Für Ferdinand Gerlach, den Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist eines ganz klar:
"Die Mauer muss weg."
Gemeint ist die Mauer zwischen Kliniken auf der einen und niedergelassenen Ärzten auf der anderen Seite, sagt der Frankfurter Medizinprofessor. Dabei geht es nicht nur um die Leistungen, für die die Patienten ohnehin länger im Krankenhaus bleiben müssen. Es geht vor allem um die Behandlungen, die die Krankenhäuser zunehmend ambulant vornehmen. Der Krankenhaus-Report 2016, den der AOK-Bundesverband und das wissenschaftliche Institut der Kasse am Morgen in Berlin präsentiert haben, zeigt zwar, dass im internationalen Vergleich der Anteil der Krankenhäuser an den Ausgaben für die ambulante Versorgung sehr gering ist.
Während Portugal mit fast 40 Prozent an der Spitze liegt, gefolgt von Finnland mit über 35 Prozent, kommt Deutschland nicht einmal auf drei Prozent. Doch schaut man sich die Entwicklung der vergangenen Jahre hierzulande an, kommt der Report zu dem Ergebnis, dass in deutschen Krankenhäusern immer häufiger ambulant behandelt wird.
Der Frankfurter Medizinprofessor Ferdinand Gerlach mit einem Beispiel: Herzspezialisten:
"Da gibt es Praxen, die schieben links Herzkatheter, und da gibt es Kliniken, die das machen. Es gibt keinen Anreiz für die Beteiligten zu kooperieren. Im Interesse der Patienten zusammenzuarbeiten. Es gibt aber starke Anreize zu konkurrieren."
Abschottung und zu Doppelstrukturen
Weil zum Beispiel dieselbe Leistung unterschiedlich bezahlt wird. Diese strikte Trennung führe zu einer Abschottung und zu Doppelstrukturen. Das sei für "Patienten gefährlich und für uns alle zu teuer."
In den vergangenen drei Jahrzehnten sind laut dem Report 20 verschiedene ambulante Versorgungsformen entstanden, die in Krankenhäusern durchgeführt werden: etwa Hochschul- und Notfallambulanzen, ambulantes Operieren im Krankenhaus oder die ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Die Folge:
"Überall stellen wir fest, dass sehr ähnliche Sachverhalte sehr unterschiedlich geregelt sind", erklärt Jürgen Wasem, Mitherausgeber des Krankenhausreports.
"Das kann man als Wildwuchs bezeichnen."
Denn dahinter stecke keine einheitliche, langfristige Idee.
"Das hat sich auch ganz viel zufällig entwickelt. In irgendeiner Gesundheitsreform besteht der Bedarf, etwas zu machen, und dann verständigt man sich wie man das genau ausgestaltet."
Deshalb fordern die Autoren von der Politik, an der Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Leistungen einheitliche Regeln zu schaffen. Eine Voraussetzung für eine Neuausrichtung sei mehr Transparenz. Nötig sei dafür eine einheitliche Dokumentation von fachärztlich-ambulanten und ambulanten Leistungen. Darüber hinaus müsse festgelegt werden, welche Kapazitäten und Strukturen für den Bedarf wirklich notwendig seien. Eine Aufgabe, so Jürgen Wasem, für die nächste Legislaturperiode.