In den vergangenen Tagen seien zahlreiche Dokumente ausgetauscht worden, sagte Vize-Außenminister Sergej Rybakow der russischen Agentur Interfax zufolge. "Wir stehen vor einer Verständigung, aber ich warne vor allzu großen Erwartungen." Am Mittwoch hatte der Kreml erklärt, eine Vereinbarung mit den USA, die es Rebellen erlauben solle, die Stadt auf sicheren Wegen zu verlassen, stehe immer noch auf der Tagesordnung.
Die USA hatten am Mittwoch gemeinsam mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada die Konfliktparteien zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgerufen, um humanitäre Hilfe zu den Menschen in Aleppo bringen zu können. Am Mittwochabend sprachen US-Außenminister John Kerry und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow beim OSZE-Ministerrat in Hamburg über die Lage in Aleppo. Wie aus deutschen Delegationskreisen verlautete, führte Steinmeier mit Lawrow ein "langes ernsthaftes Gespräch".
Assad schließt Waffenstillstand aus
Syriens Präsident Assad hatte einen Waffenstillstand zuvor kategorisch ausgeschlossen. Diese Möglichkeit "existiert praktisch nicht", sagte Assad in einem Interview mit der regierungsnahen syrischen Tageszeitung "Al-Watan". Assad warf den USA darin vor, nur deshalb einen Waffenstillstand zu fordern, weil die von Washington unterstützten Rebellen "in einer schwierigen Lage" seien.
Auch die Aufständischen in Aleppo fordern eine füntätige Waffenruhe sowie freies Geleit für Zivilisten. Einen Abzug aus Aleppo lehnen sie bislang ab. Assad sagte in dem Interview, die Rückeroberung von Aleppo wäre zwar ein Sieg für die Regierung, "aber nicht das Ende des Krieges in Syrien". Es wäre jedoch "ein riesiger Schritt" in diese Richtung.
Assad kündigte zudem weitere Kämpfe gegen die Rebellen an, nicht nur in Aleppo. "Wir haben nicht daran gedacht, eines Tages einen Teil des Landes unbefreit zu lassen." Nahost-Experte Michael Lüders äußerte im Deutschlandfunk die Befürchtung, dass "der Krieg noch jahrelang weitergehen wird". Die Einnahme Aleppos führt zu weiteren Vertreibungen, zahlreiche Menschen sind auf der Flucht vor den Kämpfen - nachts sinken die Temperaturen auf um die null Grad. Die UNO beklagt die katastrophale humanitäre Lage der Zivilbevölkerung.
150 Zivilisten in Sicherheit gebracht
Das Internationale Rote Kreuz hat 148 behinderte Zivilisten aus der Altstadt Aleppos gebracht, die nach seinen Angaben in den Kämpfen "vergessen" worden waren. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung hieß es, die dringend auf Intensivpflege angewiesenen Menschen hätten nach dem Ende der Kämpfe in der Altstadt in Krankenhäuser gebracht werden können. Die Evakuierung sei zusammen mit dem Roten Halbmond am Mittwochabend abgeschlossen worden.
Rebellen verlieren immer mehr Gebiete
Seit dem Beginn einer Großoffensive der Regierungstruppen in Aleppo Mitte November haben die Regierungstruppen einen großen Teil der von den Rebellen kontrollierten Stadtviertel im Osten von Aleppo zurückerobert. Nach Angaben von Aktivisten ist seit Mittwoch auch die Altstadt wieder unter der Kontrolle der Regierung.
Im Ostteil der Stadt verloren die Rebellen damit seit Mitte November rund 80 Prozent ihres bisherigen Gebiets, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Die Regimegegner mussten sich demnach aus der Altstadt zurückziehen, weil sie Gefahr liefen, eingekesselt zu werden. Zusätzlich eroberten die Regierungstruppen demnach auch die beiden Viertel Al-Maadi und Al-Mardschi.
(nch/nin)