktivistin wie Düzen Tekkal, die sich dem Schutz der Jesidinnen vor dem IS verschrieben hat, plädiert für die Fortsetzung eines militärischen Mandats. Auch sie ist mit Kramp-Karrenbauer unterwegs:
"Mein Appell an die SPD Freunde ist im Grunde genommen, zu sagen, dass Frieden belastbar sein muss, verteidigt sein muss, Friedenspartei hört sich gut an, aber ist nichts als Lack, wenn wir den nicht verwerten. Es geht nicht darum, Krieg zu führen sondern es geht darum realistische Friedensarbeit zu leisten."
ABC-Schutz und Holzbänke bauen
Die Holzbank ist als solche so langsam zu erkennen. Die Ministerin verfolgt das Ganze geduldig, sie sei ja handwerklich nicht so begabt, gibt Kramp-Karrenbauer zu. Die Frage, braucht man wirklich Bundeswehrsoldaten, um den Irakern beizubringen, wie man Holzbänke baut, liegt in der Luft. Ja, auch die Vermittlung grundlegender handwerklicher Fähigkeiten sei sinnvoll, so Kramp-Karrenbauer:
"Im Übrigen wird hier auch vermittelt, etwa im Bereich ABC-Schutz. Ich hatte eben auch die Gelegenheit, mit den irakischen Soldaten zu sprechen, die die deutschen Ausbilder sehr schätzen, weil sie sagen, dass ist eine Ausbildung, die Wert legt auf Qualität und das ist eigentlich ein schönes Kompliment und das ist ein guter Grund, um weiterzumachen."
Grüne Abgeordnete bleibt skeptisch
Canan Bayran sieht das ganz anders. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen ist und bleibt skeptisch. Sie ist sicher, die Grünen werden einem Mandat für die Bundeswehr im Irak nicht zustimmen.
"Ich sag ganz ehrlich, mir fehlt hier der Plan."
So, die Holzbank steht. Annegret Kramp-Karrenbauer nimmt Platz. In der Mitte. Und damit das nicht verloren wirkt, setzt sich Parteifreund Ingo Gädechens schnell rechts daneben. Der linke Platz ist frei, AKK ahnt vielleicht die Symbolkraft der Bilder und ruft den SPD-Abgeordneten Nils Schmid:
"Herr Schmid, kommen sie mit, damit die Koalition auf einer Bank sitzt."
Und da sitzen sie nun. Auf einer Holzbank, die es eine halbe Stunde früher nicht gegeben hat. Als politisches Trio auf einer Regierungsbank, von der niemand weiß, wie lange es sie noch geben wird.