8.30 Uhr – Startschuss für einen kreativen Morgen in Köln. Siebzig Menschen stehen bei Kaffee und Croissants zusammen. Den großen Meeting-Raum mit Blick auf den Kölner Dom stellt ein Vermieter von Start Up Büros und Co Working-Flächen – außerdem sponsort er das Frühstück. Gleich wird ein Kölner über sein sehr erfolgreiches Siebdruck-Start Up berichten. Die Gäste kommen vorher schnell ins Gespräch:
"8.30 Uhr ist ja nicht 7.30 Uhr, da hätte ich dann auch ein Problem. Von daher kann man das mal machen. Das ist halt mal was anderes. So wird man auch aus seinem Trott so ein bisschen raus gezogen."
"Ich bin total gespannt, was man da noch lernen kann. Weil es immer hilft, in verschiedene Bereiche reinzuschauen, sich zu inspirieren und zu schauen, was ist neu."
Weltweit kommen Kreative zur selben Zeit zusammen
Immer freitags und einmal im Monat finden die "Creative Mornings" statt. Und das nicht nur in Köln. Weltweit kommen Kreative oder die, die sich dafür halten, zur selben Zeit zusammen. Von Amsterdam über Prag bis nach Kopenhagen. Die Veranstaltungsorte wechseln. Eine 32-jährige Sponsorin, Lara Jakobs, setzt auf den lebendigen Austausch:
"Finde ich super, dass überall jeden Monat das selbe Thema behandelt wird, aber super unterschiedliche Leute als Speaker geladen sind. Es ist einfach interessant, was aus dem Thema gemacht wird in welcher Stadt."
Die Organisatoren wollen dem kreativen Geist ihrer Stadt Gesichter geben. Nadine Prowaznik ist 32. Sie organisiert das Kölner Event – ehrenamtlich. Als digitale Nomadin arbeitet sie an den unterschiedlichsten Orten der Welt. Sie ist Grafikerin, Fotografin und hat eine eigene Werbeagentur in Köln:
"Ich denke halt, dass Köln immer im Schatten von Berlin natürlich steht. Dabei glaube ich einfach, dass das gar nicht berechtigt ist. Weltweit ist Deutschland ein Land, was viel zu zeigen hat. Ich glaube, wir gelten nicht als die kreativen Köpfe in der Welt. Ich denke aber, dass wir das doch sind."
La Ola Welle und Applaus zum Anfang
Los geht es mit einer La Ola Welle und Applaus. Ein Fotograf, ein Sound-Designer und eine Schauspielerin waren schon Speaker. Heute spricht Paul Kampfmann. Der 37-jährige gelernte Mediengestalter betreibt zwei Läden, in denen er T-Shirts mit selbst kreierten Siebdruck-Motiven verkauft. Und das sehr erfolgreich. Dabei hat er klein angefangen. Hier will er seine Erfolgsgeschichte erzählen. Das Motto des Creative Mornings lautet diesmal "Weird" – also komisch, ungewöhnlich – da findet sich Paul wieder:
"Angefangen hat das eigentlich mit Street Art. Und wenn man sich von der Sprühdose weiter entwickeln will, kommt man schnell zum Siebdruck. Es ist ja immer so, wenn man irgendwas macht, dann weiß man oft gar nicht, was am Ende bei raus kommt."
Online-Plattform soll Teilnehmer auch digital vernetzen
Er stößt auf ein aufmerksames Publikum. Man könnte meinen, die Gäste plagt der neoliberale Leistungsgedanke. Schließlich nutzen sie das kleine Zeitfenster vor der Arbeit effektiv. Aber: Die Atmosphäre ist entspannt, niemand tippt auf seinem Smartphone herum, alle haben Zeit und Muße zuzuhören. Und sie stellen interessierte Fragen:
"Das inspiriert einen natürlich auch, das zu machen, wonach das Herz strebt." - "Ich bin in der Softwareentwicklung. Ich bin in einer anderen Form kreativ, mehr im technischen Bereich. Schau dir was anderes an, nimm es mit, rede mit den Leuten, tausch dich aus."
Sie sind Grafiker, Art Direktoren, sogar eine Psychotherapeutin ist heute dabei. Dank der weltweiten Online-Plattform vernetzen sich die Teilnehmer und Veranstalter digital, erklärt Gastgeberin Nadine Prowaznik:
"Für mich selber ist es natürlich auch eine ganz tolle Möglichkeit, Kontakte weltweit aufzubauen. Wir haben auch eine eigene Seite, wo jeder rein schreiben kann, ich bin unterwegs. Hat jemand Lust, sich mit mir zu treffen. "
Kreativer Austausch und Netzwerk
Aus digitalen Kontakten werden persönliche Treffen. Gelebter Zeitgeist, der auch Chancen eröffnet. Piet Evert Busemann ist Producer bei einer Medienproduktionsfirma. Er dreht ehrenamtlich einen kleinen Film zu der heutigen Veranstaltung. Der wandert anschließend ins Netz, damit die Welt an Kölns kreativem Austausch teilnehmen kann. Für Piet selbst lohnt sich der Einsatz:
"Die Auftragslage ist gerade ein bisschen mau. Und hier kann man gut Kontakte knüpfen. Mit einem Fotografen vom letzten Talk bin ich jetzt auf Festivals unterwegs, wir produzieren einen kleinen Kinofilm."
Natürlich wird es noch richtig kreativ: Siebdruck zum Ausprobieren. Die Bilanz: Viele volle Kaffeebecher, aber kein einziges Gähnen. Speaker und Gäste verschwinden an diesem Morgen bereichert Richtung Arbeit.