Spuren von Acrylamid können in Produkten wie Haar-Shampoos und Körperlotionen vorkommen. Diesen Pflegemitteln wird mitunter Polyacrylamid zugesetzt - ein Kunststoff mit mehreren nützlichen Eigenschaften. Zum Beispiel wirkt er antistatisch, unterstützt die Schaumbildung und dient zugleich als Binde- und Haftmittel.
Als technisches Produkt liegt Polyacrylamid aber nicht in hochreiner Form vor. Der Rohstoff enthält stets auch Rückstände von Acrylamid - also von jenem Krebsgift, das jetzt überraschend in Kartoffel-Chips und Pommes Frites aufgetaucht ist.
Körper-Lotionen und Haar-Shampoos nimmt natürlich niemand zu sich. Aber schon die Berührung mit der Haut ist problematisch genug. Denn Acrylamid wird auch auf diese Weise vom Körper aufgenommen - ja, das Krebsgift gilt sogar als Stoff mit einer besonders guten "Haut-Resorption", wie Fachleute sagen.
Die EU-Kommission unterhält einen Wissenschaftlichen Ausschuss für Kosmetika. Seine Experten haben sich mehrfach mit den Acrylamid-Rückständen befasst. Ihre Meinung dazu veröffentlichten sie bereits vor zweieinhalb Jahren, nämlich:
Die lebenslange Benutzung Polyacrylamid-haltiger Kosmetika könnte ein unvertretbar hohes Krebs-Risiko bedeuten, und zwar durch die Acrylamid-Rückstände in den Präparaten.
Deshalb könne es nur eine Devise geben, befand der Ausschuss: Das Krebsgift müsse so weit wie möglich aus Kosmetik-Produkten herausgehalten werden.
Diese Position teilt auch die Experten-Kommission für kosmetische Mittel in Deutschland. Sie tagt regelmäßig in Berlin, beim Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin.
Im Protokoll der Sitzung, in der es zuletzt um Acrylamid in Kosmetika ging, heißt es:
Die Kosmetik-Kommission forderte noch einmal eindringlich, den Restgehalt an. Acrylamid in Polyacrylamid durch geeignete Rohstoff-Auswahl weitestgehend zu minimieren und vertrat die Auffassung, dass der niedrigste technisch erreichbare Restgehalt (...) nicht überschritten werden sollte.
Daraus geht hervor: Die Menge von Acrylamid in Shampoos und Lotionen lässt sich immerhin minimieren - wenn die Hersteller hochgereinigte Rohstoffe einkaufen. Doch dazu wollte sich die Industrie bisher nicht verpflichten. Im Gegenteil: Sie kritisierte die Meinung des EU-Expertenausschusses zu Acrylamid als wissenschaftlich nicht fundiert. Die über die Haut aufgenommenen Stoff-Mengen würden zudem überschätzt.
Die Brüsseler Experten-Runde wiederum tat die Einwände der Industrie als unbegründet ab und betonte im Vorjahr noch einmal:
Es gibt keinen Grund, unsere Meinung zu ändern.
Vor zwei Wochen nun hat die EU-Kommission einmal mehr ihre Kosmetik-Richtlinie dem technischen Fortschritt angepasst. Demnach soll es künftig Höchstwerte für Acrylamid in Kosmetik-Rohstoffen geben. Darauf verwies auch der Industrieverband Körperpflege und Waschmittel auf Anfrage.
Allerdings greift die Vorschrift erst in zwei Jahren. So lange wird es vermutlich auch dauern, bis die Untersuchungsbehörden der Länder aktiv werden - bis sie Haar-Shampoos und Körperlotionen auf die Gift-Rückstände hin kontrollieren. Das ist bisher offenbar nicht der Fall ...