Vor der Absetzung des russlandtreuen Präsidenten Janukowitsch war alles ganz einfach: Moskau zahlte für alles, was fehlte. Bei der Ausgabe ukrainischer Staatsanleihen am Kapitalmarkt kam die gesamte Nachfrage zuletzt aus Russland. Außerdem einigte man sich über Gaslieferungen, die allerdings zu Schulden der Ukraine bei Russland führten. Jetzt, wo der große Bruder im Osten ausfällt, braucht die neue Regierung in Kiew den Westen. Die Schlüsselrolle fällt dabei dem Internationalen Währungsfonds zu. IWF-Chefin Christine Lagarde gab sich aber Ende Februar noch sehr reserviert. Ständig werde sie mit Zahlen von der angeblich unmittelbar bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit der Ukraine konfrontiert:
"Numbers here, numbers there - es ist viel zu früh, einen konkreten Finanzierungsbedarf abzuleiten aus den vielen unterschiedlichen Zahlen. Wir sehen nichts, was wirklich kritisch ist und zur Panik Anlass gibt."
Nach zwei Wochen intensiver Verhandlungen steht jetzt bereits der erste Großkredit: Mit 10 bis 13 Milliarden Euro will sich der IWF engagieren, unter bestimmten Voraussetzungen. Der Wechselkurs der ukrainischen Währung muss flexibel bleiben, der Energiesektor muss erneuert, die Staatsausgaben drastisch gekürzt werden. Beides geht zusammen, wenn die Regierung zum Beispiel den Gaspreis nicht mehr subventioniert für Privathaushalte. Dazu war die Vorgängerregierung von Präsident Janukowitsch nicht bereit, weshalb der IWF sein Kreditpaket damals eingefroren hat. Vor dem Hintergrund, dass Russland den Gaspreis drastisch erhöhen will, könnte es auch diesmal schwierig werden. Die Einigung mit dem IWF macht zunächst den Weg frei für Finanzhilfen der EU, die bereits beschlossen sind und von Kommissionspräsident Barroso auch schon vorgestellt wurden:
"The package combined could bring an overall support of 11 billion Euro over the next couple of years."
Hilfen gibt es nur gegen "Reformen"
Insgesamt elf Milliarden Euro könnten also zusätzlich zu dem IWF-Kredit aus Brüssel kommen. Das europäische Paket für die Ukraine käme nur zu einem kleineren Teil von immerhin drei Milliarden Euro direkt aus dem EU-Haushalt der nächsten Jahre. Weitere drei Milliarden Euro soll die Europäische Investitionsbank beisteuern und den größten Anteil mit fünf Milliarden Euro die Bank für Wiederaufbau und Entwicklung leisten, die sich vor allem in Osteuropa engagiert. Doch auch dieses Engagement ist ganz ähnlich wie beim IWF an harte Bedingungen geknüpft, andernfalls könnten die Geldquellen für die Regierung in Kiew schnell wieder versiegen:
"Bevor wir das Geld auszahlen, muss die Ukraine sich zu Reformen verpflichten, und die Regierung muss dafür sorgen, dass alle gesellschaftlichen Gruppen am politischen Prozess teilnehmen können. Sie muss das Beste aus dieser Unterstützung machen."
Die ersten konkreten Zahlungen könnten sogar aus Brüssel von der EU kommen, in deren Haushalt liegen 600 Millionen Euro Soforthilfe seit Tagen schon griffbereit, und Währungskommissar Olli Rehn hat bereits geschildert, wie dieses Geld fließen soll:
"Die erste Tranche von 100 Millionen Euro aus dem bestehenden Programm für Makrofinanzhilfe MFA und 500 Millionen Euro aus der neuen MFA, sollten bereits stehen, sobald sich Ukraine und IWF auf ein Programm geeinigt haben."
Die ersten Mittel gehen direkt in den ukrainischen Staatshaushalt, um die Zahlungsbilanz zu stabilisieren. Damit wäre die drohende Staatspleite zunächst einmal abgewendet.