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Kreativszene unter Bolsonaro
Popkultur vor ideologischer Anpassung

"Kulturförderung wird erhalten bleiben, aber für talentierte Künstler", twitterte Jair Bolsonaro. Brasiliens Präsident hat Fördergesetze ändern lassen, die Folge: „eine ideologische Anpassung von dem, was gefördert wird“, vermutet Wolfram Lange, Mitgründer des brasilianischen Labels Kafundó, im Dlf.

Wolfram Lange im Corsogespräch mit Ulrich Biermann |
Label-Chef Wolfram Lange von Kafundó Records sitzt im DLF-Studio am Mikrofon
Label-Chef Wolfram Lange von Kafundó Records (Deutschlandradio/Adalbert Siniawski)
Brasiliens Präsident bezeichnet Künstler gern als "Vagabundos", als Schmarotzer, die nur Fördergelder absahnten, um ihren Schund zu produzieren. Kurz nach seiner Wahl hat er die Kulturförderrichtlinien ändern lassen - mit radikalen Kürzungen. "Der ganze Kulturbereich ist unter Beschuss", sagte der Geograf und Musikblogger, Wolfram Lange alias Soundgoods, im Dlf. Lange hat 2013 in Rio de Janeiro gemeinsam mit einem US-Amerikaner das unabhängige Label Kafundó gegründet.
Radikale Kürzung
Bisher konnten Unternehmen Steuern sparen, wenn sie in Kultur investierten. Die Förderhöchstgrenzen dafür wurden aber von gut 13 Millionen auf 220.000 Euro reduziert, wie Lange berichtete. Angeblich solle diese Neuregelung strukturschwache Regionen stärken, Kritiker fürchteten allerdings, dass dies ein Schlag gegen die Kunst- und Kultuszenen von Rio und Sao Paulo ist. Musicals, Musikprojekte und Festivals würden es in Zukunft schwerer haben, so Wolfram Lange.
Auch kritische Kinoproduktionen hätten es schwer. Der Filmbiografie "Marighella", die im Wettbewerb der Berlinale 2019 lief, seien Fördergelder für Werbung und Marketing verweigert worden. Das ist in den Augen des deutschen Labelmachers in Brasilien schon "eine Form von Zensur".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.