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Krawalle in Hamburg
"Ich kann der Polizei nur das allergrößte Lob machen"

Angesichts der Krawalle rund um den G20-Gipfel plädiert der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster für ein härteres Vorgehen gegen Links-Extremisten. Solange Unterschiede in der Bekämpfung zwischen Rechts- und Linksextremismus gemacht würden, stimme etwas nicht, sagte er im Dlf. Der Polizei sei an dieser Stelle kein Vorwurf zu machen.

Armin Schuster im Gespräch mit Mario Dobovisek |
    Der CDU-Politiker Schuster spricht in eine Kamera, daneben ein Zitat von Schuster als Text: "Ich gebe erst politisch Ruhe, wenn die Täter sich wünschen, dass Hamburg nie gewesen wäre"
    Der CDU-Politiker Armin Schuster fordert eine härtere Vorgehensweise gegen Linksextremisten. (imago / Christian Ditsch)
    Mario Dobovisek: Heftige Zusammenstöße gab es also bereits in der Nacht auf Freitag zwischen gewaltbereiten Demonstranten und der Polizei im Vorfeld des G-20-Gipfels in Hamburg, und so ging es dann – wir haben es schon ausführlich gehört – in der vergangenen Nacht weiter. Etwa 1.500 Randalierer zogen durch das Schanzenviertel, setzten Mülltonnen und Autos in Brand, plünderten Supermärkte, griffen sogar Anwohner an.
    Am Telefon begrüße ich Armin Schuster. Für die Union, für die CDU sitzt er im Innenausschuss des Deutschen Bundestages und ist selbst gelernter Bundespolizist. Guten Morgen, Herr Schuster!
    Armin Schuster: Guten Morgen, Herr Dobovisek!
    Dobovisek: Überrascht Sie das Ausmaß der Gewalt, die wir in Hamburg in der vergangenen Nacht beobachten mussten?
    Schuster: Ja und nein. Ich bin in den letzten Wochen gut informiert worden als Obmann im Innenausschuss über die Lageerkenntnisse, und die waren nicht harmlos, aber man hat natürlich alle die Hoffnung, dass die Gruppen, die da auf Gewalt gepolt sind, nicht so skandalös vorgehen, wie es sich jetzt zeigt.
    Dobovisek: Bereits gestern wurde ja die Arbeit der Polizei in Hamburg von mehreren Seiten aus als unnötig eskalierend kritisiert. Welchen Eindruck haben Sie vom Einsatz der Hamburger Polizei?
    Schuster: Ja, ich bin ziemlich erstaunt über solche Kommentare, egal von wem. Das stellt die Dinge irgendwie auf den Kopf. Wir haben, wie ich schon gesagt habe, wir hatten im Vorfeld Erkenntnisse, die auf schwere Gewalttaten hindeuteten. Man muss sich ja nicht groß Gedanken machen, wenn man schon die Titel der Demonstrationen sieht, "Willkommen in der Hölle" oder "Enter G-20", aber es kam alles noch viel schlimmer. Ich kann der Polizei nur das allergrößte Lob machen, und man muss sich mal vorstellen, was die jetzt 48, 72 Stunden lang durchhalten müssen, und ich drücke alle Daumen, dass die das weiter durchhalten, und es sieht auch aus der Ferne, angesichts dieser dramatischen Umstände, immer noch so aus, als wenn die Polizei die Lage sehr gut beherrscht, und das wünsche ich auch.
    "Bei dem Gewaltpotenzial, kannst du so etwas nicht endgültig verhindern"
    Dobovisek: Das ist genau das, was unsere Korrespondenten eben nicht berichten. Sie berichten übereinstimmend, dass die Polizei vorübergehend in der vergangenen Nacht über zwei bis drei Stunden die Kontrolle in Teilen Hamburgs verloren hätte, nicht präsent gewesen wäre. Was würde das tatsächlich für den Einsatz der Polizei bedeuten, wenn das so ist?
    Schuster: Ich habe andere Informationen, nämlich dass die Hamburger Polizei sich gesammelt hat, starke Kräfte gesammelt hat und auch Spezialkräfte, und dann sind sie im Schanzenviertel vorgerückt und haben die Lage unter Kontrolle gebracht. Dass es zu Plünderungen und zu Gewalttätigkeiten kamen, kannst du bei Tausenden von Gewalttätigen, man muss ja schon fast sagen: Verbrechern oder Extremisten, man muss sich fragen, ob da nicht terroristische Gruppen dabei sind bei dem Gewaltpotenzial, kannst du so etwas nicht endgültig verhindern, aber dass die Stadt in die Hand der Demonstranten gekommen wäre, das ist eben nicht passiert, und insofern, glaube ich, hat die Polizei bis jetzt gute Arbeit gemacht.
    Ich will auch widersprechen, da gibt es auch so ein paar merkwürdige Kommentare, Hamburg sei der falsche Ort. Das glaube ich gar nicht. Ich glaube, das Schanzenviertel ist ein falscher Ort, und die Frage ist, ob wir bisher die Konsequenz, auch die gesellschaftliche Konsequenz, die politische Konsequenz gegenüber Linksextremisten ...
    "Diese Verharmlosung vieler Parteien des Linksextremismus, der zahlt sich nicht aus"
    Dobovisek: Herr Schuster, ich würde da gerne noch ein bisschen bei der Arbeit der Polizei bleiben, weil mich da doch noch die eine oder andere Frage interessiert, wenn wir uns nämlich angucken, dass da fast 20.000 Polizisten – und es sind die Zahlen aus der vergangenen Nacht – ungefähr 1.500 Randalierern gegenüberstehen, frage ich mich, sind das zu wenig Polizisten oder sind die nicht ausreichend koordiniert?
    Schuster: Nein, das ist ja fast terroristische Taktik der Täter gewesen, dass sie in kleinen Gruppen sich ganz über Hamburg verteilt haben. Dann können Sie nicht mehr einfach nur Zahlen gegenüberstellen. Das ist eine Strategie, die schwer zu bekämpfen ist. Ich meine, die Hamburger Polizei hat es trotzdem geschafft, aber sie können, wenn die Täter sich x-beliebige Orte in Hamburg aussuchen und darauf auch koordiniert sind, nicht verhindern, dass Scheiben eingeschlagen werden und Supermärkte geplündert, jedenfalls bei diesem extremen Gewaltpotenzial.
    Ich bleibe dabei: Deutschland macht G20- oder G8-Gipfel da, wo wir es für richtig halten, und Hamburg ist eine wunderbare Stadt, um der Welt zu zeigen, wie wunderbar Deutschland ist, und wenn wir so eine Entscheidung in Hamburg durchsetzen wollen, dann ist das für die Polizei schwer, aber machbar, dass man auf derartig Verrückte stößt, wie wir es jetzt zwei Nächte lang erleben – muss man so nicht einkalkulieren, ist aber für mich ein politisches Startsignal, Linksextremismus in einer ganz anderen Weise, auch politisch jetzt anzugehen, wie wir es vielleicht bisher getan haben.
    Diese Verharmlosung vieler Parteien des Linksextremismus, der zahlt sich nicht aus, und die Rigastraße oder das Schanzenviertel gehören einfach endgültig geräumt, und ich gebe erst politisch Ruhe – das sage ich Ihnen ganz offen –, wenn die Täter sich wünschen, dass Hamburg nie gewesen wäre. Solange wir Unterschiede machen in der Bekämpfung zwischen Rechts- und Linksextremismus, stimmt etwas nicht. Ich wünsche mir, dass diese Gesellschaft Linksextremismus genauso ächtet wie rechts.
    "Ich hoffe, dass die Justiz versteht, dass es hier zu sehr harten Strafen kommen muss"
    Dobovisek: Nun haben die Aktivisten der Roten Flora des besetzten Zentrums im Schanzenviertel sich ja klar von der Gewalt distanziert, sie auch verurteilt. Wäre es tatsächlich richtig, da alle über einen Kamm zu scheren?
    Schuster: Wir scheren nicht alle über einen Kamm. Ich würde dafür plädieren, dass wir eine Linksextremismus-Datei machen, das hat sich im Bereich Rechtsextremismus bewährt. Dann können Sie wirklich ganz speziell die Linksextremisten auch namhaft und auch für die Polizei erkennbar, um die es geht. Ich würde mir auch wünschen, dass wir im Vorfeld schärfer vorgehen, indem wir stärker mit Meldeauflagen arbeiten bekannter Extremisten, und ich hoffe, dass die Justiz versteht, dass es hier zu sehr harten Strafen kommen muss, dass wir die Haftungsfrage stellen, und ich hoffe auch, dass die Justiz versteht, dass man mit dem Thema Versammlungsverbot auch ganz anders umgehen kann als in dieser liberalen Grundhaltung.
    "Man muss bei erkennbaren gewaltgeneigten Versammlungsanträgen nicht allem stattgeben"
    Dobovisek: Wie denn?
    Schuster: Ich hätte bestimmte Veranstaltungen bei dem Gewaltpotenzial, was alleine mir vorgetragen wurde als Innenausschussmitglied, hätte ich verboten, und ich glaube, dass das Recht das auch ermöglicht hätte. Man muss bei erkennbaren gewaltgeneigten Versammlungsanträgen nicht allem stattgeben.
    "Das ist für einen Polizeiexperten das Normaleste von der Welt"
    Dobovisek: Und wenn wir Gewaltpotenzial, wie Sie sagen, schon so früh erkennen und gestern zum Beispiel die Polizei ganz früh morgens an alle anderen Polizeibehörden in Deutschland ein Rundschreiben verschickt, eine Eilmeldung mit Unterstützungsgesuchen, dann frage ich mich doch, warum ist die Polizei dann doch so überrascht gewesen davon?
    Schuster: Das mag jetzt Ihre Auslegung sein. Ich sage ja, ich wundere mich auch über alle Auslegungen in den Medien.
    Dobovisek: Deshalb sprechen wir ja miteinander.
    Schuster: Ja, ja. Es ist für die Polizei Routine, völlig normal. Spricht übrigens für ein ausgewogenes Einsatzkonzept der Polizei Hamburg, dass sie Hamburg nicht vollständig mit zig Hundertschaften von Polizisten zusätzlich, wenn sie meinen, es geht bei einem guten Verlauf auch besser, aber die Tatsache, dass dann Verstärkung angefordert wird, entschuldigen Sie bitte, aber das ist für einen Polizeiexperten das Normalste von der Welt. Die haben die auch nicht in Bayern oder wo auch immer dann zusammenstoppeln müssen, sondern das war vorbereitet. Die Polizei ist in der Lage durch die Einsatzmittel Hubschrauber so hochflexibel und schnell Kräfte heranzuführen, dass man die nicht alle in Hamburg stehen haben muss. An der Tatsache, dass die Kräfte nachgeführt haben, können Sie überhaupt nichts Spektakuläres festmachen. Das ist in einem Großeinsatz völlig normal.
    Dobovisek: Sagt der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster über die Sicherheitsaspekte des G-20-Gipfels in Hamburg. Ich danke Ihnen!
    Schuster: Ich danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.