Angriffskrieg gegen Ukraine
Wie ukrainische Fußballstars ihr Land unterstützen

Der Krieg in der Ukraine tobt seit mehr als zwei Jahren. Einige prominente Fußballer haben ihr Heimatland aufgrund der angespannten Lage und dem zwischenzeitlichen Zusammenbruch des Ligabetriebs verlassen. Dennoch versuchen sie weiterhin, die Ukraine zu unterstützen.

Von Constantin Eckner |
Spielerkreis der Ukrainer vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Italien.
Viele der ukrainischen Fußballstars spielen nicht mehr in ihrem Heimatland, unterstützen die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg aber mit verschiedenen Maßnahmen. (IMAGO / Eibner / IMAGO / Eibner-Pressefoto / Thomas Thienel)
Bei der Fußball-Europameisterschaft der Männer im Juni und Juli wird auch die Ukraine vertreten sein. Das Nationalteam, trainiert von der Stürmerlegende Sergiy Rebrov, konnte sich trotz der widrigen Begleitumstände für das Turnier in Deutschland qualifizieren. Auch der Ligabetrieb wurde von den ukrainischen Klubs vor einer Weile wieder aufgenommen, mittlerweile sind sogar Fans zurück in den Stadien. Aber natürlich ist angesichts der militärischen Kämpfe zwischen der Ukraine und Russland nichts normal im Land.

Fußballprofi Zabarnyi dachte auch übers Kämpfen nach

"Seit Beginn des Krieges haben sich fast alle ukrainischen Fußballstars, speziell auch die, die im europäischen Ausland spielen, auf die eine oder andere Weise engagiert", sagt Yuriy Konkevych, ein Sportjournalist aus Luzk im Nordwesten der Ukraine. "Das kann durch generelle Sammelaktionen oder auch durch private Spenden erfolgen. Beispiele sind Oleksandr Zinchenko, Andriy Yarmolenko, Mychajlo Mudryk, Roman Yaremchuk, Ruslan Malinovskyi. All diese Spieler geben Geld, sehr großen Spenden."
Eine Gruppe von insgesamt elf Fußballern, die mehrheitlich gut bezahlte Stars in England sind, unterstützen zwölf ukrainische Familien. Ihre Angehörigen waren Fußballfans und sind während des Krieges ums Leben gekommen. Zur Gruppe der Fußballer gehört unter anderem Ilya Zabarnyi vom englischen Erstligisten Bournemouth. Er wurde kürzlich wie folgt in der Tageszeitung "The Times" zitiert:
"Ich war damals in Kyjiw, als alles begann. Ich weiß, wie es ist, wenn der Alarm ertönt und man muss an einen sicheren Ort flüchten. Ich weiß, wie beängstigend das für jeden ist. Also was kann ich am besten für mein Land tun? Ich habe darüber nachgedacht, zurückzukehren, um selbst zu kämpfen. Ich könnte eine Waffe nehmen und lernen zu kämpfen. Ich könnte sagen, ich möchte nicht mehr Fußball spielen. Aber nein, ich muss weiterhin spielen. Das ukrainische Volk braucht mich, damit ich der Welt erzähle, was geschieht."

Kucherenko: Fußball im ukrainischen Westen, Hilfsmission im Osten

Andere prominente Fußballer halten sich weiterhin in der Heimat auf und sind tagtäglich mit dem Krieg konfrontiert. Auch viele von ihnen bleiben nicht tatenlos, wie Journalist Yuriy Konkevych berichtet.
Ein Paradebeispiel für ihn sei Oleksandr Kucherenko vom westukrainischen Klub Veres Rivne: "Als der Krieg ausbrach, spielte er für Ingulets, ein Team im Zentrum der Ukraine. Es war ein anderes Team. Sascha wurde in Slaviansk geboren. Das ist in der Donezk-Region, seine Eltern leben immer noch dort. Vom ersten Kriegsmonat an organisierte er humanitäre Lieferungen in den Osten der Ukraine. Dann wurden auch Autos und Dinge fürs Militär in den Osten geliefert. Er spielt in der Tat in der ukrainischen Premier Liga. Er trainiert und hilft zugleich der Armee und Zivilisten. Er reist jeden Monat mit seiner Mission in den Osten der Ukraine."
Auch in Deutschland sind mehrere ukrainische Profifußballer aktiv, darunter Ivan Ordets, Verteidiger des VfL Bochum. Beim Viertligisten 1. FC Bocholt spielt Bogdan Shubin. Er stammt aus Donezk und kam 2015 nach Koblenz, wo bereits die Familie seiner Mutter lebte. "Da hat es ja auch mit Krieg angefangen, dann noch mit Donezk und so. Und wie gesagt, die Familie von meiner Mutter war schon hier. Und wir fanden es besser, dass wir direkt umziehen", sagt der 21-Jährige, der vor seinem Wechsel zu Bocholt in der Jugend des FC Schalke 04 aktiv war.

Was können Fußballer in der Kriegssituation bewirken?

Aus Shubins Sicht können Fußballer wenig bis gar nichts an der Kriegssituation ändern. "Man kann die Leute aufmerksam machen wegen der Reichweite. Aber mehr kannst du jetzt auch nicht machen. Ist halt die Politiksache." Ähnlich würde es sich auch mit Blick auf die anstehende Europameisterschaft verhalten. "Wenn man bei der Europameisterschaft mitmacht und auch sich gut zeigt, kann das viele Menschen freuen. Aus der Ukraine. Aber ändert trotzdem nichts an der Sache."
Etwas mehr Gewicht misst Sportjournalist Yuriy Konkevych dem großen Turnier in Deutschland bei. Er betont: "Wir wissen, dass die Leute wieder sagen werden, dass sich Sport beziehungsweise Fußball außerhalb des Politischen aufhält. Man soll Fußball nicht in die Politik bringen. Aber wir wissen, dass es für uns, für die Ukrainer, eine Chance ist, mehr Aufmerksamkeit für den Krieg und die Tötungen, die jeden Tag in der Ukraine geschehen, zu erzeugen. Und der ukrainische Fußball, wie die gesamte Nation, braucht aktuell Siege. Und wir müssen in Deutschland sein."
Abseits der großen Bühne geht der alltägliche Kampf in der Ukraine weiter. Obwohl gerade die hochbezahlten Fußballer im Ausland wegschauen und ihre relative Sicherheit genießen könnten, sind die meisten auf die eine oder andere Weise involviert.