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Krieg im Jemen
UN-Welternährungsprogramm kann nicht mehr helfen

Das UN-Welternährungsprogramm erreicht nach eigenen Angaben hilfsbedürftige Menschen im Jemen nicht mehr. Nahrung werde umgeleitet, Helfer würden gestoppt, die Huthi-Rebellen entschieden, wer essen dürfe und wer nicht. Wenn sich das nicht ändere, werde die Hilfe in manchen Gegenden eingestellt.

Von Georg Schwarte |
Kinder erhalten im Jemen Hilfsgüter des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen
Die Hilfslieferungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen sind für die Menschen in manchen Regionen Jemens überlebenswichtig (imago images / Xinhua)
"Es reicht." Mark Lowcock, der UN-Nothilfekoordinator sitzt im Sicherheitsrat. Wieder einmal. Und ihm reicht es schon lange. 15 Mal habe er persönlich jetzt diesen Sicherheitsrat über die verheerende Lage im Jemen unterrichtet. 36 Mal seit 2015, seit Kriegsbeginn, Berichte des Grauens. Und Mark Lowcock sagt, er kommt sich vor wie der Held im Hollywoodstreifen "Täglich grüßt das Murmeltier".
Monat für Monat sitzt Lowcock im Sicherheitsrat, aber Monat für Monat das gleiche Bild: Elend im Jemen. Untätigkeit der Kriegsparteien. Hilflosigkeit des Sicherheitsrates. Vier Jahre Krieg. "Was hat sich geändert?", fragt Lowcock mehr sich selbst:
"Die Antwort ist klar: Tod, Zerstörung, die Verelendung eines ganzen Volkes, die Zersplitterung einer Gesellschaft. In Summe: Die schlimmste menschengemachte humanitäre Katastrophe der Welt."
Huthi-Rebellen entscheiden, wer essen darf
Und dann redet David Beasley, Direktor des Welternährungsprogrammes. Bei seinem letzten Auftritt hier erzählte er von sterbenden Kindern in Krankenhäusern. Geistern gleich. Heute sagt er, muss ich traurigerweise berichten, dass das Welternährungsprogramm die Hungrigsten, die Bedürftigsten Menschen im Jemen nicht mehr erreicht. Nahrung werde umgeleitet, Helfer würden gestoppt, die Huthi-Rebellen würden entscheiden, wer essen darf, wer hungert, wer stirbt. "Als Chef des Welternährungsprogrammes kann ich ihnen nicht mehr garantieren, dass die Hilfe ankommt, wo sie hin soll", sagt Beasley.
Entsetzte Blicke im Saal, als Beasley erzählt, wie er seit Monaten versucht, Zugang für Helfer zu erlangen, die Verteilung überwachen zu lassen. Vergeblich. Währenddessen würde Hilfe und Nahrung gestohlen. Beasley will jetzt die Reißleine ziehen: Wenn die Nahrung nicht die Bedürftigsten erreicht, werde ab Ende dieser Woche die Hilfe in verschiedenen Gegenden eingestellt.
Prognose 2022: eine halbe Million Tote
Es ist der radikal-verzweifelte letzte Schritt von Helfern, die helfen wollen und könnten, es aber nicht dürfen, weil die Kriegsparteien sie nicht lassen.
"Wir machen das schweren Herzens. Ich flehe die Rebellen an, lasst uns das tun, was wir am besten können: Leben retten."
Wenn der Krieg bis 2022 unverändert weitergeht, so die nüchterne Prognose, die Mark Lowcock zuvor präsentierte, werden eine halbe Million Menschen gestorben sein. Der deutsche UN-Botschafter Heusgen ist so entsetzt wie alle anderen. Geld ist da. Hilfsgüter sind da. Aber die Helfer dürfen nicht helfen?
"Wie zynisch, wie brutal muss man sein, um so vorzugehen, dass jetzt sogar die Hilfe gestoppt werden muss", sagt Heusgen. Dass die Bundesregierung allein seit Anfang Januar Waffen im Gesamtwert von 1,1 Milliarden Euro an acht Kriegsparteien im Jemenkonflikt liefert, sagt niemand im Sicherheitsrat. Aber David Beasley sagt, er hoffe weiter auf ein Wunder. "Lasst uns doch einfach unseren Job tun, den Opfern helfen." Nur darum gehe es.