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Kramp-Karrenbauer (CDU) zu Konjunkturpaket
"Ein gutes Kraftpaket für Deutschland"

Nach Ansicht der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer setzen die Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise richtige Akzente für Wirtschaft, Kommunen und Familien. Sowohl vom Inhalt als auch vom Volumen her sei das Paket der historischen Herausforderung angemessen, sagte sie im Dlf.

Annegret Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (dpa/ picture alliance/ Michael Sohn)
Mit umfassenden Maßnahmen will die Bundesregierung den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise entgegensteuern. Dafür gibt der Staat im diesen und im nächsten Jahr zusammen 130 Milliarden Euro aus. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer begrüßte im Dlf das beschlossene Konjunkturpaket. Es sei der CDU immer wichtig gewesen, ein Paket auf die Beine zu stellen, "das nicht nur kurzfristige Effekte hat, sondern auch in die Zukunft weist".
Pressekonferenz zur Vorstellung des Konjunkturpaketes nach dem Koalitionsgipfel von SPD und CDU/CSU. Ralf Brinkhaus, CDU/CSU Fraktionsvorsitzender, Ministerpräsident von Bayern, Markus Soeder, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Olaf Scholz
Konjunkturpaket: Die Beschlüsse in der Kurzübersicht
Unter anderem sind eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer, Kaufprämien für E-Autos und ein Familienzuschuss geplant. Außerdem werden Kommunen entlastet.
Kramp-Karrenbauer verteidigte den beschlossenen Familienbonus von 300 Euro pro Kind. Es sei ein klares Signal der Unterstützung. Ergänzt würde dieser außerdem durch eine steuerliche Entlastung für Alleinerziehende und mehr Mittel für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Kitas und Schulen. Die Digitalisierung in den Schulen werde zudem verstärkt gefördert.
Auch die Kommunen würden durch die Maßnahmen entlastet. "Ich habe als Ministerpräsidentin und ehemalige Kommunalministerin schon viele kommunale Pakete verhandelt. Das ist eines der größten und wirksamsten, das ich mitunterzeichnen konnte. Und deswegen ein guter Tag für die Kommunen", so Kramp-Karrenbauer.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)

Das Interview in voller Länge:
Heckmann: Frau Kramp-Karrenbauer, die SPD hat sich durchgesetzt mit dem Familienbonus, auch damit, dass es keine Kaufprämie für Verbrennerautos geben wird. Hat sich die SPD stärker durchgesetzt als die Union?
Kramp-Karrenbauer: Zuerst einmal: Es ist ein gutes Paket, ein gutes Kraftpaket für Deutschland, und es ist eine Gemeinschaftsleistung. Für uns als CDU war es immer wichtig, dass wir ein Paket haben, das nicht nur kurzfristige Effekte hat, sondern auch in die Zukunft weist, das die richtigen Akzente setzt, sowohl für Familien, für Kommunen, aber insbesondere auch für die Wirtschaft. Das haben wir erreicht und deswegen bin ich als CDU-Vorsitzende rundum zufrieden.
"Wir sind in einer historischen Situation in Europa und auch in Deutschland"
Heckmann: 130 Milliarden Euro ist das Paket schwer. Jetzt gibt es einige, die sagen, eine Erholung der Wirtschaft wäre früher oder später ohnehin gekommen. Die größte Oppositionspartei, die AfD ist ohnehin der Meinung, dass der Shutdown völlig überzogen gewesen ist. Reißen Sie nach dieser Entscheidung jetzt zusätzlich noch ein riesen Loch in den Haushalt auf Kosten der nächsten Generationen?
Kramp-Karrenbauer: Diese Krise, die wir mit Corona erleben, ist eine, wie wir sie so noch nie kannten, und zwar weltweit im Gesundheitspunkt und auch in den wirtschaftlichen Folgen. Wir sind in einer historischen Situation in Europa und auch in Deutschland, und deswegen ist dieses Paket im Inhalt, aber auch von seinem Volumen her dieser historischen Herausforderung vollkommen angemessen.
Heckmann: … vollkommen angemessen. – Überraschend war die Senkung der Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr. Wie lange gibt es diese Überlegung?
Kramp-Karrenbauer: Das ist eine Überlegung, die zumindest ich persönlich schon seit einer geraumen Zeit auch immer wieder angesprochen habe. Aber wie das so ist mit guten Ideen: Man muss das vorsichtig machen, man muss es auch hinter den Kulissen ein bisschen machen, um die Verbündeten zu finden. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist – und der war jetzt -, dann wird diese Idee sich auch durchsetzen, und ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Signal, jetzt auch kurzfristig Branchen wie zum Beispiel den Einzelhandel mit zu unterstützen. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir uns darauf gestern wirklich alle gemeinsam verständigt haben.
"Wir stützen weiter"
Heckmann: Aber besteht nicht die Gefahr – dieser Posten kostet immerhin 20 Milliarden Euro -, dass das nur ein Strohfeuer auslöst, weil im kommenden Jahr wird das ja wieder rückgängig gemacht?
Kramp-Karrenbauer: Das ist in der Tat etwas, was man genau überlegen muss, und die Gefahr wäre natürlich da, wenn das die einzige Maßnahme ist. Aber wir stützen weiter. Wir werden ja insbesondere im nächsten Jahr auch für 90 Prozent der Bevölkerung zum Beispiel den Soli abschaffen. Das war sowieso schon vereinbart.
Heckmann: Das war ja schon geplant.
Kramp-Karrenbauer: Genau. – Aber das ist im Geldbeutel ja noch nicht angekommen. Wir setzen auch darauf, dass wir weitere Prämien haben, etwa wenn es um die Frage geht, wie wir klimafreundliche Mobilität anreizen. Wir unterstützen insbesondere auch Investitionen in die Zukunft, entlasten Kommunen, damit auch die Investitionen der öffentlichen Hand. Alles das trägt dazu bei, dass wir wirtschaftliches Wachstum haben, damit sichere Arbeitsplätze und damit Verbraucherinnen und Verbraucher, die auch im nächsten Jahr konsumieren werden.
"Klares Signal der Unterstützung auch für Familien"
Heckmann: Frau Kramp-Karrenbauer, Sie haben sich ja mit der SPD geeinigt auf einen Familienbonus, auf Druck der SPD auch hin. 300 Euro pro Kind. Was, frage ich an der Stelle, soll der bringen? Ist das nicht ein Witz?
Kramp-Karrenbauer: Es ist alles andere als ein Witz. Die Familien haben in den letzten Wochen wirklich eine ganz, ganz große Last getragen.
Heckmann: Und dafür 300 Euro?
Kramp-Karrenbauer: Nein, nicht mit 300 Euro alles abzudecken, aber es ist ein klares Signal der Unterstützung auch für Familien, insbesondere die, die Kinder haben. Es wird ergänzt durch eine steuerliche deutliche Besserstellung für die nächsten Monate für Alleinerziehende. Es wird ergänzt durch Geld, das wir in einen schnelleren und besseren Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Kindertagesstätten, in den Schulen setzen. Es wird ergänzt, dass wir mehr Kosten übernehmen auch beim Thema der Digitalisierung der Schulen, und vor allen Dingen das gekoppelt an die Verpflichtung der Länder, dass auch die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer noch besser fortgebildet werden. Denn wir haben in dieser Corona-Krise gesehen, dass der digitale Unterricht in Deutschland alles andere als gleichmäßig war von der Qualität. Alles das sind wichtige Punkte und sind Fragen, die Familien in Deutschland interessieren.
Heckmann: Ist klar, dass Sie das unterbringen möchten. Sei Ihnen gegönnt. Trotzdem gibt es die Kritik der Präsidentin des Sozialverbands VDK, Verena Bentele. Die hat in der Rheinischen Post diese Prämie für Familien, diese 300 Euro pro Kind kritisiert. Viel zielgenauer wäre es gewesen, nur arme und bedürftige Familien zu unterstützen.
Kramp-Karrenbauer: Wir haben hier durch die Tatsache, dass diese 300 Euro zum einen versteuert werden müssen, zum anderen aber zum Beispiel nicht auf Hartz IV angerechnet werden, eine klare soziale Komponente – gemäß dem Motto: Starke Schultern tragen mehr als schwache. Das ist auch CDU-Position. Wenn man das Paket insgesamt zusammennimmt, insbesondere auch die Förderung der Alleinerziehenden, dann ist das aus meiner Sicht ausgewogen.
"Ein guter Tag für die Kommunen"
Heckmann: Ein wichtiger Punkt ist ja auch die Entlastung der Kommunen. Das war ja auch ein zentraler Punkt. Jetzt übernimmt der Bund einen größeren Anteil an den Unterkunftskosten, die anfallen für Hartz-IV-Empfänger. Der Finanzminister Olaf Scholz hatte aber ja gefordert, die Altschulden der Kommunen zu übernehmen. Das wird es jetzt nicht geben. Haben Sie eine Chance verpasst, den Kommunen, die am stärksten verschuldet sind, eine Perspektive zu geben?
Die Eingangstüren eines geschlossenen Hallenbades in Duisburg ist mit Spanplatten verschlossen
Klamme Kommunen - Wer die Schulden der Städte bezahlen soll
Etwa ein knappes Fünftel aller Kommunen hat Altschulden, viele davon liegen in Nordrhein-Westfalen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat angekündigt, betroffenen Kommunen zu helfen.
Kramp-Karrenbauer: Das Thema Altschulden ist ein Thema schon seit sehr langer Zeit und es ist umstritten zwischen den Bundesländern selbst, weil wir eine sehr unterschiedliche Situation in den einzelnen Bundesländern haben. Es war vereinbart, dass der Finanzminister mit den Bundesländern eine Lösung findet. Die liegt bisher nicht auf dem Tisch. Und wir haben gesagt, wir gehen einen Weg, indem vor allen Dingen in den laufenden und immer wieder steigenden Kosten – und das sind zurzeit weniger die Zinslasten aus Altschulden, sondern insbesondere durch die sozialen Folgen, auch von Corona steigenden Soziallasten etwa bei dem Thema Kosten der Unterkunft -, dass wir dort die Kommunen auf Dauer entlasten. Der Bund wird drei Viertel dieser Kosten auf Dauer übernehmen. Und wenn ich mir die Reaktionen der kommunalen Spitzenverbände anschaue, auch meiner eigenen kommunalpolitischen Vereinigung, zusammengenommen mit der Entlastung bei der Gewerbesteuer, zusammengenommen mit Investitionsanreizen und Unterstützung, zusammengenommen mit dem Punkt, dass wir die Kommunen in diesem Jahr auch mit mehr Regionalisierungsmitteln ausstatten, dann ist das ein wirklich großes Paket für Kommunen. Ich habe als Ministerpräsidentin und ehemalige Kommunalministerin schon viele kommunale Pakete verhandelt. Das ist eines der größten und wirksamsten, das ich jedenfalls mit unterzeichnen konnte, und deswegen finde ich, ein guter Tag für die Kommunen.
Schnelle Umsetzung geplant
Heckmann: Frau Kramp-Karrenbauer, Unions-Fraktionschef Brinkhaus hat gestern gemeinsam mit den anderen Spitzen von Union und SPD die Ergebnisse präsentiert, auch mit Angela Merkel; nicht Sie. Zeigt dies das Kräfteverhältnis zwischen Partei und Fraktion in der Union?
Kramp-Karrenbauer: Nein. Es war zwischen Ralph Brinkhaus und mir so verabredet. Wir haben schon in der Vorbereitung zu diesem Koalitionsausschuss sehr eng zusammengearbeitet, Partei mit Fraktion. Es ist ganz klar, dass jetzt die Hauptlast der Umsetzung auch bei der Bundestagsfraktion liegt, und deswegen halte ich es auch für angemessen, dass der Fraktionsvorsitzende die Ergebnisse mit präsentiert.
Heckmann: Wie schnell werden Sie an die Umsetzung gehen?
Kramp-Karrenbauer: So schnell wie möglich. Wir haben ja Maßnahmen gesetzt wie die Mehrwertsteuer, die ab dem 1. 7. greifen. Das heißt, wir werden heute unsere Gremien im Bundesvorstand informieren. Das Gleiche geschieht heute auch mit den Fraktionsgremien. Dann werden die Ärmel hochgekrempelt und dann geht es ans Umsetzen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.