Das kolumbianische Fernsehen zeigte die ersten Bilder des Krieges unter dem Titel: 'El final' - das Ende. Offen bleibt, was hier zu Ende geht. Beendet sind zuerst einmal die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der Guerilla.
Auf der US-amerikanischen Liste von internationalen Terrorgruppen stehen allein drei kolumbianische Organisationen. Eine davon ist die FARC, die älteste Guerilla Lateinamerikas. Sie kämpft seit über 30 Jahren im kolumbianischen Dschungel. In den vergangenen vier Jahren saß die Regierung des amtierenden Präsidenten Andrés Pastrana mit der FARC am Verhandlungstisch, um einen dauerhaften Friedensvertrag auszuhandeln. Als Gegenleistung gewährte der kolumbianische Staat der Guerilla eine so genannte 'entmilitarisierte Zone', rund 42.000 Quadratkilometer in der Amazonasregion El Caguán, ein Dschungelgebiet, etwa so groß wie die Schweiz.
Schon vor rund einem Monat sollten die Verhandlungen abgebrochen werden. Nun hat die Regierung endgültig den Friedensprozess beendet und der Guerilla die Kontrolle über 'ihre' Zone entzogen. Begründung: die FARC übe weiterhin Gewalt aus - trotz der Verhandlungen.
Seit Donnerstag letzter Woche wird das FARC-Gebiet bombardiert. Der Guerilla ist der politische Status aberkannt worden. Im Einklang mit den USA werden die kolumbianischen Aufständischen nun als 'Terroristen' bezeichnet - als habe man nicht bis vor kurzem mit ihnen am Verhandlungstisch gesessen und über Politik geredet. Die militärfreie Zone existiert nicht mehr. 13.000 kolumbianische Soldaten sind in der Ex-Farc-Zone einmarschiert, ohne dass die Guerilla Widerstand geleistet hat. Am Samstag nun aber wurde die Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt von der Partei Grüner Sauerstoff von der Farc entführt. Politische Beobachter schließen daraus, dass der Staat noch lange nicht die Kontrolle über das Gebiet hat. Jetzt ist die brennende Frage: Was wird mit den 100.000 Zivilisten geschehen, die bisher dort lebten und arbeiteten, unabhängig von der Guerilla?
Ein Bewohner der ehemaligen Guerillazone, der 47jährige Hausmeister Raúl Guerrero, vergleicht das Leben unter der FARC-Herrschaft mit der Zeit, als der Staat hier noch das Sagen hatte.
Bevor die militärfreie Zone eingerichtet wurde, stand hier ein Bataillon von 5000 Männern. Hier gab es eine Polizeizentrale mit allen Schikanen, mit Nachrichtendiensten, mit einem Justizsystem - alles, was der Zivilbevölkerung eigentlich Sicherheit gewähren sollte. Aber es gab unglaublich viel Tote. Jeden Tag starben Leute, überall, man fand sie auf dem Bürgersteig. Und niemand konnte einem damals sagen, wer die Mörder waren.
Die härtesten Auseinandersetzungen in Kolumbien spielen sich dann ab, wenn eine bewaffnete Gruppe der anderen ein Gebiet abnimmt. Die Zivilbevölkerung wird meist als Kollaborateure behandelt, egal, ob sie das war oder nicht. Die Deutsche Christine Klissenbauer, die für die Friedensorganisation Pax Christi in der Stadt Barrancabermeja arbeitet, erzählt von dem Einmarsch der faschistischen Para-Militärs in ein Gebiet, das vorher von der Guerillaorganisation ELN kontrolliert wurde.
Das war innerhalb von ein paar Wochen, da haben sie dieses ganze nordöstliche Gebiet besetzt, Viertel für Viertel. Das war nicht zu fassen! Die kamen also in ziemlich geballter Menge in die Nachbargemeinde rein, und sind einfach in die Häuser, haben die Leute rausgeholt, rausgeschmissen zum Teil, haben sich einfach gewaltsam einquartiert. Und es ist eine Riesenfluchtbewegung in Gang gekommen. Sie haben auch einige leerstehende Häuser besetzt, aber hauptsächlich bei Familien - die mussten für sie kochen, für sie waschen, alles für sie tun. Und dann ging die so genannte Säuberungsaktion vor sich. Die meisten wurden einfach umgebracht. Es ging das große Morden los.
Ähnliches befürchten jetzt die Bewohner der FARC-Zone, wenn das Militär wieder die Kontrolle übernimmt. Etwa 13.000 Soldaten der kolumbianischen Armee sind in die Zone einmarschiert.
Die meisten Leute vom Lande sind für die Guerilla, weil es sich mit ihnen ruhiger leben lässt. Sie hatten große Angst davor, dass die entmilitarisierte Zone aufgehoben wird, weil sie befürchten, dass das Leben jetzt zur Hölle wird.
Das Problem sind nicht so sehr die Soldaten, sondern ihre Gehilfen: Neben den beiden Guerillabewegungen gibt es eine weitere bewaffnete Organisation in Kolumbien, die AUC, die sogenannten Para-Militärs, etwa 14.000 Mann. Sie begannen vor rund 15 Jahren als Privatheere der Drogenbosse. Dann aber entwickelten sie sich zunehmend zu einer Anti-Guerilla-Bewegung. Ihr Chef, Carlos Castaña, hat öffentlich zugegeben, dass die Para-Militärs zwei Drittel ihrer Finanzen aus dem Drogengeschäft bekommen. Daraus kann man schlussfolgern, welche Rolle die Drogenmafia für den Krieg in Kolumbien spielt.
Seltsame Koalitionen entstanden - Militär und Polizei drücken bei den Drogengeschäften der Para-Militärs ein Auge zu. Denn sie erledigen im Kampf gegen die Guerilla viel Drecksarbeit. Mit anderen Worten: Sie gehen mit rücksichtsloser Grausamkeit vor. Siebzig Prozent der Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien gehen auf das Konto der Para-Militärs.
Diese faschistischen Todesschwadronen haben nun weitere 3.000 Kämpfer um die ehemalige Guerillazone aufgestellt. Damit wollen sie der Armee - auf ihre Weise -helfen. Leidtragende wird wieder einmal die Zivilbevölkerung sein. Matilde Vargas von der Frauenorganisation OFP beschreibt die Methoden der Para-Militärs:
Ein Beispiel: Wenn die Paras in die Gemeinden einmarschieren, rufen sie erst die wichtigen Leute des Viertels zusammen, die eine Führungsposition in der Gemeinde haben. Sie versuchen sie zu bestechen. Wenn sie bleiben, müssen sie sich den Vorschriften der Para-Militärs unterwerfen. Oder sie werden ermordet, eins von beidem. Dann rufen die Paras die Leute zusammen, die irgendwann einmal näheren Kontakt zu Guerilla gehabt haben. Aber viele Leute arbeiteten mit der Guerilla nur zusammen, weil diese bewaffnet waren. Dann sagen die Paras: Jetzt müsst ihr für uns arbeiten. Die Leute, die sich weigern, müssen gehen, oder sie werden ermordet.
In Kolumbien handelt es sich jedoch nicht einfach um Scharmützel in einem Bananenstaat. Die Interessen, die hier vertreten sind, reichen von der Drogenmafia über Erdölfirmen bis zum Weißen Haus in Washington. Die US-amerikanische Regierung - damals noch unter Präsident Clinton - verabschiedete vor anderthalb Jahren ein Hilfspaket für Kolumbien in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar für Kolumbien zur Drogenbekämpfung - den berühmt-berüchtigten "Plan Columbia" . Der amtierende US-Präsident Bush legte mit der sogenannten Anden-Initiative nochmals rund 900 Millionen Dollar für die Region dazu.
Fokus der US-amerikanischen Drogenbekämpfung ist die Ausrottung der Cocafelder mittels Sprühaktionen. In Kolumbien wächst die Cocapflanze, aus deren getrockneten Blättern man die Cocapaste gewinnt, und daraus wird Kokain hergestellt. Ein Großteil des Kokains wird in den USA konsumiert.
Die Frage ist, ob die Vernichtung der Cocapflanzen überhaupt eine sinnvolle Strategie der Drogenbekämpfung ist. Im Narco-Geschäft werden nach vorsichtigen Berechnungen in Kolumbien 50 Milliarden Dollar pro Jahr bewegt. Davon bleiben nur etwa 2,5 Milliarden im Lande. Der Produzent, also die Bauern, nehmen nur 0,67 Prozent von dieser Summe ein. Das große Geschäft machen die Zwischenhändler und Geldwäscher im Ausland, die aber nie verfolgt werden. Und ein weiterer Faktor ist problematisch bei der Ausrottung der Cocapflanzen, sagt Senator Rafael Ordúz, der Oppositionspartei Partido visionario:
Einige Aktionen, wie etwa das Sprühen der Felder, werden nicht nur von der kolumbianischen Drogenpolizei, sondern auch von ausländischen Firmen durchgeführt. Und es gibt Sicherheits-Operationen, die in keiner Weise von der kolumbianischen Regierung kontrolliert werden. Das ist für uns ein großes Fragezeichen - niemand weiß, was dort geschieht.
Beunruhigend ist auch für viele, dass sich die USA im Rahmen des Plan Colombia und der Anden-Initiative so intensiv wie noch nie am bewaffneten Konflikt in Kolumbien beteiligen. Bisher war das erklärte Ziel Drogenbekämpfung, obwohl in diesen Tagen schon deutlicher von Aufstandsbekämpfung die Rede ist. Das Fazit nach etwas über einem Jahr des Plan Colombia lautet: 40.000 Vertriebene. Sie sind aufgrund der Giftsprühaktionen geflohen. Insgesamt wird die Zahl der internen Flüchtlinge in Kolumbien auf anderthalb bis zwei Millionen geschätzt.
Einige der Aktionen, etwa das Sprühen der Felder, werden nicht nur von der kolumbianischen Drogenpolizei, sondern vor allem von privaten ausländischen Firmen organisiert - Firmen, die als Subunternehmen der US-Regierung fungieren. Sie führen so genannte 'Sicherheits-Operationen' durch, militärische Aktionen, die in keiner Weise von der kolumbianischen Regierung kontrolliert werden, sagt der Drogenexperte Ricardo Vargas.
Bei der sogenannten Hilfe der Vereinigten Staaten scheint es so, als ob diese 1,3 Milliarden Dollar nicht wirklich in Kolumbien investiert werden. Damit bezahlt man die Unternehmen, die die Hubschrauber usw. herstellen, und Unternehmen wie DynCorp, die als Subunternehmen funktionieren, mit Söldnern, die in Wirklichkeit jene sind, die in Kolumbien die Sprühaktionen durchführen. Kolumbien hat keine Autonomie, um über seine Drogenpolitik zu entscheiden, nicht einmal, was den illegalen Coca-Anbau angeht. Das Gewicht der USA und ihrer Entscheidungen ist enorm hoch. Die Entscheidungen werden nicht von Kolumbien getroffen, sondern ganz allein von der Regierung der Vereinigten Staaten.
Um ein neues Vietnam zu vermeiden, hat der US-Kongress eine Obergrenze für die Zahl der US-Bürger gesetzt, die gleichzeitig in Kolumbien als so genannte Berater arbeiten dürfen. Offiziell ist die Rede von 500 US-amerikanischen Beratern höchstens. Diese Grenze umgehen die Amerikaner jedoch dadurch, dass sie Subunternehmen bezahlen, die wiederum Söldner anderer Nationalitäten beschäftigen.
Das heißt, weder der US-Kongress noch die kolumbianische Regierung wissen, wie viele Söldner und Militärberater für private US-amerikanische Sicherheitsfirmen tatsächlich in Kolumbien tätig sind. Sie bewegen sich in einem rechtsfreien Raum, und es gibt kaum Information darüber. Diese mit US-Geldern bezahlten Söldner fliegen beispielsweise Hubschrauber, die mit schweren Waffen ausgestattet sind. Niemand glaubt, dass sie dazu dienen, ein paar Coca-Bauern zu erschrecken. Viele Kolumbianer interpretieren die eigentliche Mission dieser Firmen als Aufstandsbekämpfung - als Kampf gegen die linke Guerilla.
In der Tat: Die Black Hawk-Kampfhubschrauber, die bisher im Rahmen der Sprühaktionen gebraucht wurden, sah man in diesen Tagen im Krieg gegen die Guerilla FARC im Einsatz. Von wem sie geflogen werden, ist unklar. Dazu der Drogenexperte Ricardo Vargas:
Typisch für die ganze Lage ist die fehlende Information. Unter anderem ist der Status dieser Söldner in Kolumbien ungeklärt. Das ist überhaupt nicht definiert worden, und es gibt keine Information darüber. Man nimmt an, dass dies größtenteils von der Firma DynCorp gemanagt wird, die diese Leute beschäftigt.
Das Sicherheitsunternehmen DynCorp, mit Sitz in Virginia, hat 1998 vom US-amerikanischen State Department einen Fünf-Jahres-Vertrag über 170 Millionen Dollar bekommen, für Arbeit in den kolumbianischen Konfliktgebieten. Zu den Leistungen gehören: Sprühen der illegalen Cocafelder, Bekämpfung des Drogenhandels, Ausbildung von Piloten, Militärtransporte, und so vage definierte Aufgaben wie 'Aufklärung'.
Die Grenze zwischen Drogen- und Aufstandsbekämpfung kann man in Kolumbien jedoch nicht eindeutig definieren. Die illegalen Cocafelder befinden sich oft genug in Guerilla-Gebieten - und genau darin liegt die Gefahr. Mittels ihrer Subunternehmen ist die US-amerikanische Regierung viel tiefer in den kolumbianischen Krieg verwickelt, als man auf den ersten Blick sieht. Hier findet eine Art Out-Sourcing des Krieges statt. Gabriel Izquierdo von der Universität Javeriana Ist Vermittler bei den Friedensverhandlungen mit der ELN. Er erklärt seine Haltung gegenüber den sogenannten 'Sicherheitsunternehmen':
Erstens finde ich es beunruhigend, dass es sich hierbei um Söldner handelt - denn es sind Söldner, denen es nur darum geht, Geld zu verdienen, egal wie. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es sich bei den meisten Verträgen um US-amerikanische Firmen handelt. Und die wollen einfach Geld verdienen. Je schlechter es um das Land bestellt ist, um so besser verdienen sie. Zweitens gibt es eine Menge Diskussionen wegen dieser Firmen, weil sie ohne jede Kontrolle operieren.
Wenn der Kongress einen entsprechenden Antrag von US-Präsident George W. Bush genehmigt, sollen neu formierte kolumbianische Spezialtruppen von der nordamerikanischen Eliteeinheit Green Berets trainiert werden. Das erklärte Ziel: 'wichtige amerikanische Interessen in Kolumbien zu schützen', wie es heißt - dazu gehören zum Beispiel Ölpipelines.
Kolumbien exportiert zunehmend Erdöl in die USA. Viele Beobachter haben den Eindruck, als ob es beim Plan Columbia nur in zweiter Linie darum geht, die Drogenproduktion einzudämmen - es scheint, als ob andere Absichten dahinterstecken, die nicht allzu geheim sind: Zum Beispiel, sich die strategischen Rohstoffe der Region anzueignen, wie etwa Erdöl, sagt der Soziologe Francisco José Campos, einer der Direktoren der Menschenrechtsorganisation CREDHOS in der Industriestadt Barrancabermeja:
Der Konflikt und seine Konsequenzen haben ihre Wurzeln in der geostrategischen Lage, wegen der großen Bodenschätze - hier raubt jeder diese Gegend aus und lässt nichts übrig. Diese Region soll also keine Probleme bereiten, sondern eine sichere Investition mit niedrigen Kosten gewährleisten. Das heißt, man will hier die Guerilla ausmerzen, die den Importen und Exporten gefährlich werden könnten. Und was noch schlimmer ist: Es sollen auch die Menschen ausgemerzt werden, die ein Bewusstsein ihrer Rechte haben, weil das dem Kapital schaden könnte.
Kolumbien ist der siebtgrößte Öllieferant der Vereinigten Staaten - und seine Kapazitäten sind ausbaufähig. Riesige unerschlossene Erdölreserven werden in kolumbianischem Boden vermutet, vor allem in dem Gebiet, das bisher von der Guerilla FARC kontrolliert wurde. Das heißt: Wenn man die Ölreserven ungestört fördern will, dann muss erst die Guerilla ausgeschaltet werden. Genau das wird momentan versucht.
Die unsichere Lage im Nahen Osten lässt die kolumbianischen Ölfelder interessant werden. Die Raffinerien im Golf von Mexiko sind gut zu erreichen, und die kolumbianischen Regierungen sind in der Regel gut Freund mit den Vereinigten Staaten. Die US-amerikanische Botschafterin in Kolumbien, Anne Patterson zum Beispiel ließ vor kurzem verlauten:
Um es ganz offen auszudrücken, nach dem 11.September ist der sichere Zugang zu Erdöl eine Priorität für die Vereinigten Staaten.
Im Haushalt für 2003, den US-Präsident George W. Bush dem Kongress vorgelegt hat, sind 537 Millionen Dollar zusätzliche Hilfe für Kolumbien vorgesehen, ausdrücklich bestimmt zur Aufstandsbekämpfung. Und Bush hat beim Kongress weitere 98 Millionen Dollar beantragt, mit denen der Schutz einer bestimmten Ölpipeline finanziert werden soll. Vor allem um diese eine Pipeline geht es, um Caño Limón. Hier fließen 75 Prozent des Erdöls durch, das in die USA geliefert wird. Die Frage ist, wie die 770 Kilometer lange Pipeline, die in unzugänglichem Gelände liegt, überhaupt geschützt werden kann. Im vergangenen Jahr sprengte die Guerilla ELN die Pipeline 170 Mal.
Die ELN zählt heute etwa 5000 Kämpfer. Zusammen mit den über 20.000 Guerilleros der FARC ist das ein Szenario, was auf einen langen und blutigen Krieg schließen lässt, meint Luis Eduardo Garzón, Präsidentschaftskandidat der Frente Social y Político, einer Linkskoalition:
Wir sind der Ansicht, dass in Kolumbien weder die Guerilla besiegt werden kann, noch dass die Guerilla gewinnen wird. Deswegen braucht man die politischen Friedensverhandlungen. Wenn man die Pläne der kolumbianischen Guerillagruppen - der FARC und der ELN - mit anderen Organisationen wie etwa der IRA oder ETA vergleicht, dann sind die Forderungen der kolumbianischen Guerilla wirklich bescheiden. Sie wollen eine Agrarreform, und dass der Generalstaatsanwalt vom Volk gewählt wird, dass es einen einzigen Kongress geben soll, und eine Neuordnung des Landbesitzes - also überhaupt keine großen politischen und strategischen Ansprüche. Ganz anders als bei der IRA oder bei der ETA.
Im Mai soll in Kolumbien gewählt werden. In den Meinungsumfragen führt der ultrarechte Kandidat, Álvaro Uribe Velez. Er hat sich für einen gnadenlosen Krieg gegen die Guerilla ausgesprochen. Die angrenzenden Staaten haben ihre Truppen in Alarmbereitschaft gesetzt; Panama hat sogar seine Grenze zu Kolumbien geschlossen. Die Angst vor einer regionalen Ausweitung des Krieges ist groß - eine berechtigte Angst. Aber die Aufständischen haben noch einmal ein Verhandlungsangebot gemacht. Kommandant Julián Conrado von der Guerillaorganisation FARC:
Wir wollen eine politisch ausgehandelte Lösung für die Probleme in Kolumbien. Darauf bestehen wir - nicht erst seit kurzem, sondern seit es die FARC gibt. Wir sind davon überzeugt, dass politische Verhandlungen über den Konflikt möglich sind.
Auf der US-amerikanischen Liste von internationalen Terrorgruppen stehen allein drei kolumbianische Organisationen. Eine davon ist die FARC, die älteste Guerilla Lateinamerikas. Sie kämpft seit über 30 Jahren im kolumbianischen Dschungel. In den vergangenen vier Jahren saß die Regierung des amtierenden Präsidenten Andrés Pastrana mit der FARC am Verhandlungstisch, um einen dauerhaften Friedensvertrag auszuhandeln. Als Gegenleistung gewährte der kolumbianische Staat der Guerilla eine so genannte 'entmilitarisierte Zone', rund 42.000 Quadratkilometer in der Amazonasregion El Caguán, ein Dschungelgebiet, etwa so groß wie die Schweiz.
Schon vor rund einem Monat sollten die Verhandlungen abgebrochen werden. Nun hat die Regierung endgültig den Friedensprozess beendet und der Guerilla die Kontrolle über 'ihre' Zone entzogen. Begründung: die FARC übe weiterhin Gewalt aus - trotz der Verhandlungen.
Seit Donnerstag letzter Woche wird das FARC-Gebiet bombardiert. Der Guerilla ist der politische Status aberkannt worden. Im Einklang mit den USA werden die kolumbianischen Aufständischen nun als 'Terroristen' bezeichnet - als habe man nicht bis vor kurzem mit ihnen am Verhandlungstisch gesessen und über Politik geredet. Die militärfreie Zone existiert nicht mehr. 13.000 kolumbianische Soldaten sind in der Ex-Farc-Zone einmarschiert, ohne dass die Guerilla Widerstand geleistet hat. Am Samstag nun aber wurde die Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt von der Partei Grüner Sauerstoff von der Farc entführt. Politische Beobachter schließen daraus, dass der Staat noch lange nicht die Kontrolle über das Gebiet hat. Jetzt ist die brennende Frage: Was wird mit den 100.000 Zivilisten geschehen, die bisher dort lebten und arbeiteten, unabhängig von der Guerilla?
Ein Bewohner der ehemaligen Guerillazone, der 47jährige Hausmeister Raúl Guerrero, vergleicht das Leben unter der FARC-Herrschaft mit der Zeit, als der Staat hier noch das Sagen hatte.
Bevor die militärfreie Zone eingerichtet wurde, stand hier ein Bataillon von 5000 Männern. Hier gab es eine Polizeizentrale mit allen Schikanen, mit Nachrichtendiensten, mit einem Justizsystem - alles, was der Zivilbevölkerung eigentlich Sicherheit gewähren sollte. Aber es gab unglaublich viel Tote. Jeden Tag starben Leute, überall, man fand sie auf dem Bürgersteig. Und niemand konnte einem damals sagen, wer die Mörder waren.
Die härtesten Auseinandersetzungen in Kolumbien spielen sich dann ab, wenn eine bewaffnete Gruppe der anderen ein Gebiet abnimmt. Die Zivilbevölkerung wird meist als Kollaborateure behandelt, egal, ob sie das war oder nicht. Die Deutsche Christine Klissenbauer, die für die Friedensorganisation Pax Christi in der Stadt Barrancabermeja arbeitet, erzählt von dem Einmarsch der faschistischen Para-Militärs in ein Gebiet, das vorher von der Guerillaorganisation ELN kontrolliert wurde.
Das war innerhalb von ein paar Wochen, da haben sie dieses ganze nordöstliche Gebiet besetzt, Viertel für Viertel. Das war nicht zu fassen! Die kamen also in ziemlich geballter Menge in die Nachbargemeinde rein, und sind einfach in die Häuser, haben die Leute rausgeholt, rausgeschmissen zum Teil, haben sich einfach gewaltsam einquartiert. Und es ist eine Riesenfluchtbewegung in Gang gekommen. Sie haben auch einige leerstehende Häuser besetzt, aber hauptsächlich bei Familien - die mussten für sie kochen, für sie waschen, alles für sie tun. Und dann ging die so genannte Säuberungsaktion vor sich. Die meisten wurden einfach umgebracht. Es ging das große Morden los.
Ähnliches befürchten jetzt die Bewohner der FARC-Zone, wenn das Militär wieder die Kontrolle übernimmt. Etwa 13.000 Soldaten der kolumbianischen Armee sind in die Zone einmarschiert.
Die meisten Leute vom Lande sind für die Guerilla, weil es sich mit ihnen ruhiger leben lässt. Sie hatten große Angst davor, dass die entmilitarisierte Zone aufgehoben wird, weil sie befürchten, dass das Leben jetzt zur Hölle wird.
Das Problem sind nicht so sehr die Soldaten, sondern ihre Gehilfen: Neben den beiden Guerillabewegungen gibt es eine weitere bewaffnete Organisation in Kolumbien, die AUC, die sogenannten Para-Militärs, etwa 14.000 Mann. Sie begannen vor rund 15 Jahren als Privatheere der Drogenbosse. Dann aber entwickelten sie sich zunehmend zu einer Anti-Guerilla-Bewegung. Ihr Chef, Carlos Castaña, hat öffentlich zugegeben, dass die Para-Militärs zwei Drittel ihrer Finanzen aus dem Drogengeschäft bekommen. Daraus kann man schlussfolgern, welche Rolle die Drogenmafia für den Krieg in Kolumbien spielt.
Seltsame Koalitionen entstanden - Militär und Polizei drücken bei den Drogengeschäften der Para-Militärs ein Auge zu. Denn sie erledigen im Kampf gegen die Guerilla viel Drecksarbeit. Mit anderen Worten: Sie gehen mit rücksichtsloser Grausamkeit vor. Siebzig Prozent der Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien gehen auf das Konto der Para-Militärs.
Diese faschistischen Todesschwadronen haben nun weitere 3.000 Kämpfer um die ehemalige Guerillazone aufgestellt. Damit wollen sie der Armee - auf ihre Weise -helfen. Leidtragende wird wieder einmal die Zivilbevölkerung sein. Matilde Vargas von der Frauenorganisation OFP beschreibt die Methoden der Para-Militärs:
Ein Beispiel: Wenn die Paras in die Gemeinden einmarschieren, rufen sie erst die wichtigen Leute des Viertels zusammen, die eine Führungsposition in der Gemeinde haben. Sie versuchen sie zu bestechen. Wenn sie bleiben, müssen sie sich den Vorschriften der Para-Militärs unterwerfen. Oder sie werden ermordet, eins von beidem. Dann rufen die Paras die Leute zusammen, die irgendwann einmal näheren Kontakt zu Guerilla gehabt haben. Aber viele Leute arbeiteten mit der Guerilla nur zusammen, weil diese bewaffnet waren. Dann sagen die Paras: Jetzt müsst ihr für uns arbeiten. Die Leute, die sich weigern, müssen gehen, oder sie werden ermordet.
In Kolumbien handelt es sich jedoch nicht einfach um Scharmützel in einem Bananenstaat. Die Interessen, die hier vertreten sind, reichen von der Drogenmafia über Erdölfirmen bis zum Weißen Haus in Washington. Die US-amerikanische Regierung - damals noch unter Präsident Clinton - verabschiedete vor anderthalb Jahren ein Hilfspaket für Kolumbien in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar für Kolumbien zur Drogenbekämpfung - den berühmt-berüchtigten "Plan Columbia" . Der amtierende US-Präsident Bush legte mit der sogenannten Anden-Initiative nochmals rund 900 Millionen Dollar für die Region dazu.
Fokus der US-amerikanischen Drogenbekämpfung ist die Ausrottung der Cocafelder mittels Sprühaktionen. In Kolumbien wächst die Cocapflanze, aus deren getrockneten Blättern man die Cocapaste gewinnt, und daraus wird Kokain hergestellt. Ein Großteil des Kokains wird in den USA konsumiert.
Die Frage ist, ob die Vernichtung der Cocapflanzen überhaupt eine sinnvolle Strategie der Drogenbekämpfung ist. Im Narco-Geschäft werden nach vorsichtigen Berechnungen in Kolumbien 50 Milliarden Dollar pro Jahr bewegt. Davon bleiben nur etwa 2,5 Milliarden im Lande. Der Produzent, also die Bauern, nehmen nur 0,67 Prozent von dieser Summe ein. Das große Geschäft machen die Zwischenhändler und Geldwäscher im Ausland, die aber nie verfolgt werden. Und ein weiterer Faktor ist problematisch bei der Ausrottung der Cocapflanzen, sagt Senator Rafael Ordúz, der Oppositionspartei Partido visionario:
Einige Aktionen, wie etwa das Sprühen der Felder, werden nicht nur von der kolumbianischen Drogenpolizei, sondern auch von ausländischen Firmen durchgeführt. Und es gibt Sicherheits-Operationen, die in keiner Weise von der kolumbianischen Regierung kontrolliert werden. Das ist für uns ein großes Fragezeichen - niemand weiß, was dort geschieht.
Beunruhigend ist auch für viele, dass sich die USA im Rahmen des Plan Colombia und der Anden-Initiative so intensiv wie noch nie am bewaffneten Konflikt in Kolumbien beteiligen. Bisher war das erklärte Ziel Drogenbekämpfung, obwohl in diesen Tagen schon deutlicher von Aufstandsbekämpfung die Rede ist. Das Fazit nach etwas über einem Jahr des Plan Colombia lautet: 40.000 Vertriebene. Sie sind aufgrund der Giftsprühaktionen geflohen. Insgesamt wird die Zahl der internen Flüchtlinge in Kolumbien auf anderthalb bis zwei Millionen geschätzt.
Einige der Aktionen, etwa das Sprühen der Felder, werden nicht nur von der kolumbianischen Drogenpolizei, sondern vor allem von privaten ausländischen Firmen organisiert - Firmen, die als Subunternehmen der US-Regierung fungieren. Sie führen so genannte 'Sicherheits-Operationen' durch, militärische Aktionen, die in keiner Weise von der kolumbianischen Regierung kontrolliert werden, sagt der Drogenexperte Ricardo Vargas.
Bei der sogenannten Hilfe der Vereinigten Staaten scheint es so, als ob diese 1,3 Milliarden Dollar nicht wirklich in Kolumbien investiert werden. Damit bezahlt man die Unternehmen, die die Hubschrauber usw. herstellen, und Unternehmen wie DynCorp, die als Subunternehmen funktionieren, mit Söldnern, die in Wirklichkeit jene sind, die in Kolumbien die Sprühaktionen durchführen. Kolumbien hat keine Autonomie, um über seine Drogenpolitik zu entscheiden, nicht einmal, was den illegalen Coca-Anbau angeht. Das Gewicht der USA und ihrer Entscheidungen ist enorm hoch. Die Entscheidungen werden nicht von Kolumbien getroffen, sondern ganz allein von der Regierung der Vereinigten Staaten.
Um ein neues Vietnam zu vermeiden, hat der US-Kongress eine Obergrenze für die Zahl der US-Bürger gesetzt, die gleichzeitig in Kolumbien als so genannte Berater arbeiten dürfen. Offiziell ist die Rede von 500 US-amerikanischen Beratern höchstens. Diese Grenze umgehen die Amerikaner jedoch dadurch, dass sie Subunternehmen bezahlen, die wiederum Söldner anderer Nationalitäten beschäftigen.
Das heißt, weder der US-Kongress noch die kolumbianische Regierung wissen, wie viele Söldner und Militärberater für private US-amerikanische Sicherheitsfirmen tatsächlich in Kolumbien tätig sind. Sie bewegen sich in einem rechtsfreien Raum, und es gibt kaum Information darüber. Diese mit US-Geldern bezahlten Söldner fliegen beispielsweise Hubschrauber, die mit schweren Waffen ausgestattet sind. Niemand glaubt, dass sie dazu dienen, ein paar Coca-Bauern zu erschrecken. Viele Kolumbianer interpretieren die eigentliche Mission dieser Firmen als Aufstandsbekämpfung - als Kampf gegen die linke Guerilla.
In der Tat: Die Black Hawk-Kampfhubschrauber, die bisher im Rahmen der Sprühaktionen gebraucht wurden, sah man in diesen Tagen im Krieg gegen die Guerilla FARC im Einsatz. Von wem sie geflogen werden, ist unklar. Dazu der Drogenexperte Ricardo Vargas:
Typisch für die ganze Lage ist die fehlende Information. Unter anderem ist der Status dieser Söldner in Kolumbien ungeklärt. Das ist überhaupt nicht definiert worden, und es gibt keine Information darüber. Man nimmt an, dass dies größtenteils von der Firma DynCorp gemanagt wird, die diese Leute beschäftigt.
Das Sicherheitsunternehmen DynCorp, mit Sitz in Virginia, hat 1998 vom US-amerikanischen State Department einen Fünf-Jahres-Vertrag über 170 Millionen Dollar bekommen, für Arbeit in den kolumbianischen Konfliktgebieten. Zu den Leistungen gehören: Sprühen der illegalen Cocafelder, Bekämpfung des Drogenhandels, Ausbildung von Piloten, Militärtransporte, und so vage definierte Aufgaben wie 'Aufklärung'.
Die Grenze zwischen Drogen- und Aufstandsbekämpfung kann man in Kolumbien jedoch nicht eindeutig definieren. Die illegalen Cocafelder befinden sich oft genug in Guerilla-Gebieten - und genau darin liegt die Gefahr. Mittels ihrer Subunternehmen ist die US-amerikanische Regierung viel tiefer in den kolumbianischen Krieg verwickelt, als man auf den ersten Blick sieht. Hier findet eine Art Out-Sourcing des Krieges statt. Gabriel Izquierdo von der Universität Javeriana Ist Vermittler bei den Friedensverhandlungen mit der ELN. Er erklärt seine Haltung gegenüber den sogenannten 'Sicherheitsunternehmen':
Erstens finde ich es beunruhigend, dass es sich hierbei um Söldner handelt - denn es sind Söldner, denen es nur darum geht, Geld zu verdienen, egal wie. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es sich bei den meisten Verträgen um US-amerikanische Firmen handelt. Und die wollen einfach Geld verdienen. Je schlechter es um das Land bestellt ist, um so besser verdienen sie. Zweitens gibt es eine Menge Diskussionen wegen dieser Firmen, weil sie ohne jede Kontrolle operieren.
Wenn der Kongress einen entsprechenden Antrag von US-Präsident George W. Bush genehmigt, sollen neu formierte kolumbianische Spezialtruppen von der nordamerikanischen Eliteeinheit Green Berets trainiert werden. Das erklärte Ziel: 'wichtige amerikanische Interessen in Kolumbien zu schützen', wie es heißt - dazu gehören zum Beispiel Ölpipelines.
Kolumbien exportiert zunehmend Erdöl in die USA. Viele Beobachter haben den Eindruck, als ob es beim Plan Columbia nur in zweiter Linie darum geht, die Drogenproduktion einzudämmen - es scheint, als ob andere Absichten dahinterstecken, die nicht allzu geheim sind: Zum Beispiel, sich die strategischen Rohstoffe der Region anzueignen, wie etwa Erdöl, sagt der Soziologe Francisco José Campos, einer der Direktoren der Menschenrechtsorganisation CREDHOS in der Industriestadt Barrancabermeja:
Der Konflikt und seine Konsequenzen haben ihre Wurzeln in der geostrategischen Lage, wegen der großen Bodenschätze - hier raubt jeder diese Gegend aus und lässt nichts übrig. Diese Region soll also keine Probleme bereiten, sondern eine sichere Investition mit niedrigen Kosten gewährleisten. Das heißt, man will hier die Guerilla ausmerzen, die den Importen und Exporten gefährlich werden könnten. Und was noch schlimmer ist: Es sollen auch die Menschen ausgemerzt werden, die ein Bewusstsein ihrer Rechte haben, weil das dem Kapital schaden könnte.
Kolumbien ist der siebtgrößte Öllieferant der Vereinigten Staaten - und seine Kapazitäten sind ausbaufähig. Riesige unerschlossene Erdölreserven werden in kolumbianischem Boden vermutet, vor allem in dem Gebiet, das bisher von der Guerilla FARC kontrolliert wurde. Das heißt: Wenn man die Ölreserven ungestört fördern will, dann muss erst die Guerilla ausgeschaltet werden. Genau das wird momentan versucht.
Die unsichere Lage im Nahen Osten lässt die kolumbianischen Ölfelder interessant werden. Die Raffinerien im Golf von Mexiko sind gut zu erreichen, und die kolumbianischen Regierungen sind in der Regel gut Freund mit den Vereinigten Staaten. Die US-amerikanische Botschafterin in Kolumbien, Anne Patterson zum Beispiel ließ vor kurzem verlauten:
Um es ganz offen auszudrücken, nach dem 11.September ist der sichere Zugang zu Erdöl eine Priorität für die Vereinigten Staaten.
Im Haushalt für 2003, den US-Präsident George W. Bush dem Kongress vorgelegt hat, sind 537 Millionen Dollar zusätzliche Hilfe für Kolumbien vorgesehen, ausdrücklich bestimmt zur Aufstandsbekämpfung. Und Bush hat beim Kongress weitere 98 Millionen Dollar beantragt, mit denen der Schutz einer bestimmten Ölpipeline finanziert werden soll. Vor allem um diese eine Pipeline geht es, um Caño Limón. Hier fließen 75 Prozent des Erdöls durch, das in die USA geliefert wird. Die Frage ist, wie die 770 Kilometer lange Pipeline, die in unzugänglichem Gelände liegt, überhaupt geschützt werden kann. Im vergangenen Jahr sprengte die Guerilla ELN die Pipeline 170 Mal.
Die ELN zählt heute etwa 5000 Kämpfer. Zusammen mit den über 20.000 Guerilleros der FARC ist das ein Szenario, was auf einen langen und blutigen Krieg schließen lässt, meint Luis Eduardo Garzón, Präsidentschaftskandidat der Frente Social y Político, einer Linkskoalition:
Wir sind der Ansicht, dass in Kolumbien weder die Guerilla besiegt werden kann, noch dass die Guerilla gewinnen wird. Deswegen braucht man die politischen Friedensverhandlungen. Wenn man die Pläne der kolumbianischen Guerillagruppen - der FARC und der ELN - mit anderen Organisationen wie etwa der IRA oder ETA vergleicht, dann sind die Forderungen der kolumbianischen Guerilla wirklich bescheiden. Sie wollen eine Agrarreform, und dass der Generalstaatsanwalt vom Volk gewählt wird, dass es einen einzigen Kongress geben soll, und eine Neuordnung des Landbesitzes - also überhaupt keine großen politischen und strategischen Ansprüche. Ganz anders als bei der IRA oder bei der ETA.
Im Mai soll in Kolumbien gewählt werden. In den Meinungsumfragen führt der ultrarechte Kandidat, Álvaro Uribe Velez. Er hat sich für einen gnadenlosen Krieg gegen die Guerilla ausgesprochen. Die angrenzenden Staaten haben ihre Truppen in Alarmbereitschaft gesetzt; Panama hat sogar seine Grenze zu Kolumbien geschlossen. Die Angst vor einer regionalen Ausweitung des Krieges ist groß - eine berechtigte Angst. Aber die Aufständischen haben noch einmal ein Verhandlungsangebot gemacht. Kommandant Julián Conrado von der Guerillaorganisation FARC:
Wir wollen eine politisch ausgehandelte Lösung für die Probleme in Kolumbien. Darauf bestehen wir - nicht erst seit kurzem, sondern seit es die FARC gibt. Wir sind davon überzeugt, dass politische Verhandlungen über den Konflikt möglich sind.