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Krawalle in Stuttgart
Suche nach dem Motiv

Noch immer ist unklar, was bei den nächtlichen Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt passierte. Während die Polizei ermittelt, suchen auch Politiker nach Antworten. Die Randale und Plünderungen beschäftigen nun den Landtag.

Von Uschi Götz |
Zerstörte Glasscheibe nach Krawallen in Stuttgart
Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei hatten dutzende gewalttätige Kleingruppen die Stuttgarter Innenstadt verwüstet und mehrere Beamte verletzt. (imago images / Arnulf Hettrich)
Am Morgen kommt der Innenausschuss des baden-württembergischen Landtags zu einer Sondersitzung zusammen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) wird das Gremium über die nächtlichen Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt informieren, ebenso über den aktuellen Ermittlungsstand der Polizei.
Nach der Randale: Ein Polizeiwagen ohne Scheiben in Stuttgart.
Vogt (SPD): "Wir müssen alle zeigen, dass wir zur Polizei stehen"
Die SPD-Innenpolitikerin Ute Vogt sieht die Randalierer in Stuttgart als Menschen, die jeglichen Respekt verloren hätten – auch den vor der Polizei.

Die Gewalteskalation ist auch Thema in einer sich anschließenden Landtagssitzung. Dabei hat die SPD Fraktion eine Debatte mit der Überschrift: "Gewaltexzesse in Stuttgart – Solidarität mit unserer Polizei" beantragt.
Strobl: Kein Indiz für Fehlverhalten bei Polizeieinsatz
Bei der gestrigen Regierungspressekonferenz sagte Innenminister Strobl, 23 Polizistinnen und Polizisten seien bei dem Einsatz verletzt worden: "Die körperlichen Verletzungen sind im Übrigen das eine, aber ich habe gestern im Gespräch mit jungen Polizistinnen und Polizisten, die beim Einsatz dabei waren, gespürt, welch starke emotionale Belastung ein solcher Einsatz ist. In jeder Uniform steckt halt ein Mensch."
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU)
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) (imago/Lichtgut/Max Kovalenko)
Strobl betonte, er habe kein Indiz dafür, dass bei dem Polizeieinsatz in Stuttgart etwas falsch gelaufen sei. Und doch: "Selbstverständlich wird ein solcher Einsatz auch kritisch analysiert. Sie können mal versichert sein, dass meine ersten Fragen, die ich in die Organisation gegeben habe, durchaus auch dieser Natur sind. Das gehört dazu."
Kretschmann: keine amerikanischen Verhältnisse bei der Polizei
Die Landesregierung stehe hinter der Polizei, betonte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann erneut. Und auch das sei ihm wichtig: "Wir haben bei unserer Polizei keine amerikanischen Verhältnisse. Bei uns wird nicht sofort die Schusswaffe gezogen, und das ist bei uns auch gar nicht zulässig, auf den Hals einer Person zu knien. Selbst bei so einem brutalen Vorgehen hat die Polizei trotzdem besonnen und umsichtig agiert und das zeichnet unsere Polizei aus."
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen)
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) (picture alliance/ dpa/ Christoph Schmidt)
Bislang seien 25 Personen festgenommen worden, darunter auch zwei junge Frauen. Die Hälfte seien deutsche Staatsbürger, neun hätten einen Flüchtlingsbezug, drei kommen aus europäischen Ländern. Nahezu alle hatten Alkohol getrunken, das Ergebnis von Drogentests stünde noch aus.
Das sei keine Partyszene, so Ministerpräsident Kretschmann: "Das sind junge Männer, die das hauptsächlich gemacht haben, die haben offenkundig eine kriminelle Energie. Ich finde, das hat mit Partys, Partyszene und jugendlichem Leichtsinn mal gar nichts zu tun."
Menschen stehen vor einem geplünderten Geschäft in der Stuttgarter Marienstraße.
Polizeigewerkschaftler: Bei Verurteilungen nicht nur das Mindestmaß ansetzen
Nach Krawallen in Stuttgart wünsche er sich eine Rechtsprechung mit "deutlichem Zeichen", sagte Hans-Jürgen Kirstein im Dlf. Der baden-württembergische Gewerkschaftschef der Polizei kritisierte zudem die Berichterstattung.
Die Motivsuche geht also weiter. Indes hat das baden-württembergische Innenministerium der Stadt Stuttgart eine enge Zusammenarbeit bei der Sicherheit vorgeschlagen. Sogenannte Sicherheitspartnerschaften hätten sich bereits in Städten wie Freiburg und Heidelberg bewährt. Das vorgeschlagene 10-Punkte-Konzept sieht etwa ein Aufenthaltsverbot vor, auch die Videoüberwachung gehört dazu.
Innenminister Strobl: "Nicht alles liegt in der Zuständigkeit der Polizei. Allein die Polizei wird es auch nicht richten können."