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Krankenhäuser
Wie in einer Auto-Werkstatt

Klinikreform, Ärztemangel, überlange Wartezeiten: An Reizthemen mangelt es auf den Fluren deutscher Krankenhäuser nicht. Doch eines sorgt auf dem Deutschen Ärztetag in Düsseldorf für besonders starke Beschwerden, die Einführung eines Qualitätsinstituts. Ärzte fragen sich, wem das eigentlich nützt.

Von Nikolaus Nützel |
    Eine Ärztin hält einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrat - im Volksmund "Blutkonserve" genannt - in einem Operationssaal des Universitätsklinikums Münster.
    Damit der Motor wieder rund läuft: Eine Ärztin hält einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrat - im Volksmund "Blutkonserve" genannt - in einem Operationssaal des Universitätsklinikums Münster. (dpa / Friso Gentsch)
    "Grüß Gott, Sie sind heute neu zu uns auf die Station gekommen. Warum kommen Sie denn zu uns? - Auf dieser Seite vor zwei Wochen habe ich Schmerzen bekommen...."
    Es ist ein alltägliches Gespräch, das Dr. Thorsten Radons führt. Ein Patient ist mit Atembeschwerden in die Kreisklinik Erding bei München eingewiesen worden. Der Patient ist nicht mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen, deswegen ist es für den Internisten nicht ganz einfach, etwas über die Krankheitsgeschichte zu erfahren.
    Thorsten Radons kennt die Diskussionen darüber, dass die Qualität deutscher Krankenhausmedizin besser messbar und transparenter werden soll. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe von der CDU will ein zentrales Qualitätsinstitut einrichten und sogenannte Rankings, also Qualitätsvergleiche. Auch der Deutsche Ärztetag, der heute in Düsseldorf begonnen hat, diskutiert bis zum Wochenende über solche Themen. Der Internist aus Erding verfolgt die Debatten mit zwiespältigen Gefühlen.
    "Ich habe dabei ein ungutes Bauchgefühl, weil ich eigentlich erlebe, dass die Dinge, die da vielleicht, sagen wir mal, in der Industrie bewährt sind, sich nicht ohne weiteres auf das Gesundheitswesen übertragen lassen."
    Kranke Menschen sind etwas anderes als die Montage von Autos
    Der Begriff Qualitätsmanagement hat sich tatsächlich vor etlichen Jahrzehnten vor allem in der Auto-Industrie durchgesetzt. Die Behandlung kranker Menschen in einer Klinik sei aber etwas anderes als die Montage von Autos in einer Werkhalle, sagt Thorsten Radons.
    Ein Automechaniker füllt Öl in einen Motor.
    Klinisch rein wie im OP: Ein Automechaniker füllt Öl in einen Motor (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    "Ich habe mal eine Werksbesichtigung bei Audi in Ingolstadt gemacht. Und da läuft dann ein gleichförmiges Auto da durch. Jedes Auto hat an derselben Stelle den Schweißpunkt, jedes Auto hat an derselben Stelle das Scharnier, jedes Auto hat an derselben Stelle den Kabelstrang. Die haben eine unterschiedliche Farbe, das eine hat ein Schiebedach, das nächste vielleicht noch Accessoires wie Leichtmetallfelgen oder einen Spoiler dran, das macht den Unterschied bei den Autos. Aber der Kern, der Bauplan ist natürlich gleich. Bei Menschen ist es so: es gibt natürlich einen allgemeinen Bauplan, das ist die Anatomie. Aber jeder Mensch ist für sich, da wir natürlich auch ein Wesen haben, ist unterschiedlich."
    Die Frage "Was ist gute Qualität für alle Patienten?", die die Bundesregierung stärker in den Mittelpunkt stellen will, geht nach Ansicht des Arztes grundsätzlich in eine falsche Richtung – ihm ist die Frage wichtiger: "Was ist gut für den jeweiligen einzelnen Patienten?" Deswegen hält Thorsten Radons die Einführung eines zentralen Qualitätsinstituts oder von Krankenhaus-Rankings nicht für einen Fortschritt.
    "Ob das das Gesundheitswesen verbessert oder auch das Krankenhauswesen, das bezweifle ich doch stark."
    Rund 600 Kilometer entfernt von Erding hat in Berlin Josef Hecken seinen Arbeitsplatz. Er ist der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses Ärzte, Krankenkassen und Krankenhäuser. Dieses Gremium kennen nur wenige Bürger - obwohl es die mächtigste Institution im deutschen Gesundheitswesen ist. Hecken hat sich für die nächsten Jahre einiges vorgenommen. Er will Qualitätsberichte, die Krankenhäuser jetzt schon veröffentlichen müssen, auch für den ganz normalen Durchschnitts-Patienten lesbar machen.
    Die beste Behandlungsqualität
    "Wir haben ja heute die Krankenhaus-Qualitätsreporte, die etwa 300 Parameter auflisten, ungewichtet nebeneinander schreiben, so dass der Einzelne damit kaum etwas damit anfangen kann. Diese Qualitätsreporte sollen in Richtung eines echten Krankenhausrankings verdichtet werden, so dass der einzelne bei Hüft-Endoprothetik oder was auch immer auf der Basis belastbarer, nachvollziehbarer Daten nachschauen kann, wo eben beste Behandlungsqualität in welchem Krankenhaus gewährleistet ist."
    Der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses hofft: Wenn es wirklich gut verstehbare Qualitätsvergleiche gibt, dann wird dadurch der Druck der Patienten auf Krankenhäuser größer, noch besser zu arbeiten. Vor allem hofft Hecken aber darauf, dass die Kliniken sich auf bestimmte Leistungen konzentrieren, bei denen das jeweilige Krankenhaus - laut Ranking - besonders erfolgreich ist.
    "Längerfristig wird dann auch Krankenhausplanung an Qualität und Qualitätsstandards orientiert, in der großen Hoffnung, dass es dann gelingt, Schwerpunkte zu bilden; Häuser, die bestimmte Spezialitäten haben, das auch gut machen, zu stärken in diesen Bereichen - und auch, insbesondere in ländlichen Regionen, Umstrukturierungen vorzunehmen."
    Der eigentliche Härtetest
    Umstrukturierungen vornehmen - das ist eine vornehme Umschreibung dafür, dass durch stärkeren Wettbewerb auch der finanzielle Druck steigt, mit der Folge, dass einzelne Abteilungen oder auch ganze Krankenhäuser schließen. Nach Ansicht vieler Gesundheitsökonomen sind bis zu rund 20 Prozent der Klinikbetten in Deutschland eigentlich überflüssig. Daran möchte auch der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses Josef Hecken etwas ändern. Er wünscht sich, dass Krankenhäuser, die keine gute Qualität liefern, weniger oder eventuell gar kein Geld von den Versicherungen mehr bekommen.
    "Weil über die Ökonomie der Betrieb einer Abteilung, die eben bestimmte Strukturanforderungen nicht erfüllt und deswegen keine Vergütung mehr bekommt, sich nicht mehr lohnt - und der goldene Zügel des Geldes das beste Instrument ist, um Qualität durchzusetzen."
    Im Mittelpunkt stehe aber die Behandlung der Patienten, sagt Hecken. Wenn Fachleute sich mit Daten etwa über die Sterblichkeit oder Statistiken über Infektionen beschäftigen, dann reicht das seiner Ansicht nach bei weitem nicht aus.
    "Was sagt es aus, wenn ich lebend aus dem Krankenhaus komme, nach einer banalen oder auch schwierigeren Operation? Der eigentliche Härtetest ist doch, wie geht es dem Patienten nach zwei oder drei Jahren? Und da zeigt sich doch, ob der Operateur gut gearbeitet hat oder nicht. Klassisches Beispiel ist bei mir immer: Prostatakrebs: Die OP überlebt faktisch jeder. Wer nach fünf Jahren noch lebt, wird im Rahmen der Krebsregister auch gemessen oder nach zehn Jahren - da gibt es genaueste Erhebungen. Niemand untersucht aber, wie viel Prozent der männlichen Patienten dann nach fünf Jahren impotent oder inkontinent sind."
    Beim Prostata-Krebs beispielsweise gebe es klare Hinweise darauf, dass das deutsche Gesundheitswesen noch besser werden kann, sagt Hecken. Viele Männer, die wegen dieser Krebsart operiert werden, leiden später unter Impotenz oder können ihren Harn nicht mehr kontrollieren – sie werden inkontinent.
    "Wir wissen, je nach Lage der Tumoren ist das bei 30 Prozent der Patienten eine unausweichliche Folge, weil eben bestimmte Nerven durchtrennt werden müssen, was die Inkontinenz oder Impotenz verursacht. Bei den anderen 70 Prozent ist es eben ein ärztlicher Fehler, weil man nicht richtig operiert hat. Und das ist etwas, was für die Menschen wichtig ist, und nicht, komme ich nach zehn Tagen lebend raus und ist dann die Anschlussheilbehandlung hübsch?"
    Vermeidbare OP-Fehler
    Dabei sind Impotenz oder Inkontinenz bei weitem nicht die schlimmsten Folgen eines Behandlungsfehlers. Das Wissenschaftliche Institut der AOK hat vor einigen Wochen für Aufsehen gesorgt, als es mit einer Statistik an die Öffentlichkeit ging, wonach jedes Jahr rund 19.000 Menschen wegen vermeidbarer Fehler deutscher Krankenhäuser sterben. Bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft löste diese Zahl heftigen Protest aus. Siegfried Hasenbein vom Präsidium der Krankenhausgesellschaft fand die Veröffentlichung des AOK-Instituts ausgesprochen ärgerlich.
    "Vor allen Dingen ist es nicht akzeptabel, wenn man Daten, die zum Teil acht bis zehn Jahre alt sind, einfach auf die heutigen Patientenzahlen hochrechnet und völlig ignoriert, was in diesen letzten Jahren an Qualitätsverbesserungen in den deutschen Krankenhäusern nachweislich passiert ist."
    Auch die Pläne der Bundesregierung, Listen zu veröffentlichen, auf denen vermeintlich gute Krankenhäuser oben und schlechtere Kliniken unten stehen, hält man bei der Krankenhausgesellschaft für problematisch:
    "Die Qualität einer Krankenhausleistung zu bewerten, zu vergleichen, darzustellen und auch Laien verständlich darzustellen, ist eine hoch schwierige und komplexe Aufgabe. Die aktuell zur Verfügung stehenden Daten, wie zum Beispiel die umfangreichen Krankenhaus-Qualitätsberichte, sind schlichtweg zu unverständlich und zu kompliziert aufgebaut, das ist für den Laien, für den medizinischen Laien keine große Hilfe."
    Umstrittene Rankings
    Siegfried Hasenbein betont, dass auch die Krankenhausgesellschaft daran mitarbeiten wolle, dass die Qualität in der Gesundheitsversorgung noch besser wird. Doch Rankings sind seiner Ansicht nach dazu wenig geeignet. Sogenannte Mortalitätsraten beispielsweise, also Daten darüber, wie oft Patienten bei bestimmten Eingriffen sterben, könne man nur verstehen, wenn man auch weiß, wie krank die Patienten waren, die behandelt wurden.
    "Wenn der vermeintliche Erfolg des Krankenhauses in Ranking-Listen eingeht, mit Mortalitätsraten und ähnlichem, dann setze ich natürlich einen Anreiz, dass jedes Krankenhaus auf eine möglichst gute Statistik achtet und schwierige und komplizierte und vielleicht weniger aussichtsreiche Fälle nicht mehr annimmt oder durchführt."
    An verschiedenen Universitäten und an etlichen Instituten suchen Wissenschaftler nach Wegen, wie sich die Qualität in der Gesundheitsversorgung verbessern lässt. Einer von ihnen ist Professor Matthias Schrappe von der Universität Köln. Er hat unter anderem das „Aktionsbündnis Patientensicherheit" mitbegründet. Die Kritik der Krankenhausgesellschaft an den Zahlen über vermeidbare Todesfälle hält er für eine reine Abwehrreaktion. Die Rechnung, wonach einer von 1.000 Krankenhauspatienten aufgrund einer falschen Behandlung stirbt - was bei 19 Millionen Patienten 19.000 Toten entspricht - sei durch zahlreiche internationale Studien abgesichert, sagt Schrappe.
    "Ja, hochrechnen geht natürlich. Denn sehr häufig in unserer Gesellschaft müssen wir ja Phänomene beschreiben, und dann nimmt man Stichproben, und man sagt - mit gebotener Vorsicht - auf die gesamte Bevölkerung gerechnet macht das so und so viel.
    Auch der Vorwurf, die Basis für solche Hochrechnungen sei alt und unzureichend, greift seiner Ansicht nach nicht. Grundlage seien über 200 Studien aus den vergangenen Jahren - die durchaus noch aktuell seien.
    "Also an den Zahlen kann aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht gar kein Zweifel bestehen."
    Der Kölner Professor bestreitet dabei nicht, dass sich in letzten Jahren viel verbessert hat. Es komme so gut wie gar nicht mehr vor, dass Patienten verwechselt werden oder dass Chirurgen das linke Bein amputieren, obwohl es das rechte hätte sein sollen. Er warnt dabei davor zu glauben, bei vermeidbaren Todesfällen sei immer ein Operateur Schuld, der mit dem Skalpell danebenschneidet. Wesentlich höher sei die Zahl der Menschen, die sterben, weil sie mehrere Medikamente bekommen, die untereinander tödliche Wechselwirkungen entfalten. Auch durch Infektionen sterben Tausende Patienten, sagt Schrappe.
    "Hier ist eigentlich die größte Zahl von Ereignissen zu sehen, und hier ist noch sehr viel Arbeit vor uns."
    Dafür zu sorgen, dass alle Beschäftigten eines Krankenhauses sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um beispielsweise potenziell tödliche Keime zu bekämpfen, sei aber nicht einfach, sagt Schrappe - Ebenso wie es nicht einfach ist, zu verhindern, dass ein Arzt ein Medikament verschreibt, das sich mit der Verordnung eines seiner Kollegen nicht verträgt.
    Komplexe Systeme
    "Sehr viele Menschen, also Ärzte, Pflegende und alle Gesundheitsberufe, sind beteiligt, die miteinander interagieren müssen, sich dabei gut verstehen müssen - Kommunikationsfehler -, sich missverstehen können - wiederum Kommunikationsfehler - sich vielleicht auch gar nicht grün sind, so etwas kommt unter Menschen auch vor, sich deswegen vielleicht bestimmte Dinge nicht weitersagen. Also man sagt dazu: das sind komplexe Systeme in wirklich ganz besonders ausgeprägtem Maße. Und von daher ist es auch nicht banal, hier zu Verbesserungen zu kommen."
    Der Internist Thorsten Radons vom Kreiskrankenhaus Erding kennt die Debatte über gefährliche Wechselwirkungen von Medikamenten und über mangelnde Hygiene in manchen Teilen des deutschen Gesundheitswesens. Er desinfiziert sich nach jedem Gang in ein Patientenzimmer die Hände gründlich - so wie es die einschlägigen Leitlinien vorsehen.
    "Ja, so lange die Hände das aushalten, macht man das."
    Professor Matthias Schrappe von der Universität Köln findet es lobenswert, wenn Ärzte wie Thorsten Radons die Hygienevorschriften beachten. Er weiß aber, dass es auch Mediziner gibt, die in die Hände niesen, anschließend Patienten die Hand geben, Türklinken anfassen, wieder in die Hände niesen, wieder Hände schütteln. Auch bei Chefärzten kann man solche groben Verstöße gegen die Grundregeln der Hygiene beobachten.
    Maschinen besser einstellen
    "Das habe ich selbst als Krankenhausdirektor gemerkt: Wenn ein Chefarzt das seinen nachgeordneten Kolleginnen und Kollegen nicht jeden Tag vormacht, dann werden sie es auch nicht tun. Also selbst bei einer so einfachen Geschichte ist der Teamcharakter "wie man es macht", man sagt auch Sicherheitskultur dazu, ganz entscheidend."
    Mehr Qualität und mehr Sicherheit in den Krankenhäusern heißt also nicht in erster Linie, bestimmte Maschinen besser einstellen oder Operationstechniken verbessern. Es geht darum, wie die Menschen sich verhalten und wie sie sich untereinander austauschen.
    "Es ist nicht einfach. Man muss nicht einfach einen Schalter umstellen, eine einzige Intervention machen, und dann ist alles in Ordnung."
    Wenn bei diesem Thema verschiedenste Kräfte - von den Ärzteverbänden über die Politik bis zu den Krankenversicherungen - zusammenarbeiten, dann lasse sich aber viel erreichen, glaubt der Mitbegründer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit. Im Straßenverkehr starben in den 1970er Jahren noch mehr als 20.000 Menschen jährlich - inzwischen sind es noch gut 3.000. Ähnliches lasse sich auch im Gesundheitswesen erreichen, glaubt Schrappe.
    "Wenn wir das Analogon zum Straßenverkehr nehmen: wenn wir statt 20.000 nur noch 3000 haben in einigen Jahren - vielleicht geht es ja auch schneller als 40 Jahre - dann denke ich, haben wir schon unsere Pflicht getan."
    Und er glaubt, einige der Projekte, die sich die Bundesregierung für die nächsten Jahre vorgenommen hat, könnten etwas dazu beitragen, dass weniger Menschen Opfer von Behandlungsfehlern werden. Ein zentrales Qualitätsinstitut und auch ein Krankenhausranking, bei dem besonders leistungsstarke Kliniken oben stehen, hält Schrappe für eine gute Idee.
    "Ich finde sie grundsätzlich wünschenswert, und ich bin auch, was die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung angeht, also Freiheit der Information, der selbstständige Patient, überhaupt der selbstständige Bürger, der Überzeugung, dass es sich gar nicht anders machen lässt."
    Zu den Einrichtungen, die jetzt bereits in diese Richtung arbeiten, gehört das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, kurz AQUA, mit Sitz in Göttingen. Der Prokurist Björn Broge räumt allerdings ein, dass die Krankenhaus-Qualitätsberichte, an denen sein Institut beteiligt ist, derzeit am ehesten für Fachleute verstehbar sind.
    "Sicherlich, ohne dass man sich da als Patient thematisch sehr auseinandersetzt, ist das nicht einfach zugänglich."
    Broge hat auch eine klare Vorstellung davon, was für Informationen Patienten sich wünschen - zum Beispiel darüber, ob eine künstliche Hüfte oder ein künstliches Knie im Schnitt länger hält, wenn eine ganz bestimmte Klinik die Operation vornimmt - und nicht eine andere.
    "Das ist sicherlich eines der wichtigsten Merkmale, die man gerne wissen möchte: Wie lange hält das, was mir das Krankenhaus einbaut? Und darüber können wir im Moment nichts sagen. Das heißt, da gibt es einfach Lücken."
    Papier statt Patient
    Es gibt Unterschiede zwischen Krankenhäusern, teilweise sogar beträchtliche Unterschiede - darüber sind sich die meisten Fachleute einig. Allerdings ist es ausgesprochen schwierig, diese Unterschiede so zu beschreiben, dass Patienten ein wirklich korrektes Bild gezeigt bekommen.
    "Das müssen wir in der Messung so herstellen, dass man das am Ende auch vergleichen kann, so dass etwas Faires rauskommt. Nicht, dass die Krankenhäuser, die viele schwerkranke Patienten behandeln, so aussehen in der Qualitätssicherung, als ob sie die schlechten Krankenhäuser wären - und die Krankenhäuser, die nur leicht kranke Patienten behandeln, so aussehen, als ob sie die besten wären, es aber gar nicht sind."
    Denn bei einem 40-jährigen Patienten, der außer einem kaputten Knie keine anderen Probleme hat, ein gutes Ergebnis zu erzielen, ist wesentlich einfacher als bei einem 80-Jährigen, der unter Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Übergewicht leidet. Aber auch wenn ein Ranking auf solche Unterschiede Rücksicht nimmt, müssten Patienten immer erst einmal überlegen, was sie mit der Information machen, die so eine Rangliste bietet, meint der Prokurist des Qualitätsinstituts AQUA.
    "Das sagt ja noch nichts darüber aus, ob dieses Krankenhaus jemals einen Patienten mit meinen Begleiterkrankungen wirklich behandelt hat. Es kann ja sein, dass dieses Krankenhaus, obwohl es im Schnitt das beste Krankenhaus war, einen Patienten wie mich noch nie behandelt hat. Das heißt, um aussagefähig zu sein, ob dieses Krankenhaus wirklich das Beste für mich ist, müsste man auch mehr reingehen in die Frage, was bin ich für ein Patient? Was brauche ich? Es kann ja sein, dass das Krankenhaus um die Ecke, wenn ich jetzt keine besonderen Komplikationen habe, auch wunderbar darin ist, normale Patienten zu behandeln und dass das völlig ausreichend ist. Und ich muss nicht in die Spezialklinik 200 Kilometer weiter weg gehen."
    Thorsten Radons, der an der Kreisklinik Erding als Internist arbeitet, findet es gut, wenn in der Diskussion über Qualität in den deutschen Krankenhäusern eine gewisse Nachdenklichkeit herrscht - und nicht nur der Austausch polemischer Argumente. Trotzdem verfolgt er die Diskussion mit Skepsis.
    "Also in manchen Dingen ist sicher noch Luft nach oben, vor allem was Patientensicherheit angeht oder Hygiene. Aber ich glaube, die Probleme, die uns entstehen, sind nicht durch mehr auszufüllende Fragebögen oder Qualitätsdokumentationsbögen zu lösen. Sie müssen bedenken, dass, wenn ich so einen Bogen ausfülle, ich dafür noch einmal zehn Minuten meiner täglichen Arbeitszeit einsetzen muss."
    Allerdings hat er keinen Zweifel daran, dass die Entwicklung immer weiter in Richtung Qualitätsvergleiche und Rankings geht - auch wenn er selbst solche Instrumente nicht für der Weisheit letzten Schluss hält.

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