Die erste Impfung mit Astrazeneca? Dann die zweite mit Biontech oder Moderna! In Deutschland hatte die Ständige Impfkomission (STIKO) dieses Verfahren zunächst für Menschen unter 60 Jahren empfohlen, am 1. Juli 2021 aber für alle Menschen ab 18 Jahren. Die Datenlage zur Wirksamkeit solcher Kreuzimpfungen war anfangs noch dünn. Inzwischen liegen belastbarere Studien vor. Es spricht viel dafür, dass dieser "Mix-and-Match"-Ansatz sicher ist sowie eine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit aufweist. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Professor Thomas Mertens, erläuterte am 1.7.2021 in der ARD: "Die Daten, die mittlerweile aus vielen verschiedenen Studien vorliegen, zeigen ganz eindeutig, das eine Kreuzimpfung mit zunächst Astrazeneca und dann anschließend einem mRNA-Impfstoff zu einer deutlich besseren Immunantwort bei den Geimpften führt."
Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff – ein gängiges Verfahren
In der Medizin ist die Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff keine ungewöhnliche Vorgehensweise. Auch im Kampf gegen Ebola wurde beispielsweise ein Impfstoff zugelassen, der zwei Impfkomponenten hat.
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Für die Kombination verschiedener Corona-Impfstoffe laufen zurzeit noch Studien. Nach dem "Mix-and-Match"-Prinzip werden in Großbritannien im Rahmen der sogenannten Com-Cov-Studie schon seit Februar Kombinationen der Vakzine von Astrazeneca und Biontech in verschiedenen Intervallen getestet. Diese Studie würde zurzeit noch um andere Kombinationsimpfstoffe erweitert, erklärte die Virologin Marylyn Addo im Dlf. Ziel sei dabei auch, sich auf mögliche Impf-Auffrischungen vorzubereiten.
Mittlerweile liegen einige Daten der Com-Cov-Studie vor. Sie zeigen, dass die Mischung der Impfstoffe von Astrazeneca und Biontech im betrachteten Zeitraum sehr sicher ist. Allerdings kommen milde bis moderate Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Fieber nach der Impfung mit dem zweiten Impfstoff häufiger vor als beim Abschluss der Impfserie mit demselben Impfstoff. Über die Nebenwirkungen klagten zwischen 60 und 80 Prozent der geimpften Studienteilnehmer in Großbritannien.
Bei einer aktuellen Untersuchung an der Berliner Charité mit 340 Impflingen zeichnet sich ab, dass die Nebenwirkungen nachlassen, je länger der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung ist. An der Charité wurde der von der STIKO empfohlene Abstand von neun bis zwölf Wochen eingehalten, die Impflinge gaben nach dem Booster meistens lediglich Schmerzen im Arm als Nebenwirkungen an, weniger systemische Reaktionen wie Fieber oder Muskelschmerzen.
Das Mix-and-Match-Prinzip wurde in Deutschland bereits seit dem 1. April von der Ständigen Impfkommission für alle unter 60-Jährigen empfohlen, die eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben.
Tägliche Impfquote
Über die genaue Wirksamkeit ist nach aktueller Studienlage noch nichts abschließend Verlässliches bekannt. Die Daten der britischen Com-Cov-Studie zu diesem Punkt werden noch ausgewertet. Die Kombination zweier Impfstoffe soll aber eine verbesserte Immunantwort generieren. Das zeigen auch die Ergebnisse der Immunologen an der Berliner Charité. Erste Ergebnisse ihrer Untersuchung mit 340 Impflingen, die erst mit Astrazeneca und dann mit Biontech/Pfizer geimpft wurden, veröffentlichten sie auf dem wissenschaftlichen Preprint-Server medRxiv. Auch sie beobachten eine gute Verträglichkeit und teilweise eine höhere Wirksamkeit bei der Kombination. Leif Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoff-Forschung an der Charité, sagte im Dlf: "Es deutet sich an, dass die Immunantwort sehr gut ausgeprägt ist und möglicherweise sogar leicht verbessert."
Aus immunologischer Sicht könne man sagen, dass die Chancen sehr gut seien, dass die Kombination funktioniere, sagte auch die Immunologin Christine Falk im Mai im Dlf. "Solange das Antigen das tut, was es soll, nämlich eine Antikörper-Antwort und eine T-Zellen-Antwort auslösen, gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das funktioniert." Sowohl beim vektorbasierten Impfstoff von Astrazeneca als auch bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna ist das Antigen, gegen das eine Immunantwort ausgelöst wird, dasselbe. Sander und sein Team beobachteten an der Charité sogar eine leicht verbesserte T-Zellen-Antwort.
Viele Experten gehen davon aus, dass nach der ersten Impfkampagne eine zweite gestartet werden muss – auch wegen der sich weltweit schnell ausbreitenden Mutationen. Zu welchem Zeitpunkt eine Folgeimpfung sinnvoll ist und mit welchem Impfstoff, das wird derzeit untersucht. Moderna und Biontech/Pfizer arbeiten bereits an entsprechenden Impfstoffen. Teil einer künftigen Impfstrategie könnte es auch sein, bei Folgeimpfungen bewusst auf einen anderen Impfstoff zurückzugreifen, um die Immunantwort zu verbessern.
Quellen: Dlf, Volkart Wildermuth, kh