Archiv

"Kriegshetzer"-Äußerung
Gauck will keine Strafverfolgung

Bundespräsident Joachim Gauck will gegen den Brandenburger Landtagsabgeordneten Norbert Müller keine juristischen Schritte einleiten. Müller hatte Gauck als "widerlichen Kriegshetzer" bezeichnet. Koalition und Opposition diskutierten im Bundestag kontrovers über die Äußerung.

    Joachim Gauck hält vor einem Wappen vor schwarzem Hintergrund eine Rede
    Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Staatsbesuch gestern in Portugal (picture alliance / dpa / Miguel A. Lopes)
    "Manche bleiben sich treu. Andere werden Bundespräsident und widerliche Kriegshetzer."
    Diese zwei Sätze schrieb der Brandenburger Landtagsabgeordnete der Linken, Norbert Müller, bei Facebook. Verlinkt hatte er die Kritik von ostdeutschen Pfarrern an Joachim Gaucks Position zu militärischen Einsätzen der Bundeswehr im Ausland.
    Nach Paragraph 90 des Strafgesetzbuches droht bei Verunglimpfung des Bundespräsidenten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Allerdings werden nur Ermittlungen eingeleitet, wenn der Bundespräsident das selber wünscht. Eine Sprecherin sagte, man werde keine Strafverfolgungsermächtigung erteilen.
    Kritik an Nazi-Vergleich von SPD-Fraktionschef Oppermann
    Im Bundestag nahm die Große Koalition Gauck gegen den Kriegshetzer-Vorwurf in Schutz. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach von "unglaublichen Entgleisungen", zog sich dann aber selber Kritik der Linken zu, als er sagte:
    "Das war die Strategie der Nazis in der Weimarer Republik gegen Reichspräsident Ebert. Nun ist ganz klar, dass ich Sie damit nicht in Verbindung bringen will. Aber durch ihre demagogische Verdrehung der Äußerungen des Bundespräsidenten legen Sie die Grundlage für solche unglaublichen Entgleisungen."
    Mehrere Redner von CDU/CSU und SPD forderten den Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, auf, sich klar zu distanzieren. Gysi sagte daraufhin, der Landtagsabgeordnete Müller habe sich "falsch ausgedrückt": "Es kann schon sein, dass der eine oder andere bei uns mal über das Ziel hinausschießt." Für die Linke wie für andere Parteien gelte aber: "Keine Partei kann für jede Äußerung eines einzelnen Mitglieds die Verantwortung übernehmen."
    Gauck will Deutschland im Kampf um die Menschenrechte sehen
    Im Deutschlandfunk hatte sich Gauck am 14. Juni für eine aktivere Rolle Deutschlands in der Welt ausgesprochen:
    "Heute ist Deutschland eine solide und verlässliche Demokratie und ein Rechtsstaat. Es steht an der Seite der Unterdrückten. Es kämpft für Menschenrechte. Und in diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen."
    Gaucks Äußerung hatte schon kurz nach dem Interview Kritik von verschiedenen Seiten ausgelöst.