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Krippenplätze wichtiger als Frauenquote

Noch immer sind Frauen an der Spitze der universitären Hierarchie unterrepräsentiert. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass sich Wissenschaft und Familie nur schlecht vereinbaren lassen, so Cort-Denis Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung im Hinblick auf eine bundesweite Befragung unter über 1.000 Professorinnen und Professoren.

Cort-Denis Hachmeister im Gespräch mit Kate Maleike |
    Kate Maleike: Eine Kita auf dem Campus, ein Eltern-Kind-Zimmer, ein Stipendium fürs Auslandsstudium mit Kind – wer Familie und Studium oder auch die spätere wissenschaftliche Karriere unter einen Hut bringen will, dem haben sich in dem letzten Jahren an immer mehr Hochschulen in Deutschland Unterstützungsmöglichkeiten aufgetan. Denn genau so wie viele Unternehmen möchten natürlich auch Hochschulen familienfreundlicher werden und lassen sich das sogar zertifizieren. Doch in Studien wird immer wieder deutlich, dass diese Bemühungen nicht ausreichen, zumal nach wie vor Männer im Professorenjob die Mehrheit bilden. Und frisch bestätigt wird das jetzt durch eine bundesweite Befragung, die das Zentrum für Hochschulentwicklung CHE unter über 1.100 Professorinnen und Professoren gemacht hat. Cort-Denis Hachmeister hat die Studie durchgeführt. Herr Hachmeister, was haben die Professorinnen denn hauptsächlich kritisiert? Warum sind Familie und Beruf noch immer so schwer vereinbar?

    Cort-Denis Hachmeister: Also zunächst einmal wurde sozusagen herausgestellt, dass als Grund für diese Unterrepräsentanz von Frauen auf die Professuren – also es gibt nur praktisch so 20 Prozent weibliche Professoren –, dass ein ganz starker Grund eben die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Hochschule ist. Und was das Problem dabei eigentlich ist, ist, dass offensichtlich die Hochschulen so organisiert sind, dass die Vereinbarkeit schwierig ist, und zwar vor allen Dingen die wissenschaftliche Karriere. Bei den Studienabsolventen sind die Frauen noch in der Mehrheit, dann werden es aber über die Qualifikationsstufen hinweg immer weniger. Bei der Promotion gibt es schon weniger Frauen als Männer, und je weiter das halt fortschreitet, die Karriere, desto mehr Frauen brechen weg. Und das liegt offensichtlich daran, dass es so prekäre Arbeitsverhältnisse gibt, das heißt, man muss sich darauf einlassen, dass man lange Zeit mit einer großen Unsicherheit lebt, jemals eine Professur zu bekommen und damit eine Festeinstellung, und dass man in dieser Zeit einen befristeten Vertrag nach dem anderen hat, dass man sehr viel arbeiten muss, das die Arbeitsbelastung eben sehr hoch ist, zum Teil auch eben in den Nachtstunden, oder nicht planbar ist, dass eine hohe Mobilität gefordert wird, dass man also verreisen muss, dass man möglicherweise die Hochschule wechseln muss und damit den Ort wechseln muss, möglicherweise sogar das Land, dass man einmal ins Ausland geht für ein halbes Jahr. Das sind alles Anforderungen, die vor allen Dingen offensichtlich Frauen nicht immer bereit sind einzugehen.

    Maleike: Aber es gibt doch viele Programme an den Hochschulen, Mentorenprogramme, die genau das ja eigentlich verhindern sollen, die unterstützen sollen, Mut machen sollen zur wissenschaftlichen Karriere.

    Hachmeister: Ja, das ist richtig, das ist auch ein Aspekt, dass Frauen sich auch nach Angaben der Professoren öfter weniger zutrauen und nicht glauben, dass die so gut sind wie die Männer, oder vielleicht überschätzen sich die Männer auch, aber auf jeden Fall bleiben sozusagen die Männer eher bei der Stange als die Frauen, aber das andere ist nicht nur Mut machen, sondern auch tatsächlich ja handfeste Unterstützung einerseits, tatsächlich organisatorische Unterstützung, das es eben Kitas gibt, Betreuungsangebote. Das Andere ist aber auch so eine Kultur der Vereinbarkeit, dass die Vorgesetzten, Professoren das verstehen, dass es bestimmte Anforderungen gibt, und dass man zum Beispiel dann irgendwann sein Kind aus der Kita abholen muss und dann aber erst später, abends, dann weiterarbeiten kann. Und dass man dann trotzdem arbeitet, obwohl man nicht mehr in einer Hochschule oder eben im Labor steht.

    Maleike: Die Krippenplätze sind also wichtiger als die Frauenquote – so ist Ihre Studie überschrieben. Ist das aus dem Munde der Professorinnen?

    Hachmeister: Ja, es wurde ja gefragt, welche Instrumente sie für wirkungsvoll halten, und da wurde eben Kinderbetreuung sehr viel häufiger genannt – also von 80 Prozent jetzt der Frauen – als wirksames Instrument, und die Frauenquote nur von knapp der Hälfte der Frauen und nur einem Bruchteil der Männer sozusagen.

    Maleike: Was sind die Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen in der Professorenschaft in Deutschland im Moment?

    Hachmeister: Also ein ganz wesentlicher Grund, der von den Professoren genannt wurde und von den Professoren und Professorinnen gleichzeitig, ist, dass sich Familie und wissenschaftliche Karriere sehr schlecht vereinbaren lassen. Dann gibt es noch bei den Frauen insbesondere einen sehr starken Grund, dass die Wissenschaft eben noch sehr stark männlich geprägt ist, und dass es Frauen schwerer haben, sich im Wissenschaftsbetrieb durchzusetzen. Bei den Männern hört das mit den Gründen dann schon fast auf, die anderen Gründe, die da aufgelistet waren zur Wahl, werden praktisch kaum genannt. Die Frauen nennen noch so was, dass sie ihre wissenschaftliche Karriere weniger gut planen, dass sie immer noch verdeckt diskriminiert werden, dass sie durch informelle Organisationsstrukturen und Entscheidungsprozesse bei Einstellung benachteiligt werden, und dass männliche Professoren eher männliche Nachwuchswissenschaftler fördern. Das sind alles so eher subtilere Mechanismen, die Männer offensichtlich nicht mehr so stark sehen.

    Maleike: Viele Professorinnen und Professoren in Deutschland sehen Familie und eine wissenschaftliche Karriere noch immer nicht vereinbar. Zu dieser gerade erschienenen Studie des Zentrums für Hochschulentwicklung war das Cort-Denis Hachmeister. Danke für das Gespräch!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.