Seit mehr als vier Jahren kommen aus Syrien fast täglich die immer gleichen Bilder – von Toten, Verletzten, Zerstörungen.
Bilder, die das Leid der Menschen kaum vermitteln können.
Bilder eines Krieges, nicht aller gegen alle, aber vieler gegen viele.
Schwer durchschaubare Vielfalt von Akteuren im syrischen Bürgerkrieg
Dabei ist die Situation am Boden oft schwer durchschaubar. Die regulären Streitkräfte halten der Führung in Damaskus unter Präsident Bashar al-Assad die Treue. Dazu kommen die so genannten Shabiha, also Milizen, sowie Kämpfer der Hisbollah, einer schiitischen Organisation aus dem Libanon, aber auch schiitische Kämpfer aus dem Irak und – wie es heißt – aus dem Iran und Pakistan. Seit einigen Wochen mischt außerdem die russische Luftwaffe mit – wofür die Führung sich regelmäßig dankbar zeigt, zum Beispiel in Person von Außenminister Walid Moallem:
"Erlauben Sie mir im Namen des syrischen Volkes, meinen Dank an Präsident Putin zu richten, für seine Bemühungen bei der Bekämpfung des Terrorismus."
Saudi-Arabien, die Türkei und Katar unterstützen islamistische Kämpfer in Syrien
Seit die russische Luftwaffe die Kampfverbände am Boden und damit auch die Führung in Damaskus unterstützt, konnten die Regime-Einheiten verlorenes Gelände zurückerobern. Das syrische Staatsfernsehen wird nicht müde, das zu betonen:
"Brutal ist die Schlacht mit der Terrororganisation Daesh..." – sagt der Korrespondent des Staatsfernsehens, wobei der arabische Ausdruck Daesh bedeutet: Islamischer Staat im Irak und in Syrien; abgekürzt im Deutschen mittlerweile nur noch mit IS. Dessen Kämpfer sind insbesondere im Nord-Osten und Osten Syriens stark. Eine andere islamistische Organisation ist kaum weniger aktiv – die Nusra-Front, der offizielle al-Qaida-Ableger in Syrien. Und noch eine dritte große islamistische Organisation macht von sich Reden; die Ahrar al-Shaam, die unterstützt wird von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei. Neben den Islamisten sind in Syrien noch kurdische Milizen vertreten, turkmenische – und die Freie Syrische Armee, kurz FSA. Der Westen unterstützte die FSA von Anfang an – anfänglich weniger, mittlerweile mehr.
Es ist diese Vielzahl an Kriegsteilnehmern, die die Karte des Landes bestimmt: Assad beherrscht nur mehr ein Fünftel des syrischen Territoriums. Den Rest – also vier Fünftel – kontrollieren Milizen, die nicht nur die Führung in Damaskus bekriegen, sondern bisweilen auch einander. Die Kämpfe haben die Hälfte der Bevölkerung vertrieben: Mehr als vier Millionen Syrer wurden vom UN-Flüchtlingshilfswerk in den Nachbarländern Syriens registriert; fast acht Millionen Menschen sind im Land selbst auf der Flucht.
Mehr als nur Solidarität mit Frankreich begründet den deutschen Einsatz
In diesem Szenario soll nun auch Deutschlands Bundeswehr eine Rolle übernehmen.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht von den Gräueln des IS, von dem zuletzt entdeckten Massengrab, in dem vor allem ältere Frauen gefunden wurden. Die eigentliche Begründung, warum Deutschland in das, was auch die Bundesregierung umgangssprachlich Krieg nennt, eintritt, aber lautet:
"Dieses Mandat fällt uns nicht leicht. Das ist eine schwere Entscheidung, und wir werden langen Atem brauchen und es ist ein gefährlicher Einsatz. Wir tun das auch in Solidarität mit unseren französischen Freunden, weiß Gott, aber nicht nur. Es ist auch in unserem Interesse."
Der deutsche Beitrag soll Aufklärung und Schutz sein, sagt die Verteidigungsministerin
In der ersten Lesung im Bundestag wirbt die CDU-Politikerin am Mittwoch um Zustimmung für den Einsatz:
"Paris hat uns doch gezeigt, dass wir längst im Fadenkreuz des IS stehen, machen wir uns doch nichts vor. Es sind die Kreuzfahrernationen, die angesprochen gewesen sind, beim deutsch-französischen Fußballspiel. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir lassen uns unsere freie Art zu leben nicht nehmen!"
Aufklärung und Schutz, so umschreibt die Verteidigungsministerin den deutschen Beitrag. Aufklären sollen sechs Tornados, die in Echtzeit Bilder liefern können. Tankflugzeuge sollen auch französische Kampfjets betanken. Schutz soll vor allem eine Fregatte bieten, für den Flugzeugträger Charles de Gaulle. Bis zu 1200 deutsche Soldaten sieht das Mandat vor, das diesen Freitag erst einmal – wie üblich – auf ein Jahr erteilt werden soll. Wohl niemand glaubt, dass der Einsatz so schnell beendet sein wird.
Kritiker sehen Verstoß gegen das Völkerrecht
Teile der Opposition zweifeln an der Sinnhaftigkeit des Einsatzes und beklagen eine fehlende Exit-Strategie. Vor allem Außenminister Frank-Walter Steinmeier hält dagegen, eine rein militärische Lösung könne es sowieso nicht geben, niemand arbeite so sehr an politischen Lösungen wie die Bundesregierung. Vor allem aber bezweifeln viele Abgeordnete der Grünen und der Linkspartei, dass das Mandat dem Völkerrecht entspricht. Tatsächlich beruft sich die Bundesregierung auf verschiedene völkerrechtliche Grundlagen – ganz eindeutig ist keine. Der Abgeordnete der Linkspartei Stefan Liebich trägt im Bundestag das vor, was auf jeden Fall jüngst noch gegolten hätte:
"Es gibt nach dem Völkerrecht nur zwei Möglichkeiten, dass fremde Mächte in einem Land militärisch agieren. Nämlich wenn sie dazu eingeladen werden – und es gibt hier keine Zustimmung der syrischen Regierung, egal wie wir die finden, es gibt sie nicht – und die andere Möglichkeit ist ein Kapitel VII-Beschluss. Und den gibt es auch nicht. Und zwar aus gutem Grund, darüber ist ja diskutiert worden, wir finden keinen Verweis auf Artikel sieben."
Gemeint ist die Resolution 22-49 des Sicherheitsrates vom 20. November, nach den Anschlägen von Paris also. Sie ruft alle Mitgliedstaaten zum Kampf gegen den sogenannten IS auf. Aber: Es ist Kapitel VII der UN-Charta, das Zwangsmaßnahmen bis hin zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte regelt, dazu konnte sich der Sicherheitsrat auch am 20. November eben nicht durchringen. Für den Grünen Jürgen Trittin heißt das: Die Resolution hilft hier nicht weiter.
"Jetzt haben wir den Fall, dass wir eine Sicherheitsratsresolution haben, die ist unmittelbar davor verfasst worden. Die bezieht sich auf die schwierige Situation. Sie benennt aber explizit nicht Kapitel VII. Daraus kann man ja wohl schließen, dass der Sicherheitsrat gerade nicht ermächtigt hat, weil sonst hätte er es reingeschrieben."
Unter Völkerrechtlern ist die Sache strittig
"Die Resolution hätte klarer formuliert werden können..."
...findet auch der Berliner Professor für Völkerrecht Georg Nolte.
"Allerdings ist es nicht nach der UN-Charta erforderlich, dass eine Resolution, die bestimmte Maßnahmen vorsieht, auch klärt, ob bestimmte Maßnahmen erlaubt sind, dass diese ausdrücklich auf Artikel sieben oder auf das Selbstverteidigungsrecht gestützt oder bezogen werden. Sondern der Sicherheitsrat ist ermächtigt und berechtigt zu sagen, was die Staaten tun sollen."
Es gibt auch Völkerrechtler, die das anders sehen. Der Bochumer Hans-Joachim Heintze etwa. Ohne einen solchen ausdrücklichen Verweis auf Kapitel VII ist die Resolution für ihn nicht mehr als ein politisches Dokument.
Doch beruft sich die Bundesregierung außerdem auch auf das Selbstverteidigungsrecht, wie es in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist und das auch zur Nothilfe berechtigt.
Eine Aufwertung des IS durch Anwendung der UN-Charta?
Das Problem, das viele sehen: Die Charta der Vereinten Nationen regelt das Verhältnis von Staaten zueinander. Der Linkenpolitiker Jan van Aken kritisiert deshalb, der IS würde aufgewertet, wenn man sich gegen ihn auf die Charta beriefe:
"Wollen Sie wirklich den Islamischen Staat als Staat anerkennen?"
... was für die Bundesregierung nicht in Frage kommt.
Der Völkerrechtsexperte Heintze zweifelt sogar daran, dass Frankreich von außen angegriffen wurde – angesichts der französischen und belgischen Pässe der Pariser Attentäter. Die Frage, ob ein Angriff nichtstaatlicher Akteure für die völkerrechtlichen Konsequenzen genüge, werde schon länger diskutiert, sagt dagegen sein Kollege Georg Nolte. Diese enge Verbindung habe der Sicherheitsrat selbst nach dem 11. September 2001 gelockert, als er den USA das Recht zur Selbstverteidigung zusprach.
"Man diskutiert, ob es nicht ausreicht, dass wenn ein nichtstaatlicher Akteur auf dem Gebiet eines Staates, der unfähig ist oder unwillig ist, ihn daran zu hindern, andere Staaten anzugreifen, ob das dann das Recht auf Selbstverteidigung auslöst. Und von diesem Verständnis geht jetzt offenbar auch der Sicherheitsrat aus. Und insofern handelt es sich bei der jüngsten Resolution auch um einen Schritt in einem völkerrechtlichen Klärungsprozess in diese Richtung."
Wie auch immer die Opposition sich hierzu verhält, Klagemöglichkeiten etwa vorm Bundesverfassungsgericht hat sie nicht.
EU-Bündnisfall? Vor den Anschlägen von Paris hatten die wenigsten davon gehört
Frankreich selbst beruft sich neben dem Recht auf Selbstverteidigung auch auf den EU-Bündnisfall.
In Brüssel hatten die wenigsten je von einem EU-Bündnisfall gehört. Nato-Bündnisfall – nach dem berühmten Artikel 5 – ja. Aber ein Artikel 42-7 des Lissabon-Vertrags, der alle EU-Länder verpflichtet, einem Mitglied mit allen Mitteln beizustehen, wenn es bewaffnet angegriffen wird? Es sei ein richtiger Schritt von Frankreich, sich auf den EU-Bündnisfall zu berufen, findet der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, der CSU-Politiker Manfred Weber.
"Ich bin froh, dass Francois Hollande den Artikel 42.7 aktiviert hat und nicht den Nato-Fall aktiviert hat. Der Artikel 42.7 gibt die Möglichkeit, dass wir Europäer jetzt mit den Arabern, mit den Russen und auch mit Amerika gemeinsam überlegen, wie wir den eigentlichen Feind, den wir zunächst mal haben, gemeinsam bekämpfen."
"Frankreich muss stark und groß sein"
Spätestens seit den Anschlägen von Paris ist man sich in der EU einig, dass dem IS nicht mit diplomatischen Mitteln allein beizukommen ist. Wie stark aber der militärische Aspekt des Kampfes gegen den IS betont wird, hängt nicht zuletzt von der Größe und dem militärischen Gewicht eines Landes ab. Frankreich hat sich schon vor den Pariser Anschlägen im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition militärisch engagiert. Jetzt fordert es dafür die tätige Solidarität der anderen EU-Länder ein.
(Hollande:) "Wir müssen mit Einigkeit und Gelassenheit vorgehen. Im Angesicht des Terrors muss Frankreich stark und groß und müssen die Verantwortlichen standfest sein. Wir werden es sein."
Die Rolle der EU, Brüssels, ist bei alldem bestenfalls eine koordinierende. Wer im jetzt ausgerufenen EU-Bündnisfall was, wann, wo, wie macht, um Frankreich zu unterstützen, handelt Paris bilateral aus. Außerdem will der französische Präsident Russland dazu bewegen, künftig ebenfalls gezielt den IS zu bekämpfen – und nicht wie bisher jedwede Opposition gegen Machthaber Assad. Doch: Soll man in Syrien mit Putin gemeinsame Sache machen? Da gehen die Meinungen der EU-Partner auseinander. Der litauische Außenminister Linkevicius beispielsweise will das ganz und gar nicht:
"Russland ist faktisch in einer Koalition mit dem Assad-Regime, der Terror-Organisation Hisbollah und dem Iran. Im Übrigen hat Moskau ganz andere Vorstellungen von der künftigen Rolle Assads. Wenn man nicht die gleichen Risiken sieht und die Situation völlig unterschiedlich bewertet – wie kann man da kooperieren? Wir können Russland nicht als Partner sehen. Als Faktor, ja – aber nicht mehr."
Wie viel Assad darf es noch sein?
Über die Zusammenarbeit oder Nicht-Zusammenarbeit mit dem syrischen Machthaber Assad – und sei es für eine Übergangszeit X – ist man sich unter den EU-Regierungen ebenfalls nicht einig. Die Frage lautet: Wäre eines nicht noch schlimmer als Assad, nämlich ein Machtvakuum nach dessen abruptem Abgang? Man erinnere sich nur an das Chaos in Libyen nach Gaddafi. Der britische Außenminister Hammond dazu:
"Wir können nicht mit Assad als Langfrist-Lösung für Syrien reden. Wir können flexibel sein bei der Art und Weise und dem Timing seines Abgangs. Aber wenn wir versuchen, mit Assad zu reden, dann würden wir nur die gemäßigte Opposition in die Arme des IS treiben – das Gegenteil dessen, was wir erreichen wollen."
Warum das nicht alle in der EU so sehen, rätselt Bundesaußenminister Steinmeier.
"Was mich ein wenig wundert ist, dass vor Beginn des Bürgerkrieges alle sich einig waren, dass man nicht mit Assad reden muss. Jetzt, nach fünf Jahren Bürgerkrieg und 270.000 Toten, alle sagen, man muss mit Assad reden."
Den "Wahnsinn der Islamisten" zu beenden, hat höchste Priorität
Weil die Frage nach der Zukunft Assads so schwierig, so vielschichtig ist, wurde sie auch bei der sogenannten "Wien-Konferenz" vor knapp drei Wochen zunächst ausgeklammert. In dieser Runde, in der ein Rahmenplan für eine politische Lösung der Syrien-Krise verabredet wurde, saßen neben der EU, Russland und den USA auch die Assad-Schutzmacht Iran, und der Assad-Gegner Saudi-Arabien beisammen. Der Europapolitiker Manfred Weber begründet, warum die Konferenz nicht an der Assad-Frage scheitern sollte:
"Bevor wir über Assad, bevor wir über die inneren Fragen Syriens reden, dass zunächst mal im Mittelpunkt steht, die Barbarei, den Wahnsinn der Islamisten zu beenden. Das ist unser gemeinsamer Feind."
Steinmeier setzt einige Hoffnungen auf die Ergebnisse von Wien. Auf dem Papier steht nun immerhin festgeschrieben, dass sich alle Anwesenden für einen Waffenstillstand – der nicht gegenüber dem IS gilt - einsetzen wollen, und für Wahlen nach einer Frist von 18 Monaten. Es soll noch im Dezember ein weiteres Treffen in diesem "Wiener Format" geben.
"Niemand ist ja so limitiert in seiner Auffassungsgabe, als dass er sagen könnte, der Kampf um Syrien ist in Zukunft militärisch zu gewinnen. Deshalb werden wir weiter an den ersten vorsichtigen Schritten hin zu einer möglichen politischen Lösung des Konfliktes arbeiten. Da liegt die Antwort. Sie wird nicht liegen in deutschen oder sicherlich nicht in europäischen Bodentruppen."
Arabische Analytiker sind sich einig darin, dass es richtig ist, den IS ins Visier zu nehmen. Aber anders als etwa Steinmeier und die sonstigen Vertreter der EU sagen sie auch, dass es nicht reicht, dies nur aus der Luft zu tun. Zum Beispiel Sarkies Na'oum, Kolumnist der Zeitung An-Nahar, der als einer der Syrien-Kenner des Libanon gilt:
"Eine militärische Intervention ist notwendig! Und zwar mit mindestens 100.000 Soldaten... Wer mit dem IS Schluss machen will, braucht 100.000 Soldaten, die voll ausgestattet sind mit allen Waffengattungen und die unterstützt werden aus der Luft. Innerhalb eines Monats würden sie den IS schlagen, aber sie brauchen bestimmt 18 Monate, um in einer Haus-zu-Haus-Operation mit dem IS aufzuräumen - in Syrien und im Irak."
Eine Ansicht, die Faleh Abdul-Jaber teilt, ein irakischer Politologe:
"Ich denke, es sollte eine amerikanisch-russische Übereinkunft sein. Dabei würden wahrscheinlich die Differenzen mit Russland wegen der Ukraine eingefroren. Die Sanktionen gegen Russland würden aufgehoben. Und dann: gemeinsame Bodentruppen."
Je weniger Staat, desto mehr IS
Aber wer Szenarien für die Zukunft Syriens durchspielt, darf eine Frage nicht außer Acht lassen: Was hat das Erstarken der Terrororganisation überhaupt möglich gemacht – in Syrien, im Irak oder jüngst auch in Libyen? Die Antwort ist auf eine Formel zu bringen: Je weniger Staat, desto mehr IS. Das heißt: Der IS kann dort am besten Fuß fassen, wo etwa die Gesundheitsversorgung unzureichend ist, die Schulen schlecht sind, wo Korruption herrscht. Der IS kann Anhänger gewinnen, wenn eine Regierung die Bevölkerung verliert: sie vernachlässigt oder sie - wie in Syrien mit Fassbomben - gar bekriegt. Das bedeutet, dass der IS jetzt zwar bombardiert werden kann. Und dass es irgendwann vielleicht sogar zu einer Bodenoffensive kommt – unter Beteiligung von Russland und den USA. Solange an den politischen Umständen nichts geändert wird, können Terroristen getötet werden – aber die Ideologen, denen sie folgen, werden immer wieder erstarken.
Es wird also Zeit, prinzipielle Fragen zu beantworten: Wie soll ein Ende des Krieges in Syrien erreicht werden? Sollte mit Bashar al-Assad verhandelt werden, wie es die Russen wollen – oder nicht, wie die USA meinen? Direkte Gespräche mit Assad wären keinesfalls erstaunlich, weil sie im Interesse all jener lägen, die Angst vor weiteren Flüchtlingen haben. Langfristig kann Assad keinesfalls ein Partner sein; das würde, wie auch in der EU viele erkennen, bei einem großen Teil der Syrer Hass provozieren. Innerhalb des Regimes gibt es jedoch durchaus Köpfe, die Assads Rolle mittelfristig übernehmen könnten.
Eine Lösung wird es in Obamas Amtszeit nicht mehr geben
Für einen Kampf gegen den IS muss eine gemeinsame Syrien-Strategie entwickelt werden; eine, die die USA und Russland, Saudi-Arabien und der Iran, aber auch die Europäer vertreten können – und nicht zuletzt die Syrer. Der libanesische Journalist Sarkies Na'oum dämpft jedoch mögliche Erwartungen:
"Denken Sie nicht, dass es eine Lösung gibt in dem Zeitraum, in dem Präsident Obama noch im Amt ist! Das ist vorbei. Und in der Zeit, die er noch im Amt hat, wird er die USA bestimmt nicht in einen großen Bodenkrieg verwickeln. Das wird dem neuen Präsidenten überlassen. Daher sage ich: Es zeichnet sich erst einmal keine Lösung am Horizont ab."
Und doch ist es fraglich, ob ein neuer US-Präsident – oder eine neue US-Präsidentin – die Supermacht sofort nach Amtsantritt in einen neuen Bodenkrieg im Mittleren Osten führen wird. In der EU dürfte eine solche Aussicht jedenfalls nicht vielen gefallen.