Sie scheppern. Sie quietschen. Und sie sind lebensnotwendig. An den Wasser-Pumpen im Lager Dar el Kheir stehen meistens Frauen und Kinder. Mit Plastikeimern und mit Kanistern.
Sie können hier Trinkwasser pumpen. Und das brauchen sie dringend in der Hitze nach dem Ende der kurzen Regenzeit in der Region um den Tschadsee. Dar el Kheir ist ein Flüchtlingslager im westafrikanischen Staat Tschad. Es liegt im Nordwesten, etwa 80 Kilometer vom Tschadsee entfernt. Vor vier Monaten gab es hier nur Sand, Büsche und Bäume. Jetzt leben tausende Flüchtlinge in Dar el Kheir.
Mehr als 130.000 Binnenvertriebene oder Flüchtlinge
Im Nordwesten des Tschad, einer ohnehin bettelarmen Region, suchen mittlerweile mehr als 130.000 Binnenvertriebene oder Flüchtlinge Zuflucht. Sie fliehen vor der Terrormiliz Boko Haram. Ähnlich sieht es im Nordosten Nigerias aus: Dort sind es mehr als anderthalb Millionen Vertriebene und Flüchtlinge. Hunderttausende sind es in Nord-Kamerun und im Süden von Niger. Die Region um den Tschadsee ist binnen weniger Jahre mit insgesamt fast 2,3 Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen zu einem gefährlichen Krisenherd geworden. Internationale Schlagzeilen macht das kaum. Aber rund um den Tschadsee schwelt ein Konflikt, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten immer weiter ausbreitet. Die Folge: Eine der größten humanitären Krisen der Welt. Die Konfliktursachen: schlechte Regierungsführung, Armut, Klimawandel, Terrorismus.
Ahmad Alamentahir ist mit seiner Familie vor dem Terrorismus geflohen. Zu Fuß sind sie aus dem Süden von Niger über die Grenze in den Tschad marschiert. Jetzt sitzt Ahmad Alamentahir zusammen mit tausenden anderen Flüchtlingen im Lager al Kheir:
"Die Trupps von Boko Haram sind im Grenzgebiet zwischen Nigeria und Niger unterwegs. Sie leben auf Inseln im Tschadsee auf nigerianischer Seite. Von dort kommen sie nach Niger, überfallen Dörfer und ziehen sich dann wieder auf die Inseln zurück."
Immer mehr Überfälle der Terroristen
Bis vor einigen Monaten waren Soldaten einer Sondereinheit im Grenzgebiet stationiert, sagt Ahmad. Niger, Nigeria, Kamerun und Tschad stellen insgesamt eine knapp 9.000 Mann starke Truppe, um die Terrormiliz Boko Haram zu bekämpfen. Aber dann wurde die Einheit von der Grenze zu Niger abgezogen, sie wurde anderswo dringender gebraucht. Die Folge: immer mehr Überfälle der Terroristen. Ahmad Alamentahir sagt, sie kommen nachts. Sie zünden Häuser an, sie stehlen Vieh und sie haben 44 junge Männer aus seinem Heimatdorf entführt. Daraufhin sind er, seine Familie und viele andere geflohen. Über die Grenze, in den Tschad. So entstand das Flüchtlingscamp Dar el Kheir. Ahmad Alamentahir sagt:
"Wir haben unser Leben gerettet: Wir sind hier in Sicherheit. Im Lager hat es bisher keine Boko Haram-Angriffe gegeben. Aber wir haben nicht genug zu essen. Es gibt Schwierigkeiten mit der Lebensmittel-Versorgung. Die Nahrung, die von den Helfern verteilt wird, reicht nicht aus. Es gibt auch nicht genug Unterkünfte. Und Probleme mit der medizinischen Versorgung."
Die Flüchtlinge leben in kleinen, hastig zusammengezimmerten Hütten. Die Behausungen sehen aus, als könnte ein kräftiger Windstoß sie sofort wegpusten. Als Toiletten dienen Erdlöcher, die ausgehoben und mit ein paar Bastmatten umgeben wurden, um vor den Blicken von außen zu schützen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hilft, das Welternährungsprogramm und eine Vielzahl anderer Hilfsorganisationen ebenfalls. Und dennoch: Im Lager Dar al Kheir leben mehr als 7000 Menschen. Gerade mal die Hälfte von ihnen regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt werden.
Hilfsorganisationen versuchen größte Not zu lindern
Die Caritas Tschad versucht, mit Geld aus Deutschland, die größte Not zu lindern. Sylvain Nodjiban, Projektmanager für diese humanitäre Hilfe, fasst die Lage so zusammen:
"Es gibt viel mehr Bedürftige, als wir versorgen können."
Frühmorgens quält sich der Geländewagen der Caritas Tschad auf Sandpisten zu einem anderen Camp. Es geht von der kleinen Stadt Bagasola am Tschadsee in Richtung Nordwesten, in die sogenannte "Rote Zone". Die liegt im Grenzgebiet des Tschad mit Nigeria und Niger. Hier gibt es häufiger Attacken von Boko Haram-Terroristen. Dennoch liegen in der Roten Zone viele Flüchtlingslager und Vertriebenen-Camps. Das Lager Kiskawadine erreichen die Helfer nach vier Stunden Fahrt. Soldaten der tschadischen Armee sind mit in den Geländewagen gestiegen, sie sollen die Helfer beschützen.
Menschen warten stundenlang auf Lebensmittel
Im Lager Kiskawadine warten die Flüchtlinge schon seit den Morgenstunden. Heute soll Mais verteilt werden. Im Schatten eines riesigen Baumes hocken Frauen, Kinder und Männer. Per Megafon erklären die Helfer, wie die Lebensmittel ausgegeben werden.
Über die Hochebene verteilt liegen hier hunderte kleiner Hütten. Ein paar Kamele stolzieren herum. Die Flüchtlinge warten geduldig auf ihre Mais-Rationen. Einmal im Monat bekommen sie, je nach Größe der Familie, ein paar Säcke – das muss reichen.
Die 52-jährige Yana Tschary ist aus dem Nordosten Nigerias hierher in den Tschad geflohen. Mit acht Kindern. Vor mehr als anderthalb Jahren. Wie die meisten Flüchtlinge lebte ihre Familie von der Landwirtschaft, von dem, was sie auf ihren Feldern erwirtschaften konnten. Jetzt sind sie auf Almosen angewiesen:
"Boko Haram hat bei uns zuhause so viele Menschen getötet. Wir wollten nicht weg. Aber wir mussten. Jetzt sind wir hier und haben nichts mehr. Nicht mal genug zu essen."
Im Lager können sie nichts tun. Sie haben kein Land mehr, können nichts anbauen. Im Camp Kiskawadine versuchen Helfer, wenigstens etwas Schulunterricht für die Kinder zu organisieren. Mobile Ärzteteam fahren in der Roten Zone von Lager zu Lager, um medizinische Hilfe anzubieten. Sylvain Nodjiban, der Projektmanager der Caritas, sagt, die Versorgung der Lager sei schwierig:
"Nehmen Sie beispielsweise die Frauen: Sie müssen sich um die Kindern kümmern. Sie sind oft ohne ihre Männer gekommen, weil die getötet wurden. Dazu kommen viele ältere Menschen. Und die jungen Leute, die kaum die Kraft haben, um zu arbeiten."
Aber die Binnenvertriebenen und Flüchtlinge haben ohnehin kaum eine Chance auf Arbeit. Dono Ndimadjita von der Caritas Tschad sagt, das sei eines der größten Probleme:
"Es gibt keine Arbeit für sie. Darüber beschweren sie sich immer wieder. Dann gibt es Lager, die unter Trinkwasser-Mangel leiden. Hinzu kommen Schwierigkeiten mit der Gesundheit und der Ernährung."
Als im Lager Kiskawadine alle Mais-Säcke verteilt sind, kommt plötzlich eine Gruppe von Menschen und beschwert sich bitter bei den Caritas-Mitarbeitern: Es sind Menschen aus den umliegenden Dörfern. Familien, die selbst kaum ausreichend zu essen haben. Sie hoffen, hier auch etwas von Nahrungsmittel-Hilfe zu bekommen, die für Flüchtlinge und Binnenvertriebene verteilt wird. Die Caritas-Mitarbeiter erleben das häufig. Und sie müssen ablehnen.
Nord-Kamerum, Niger, Nigeria
Das ist die Lage im Nordwesten des Tschad. In Nord-Kamerun, in Niger und in Nigeria sieht es teilweise noch schlimmer aus. Mark Lowcock, Nothilfe-Koordinator der Vereinten Nationen, war im September in Niger und Nigeria unterwegs. Lowcock brachte eine gute und eine schlechte Nachricht zurück nach New York: Die gute Nachricht ist, dass eine echte Hungersnot - bisher jedenfalls - vermieden werden konnte. Die schlechte:
"Da sind immer noch Millionen Menschen, die viel erlitten haben und denen es immer noch schlecht geht. Viele von ihnen sind nur einen Schritt vom wirklichen Hungern entfernt. Ich habe viele gefährdete Menschen getroffen, die mir von den Grausamkeiten erzählt haben, die sie erleben mussten. Weshalb sie geflohen sind. Wovor sie sich nach wie vor fürchten. Diese Menschen wollen nach Hause. Sie wollen die Chance, ihr Leben wieder aufzubauen. Aber nur dann, wenn es Sicherheit für sie gibt."
Studie über das Tschadsee-Becken
Die Flucht und Vertreibung so vieler Menschen, die Kämpfe zwischen der Terrormiliz Boko Haram und den staatlichen Armeen der betroffenen Staaten – all das hat die Wirtschaft der Tschadsee-Region schwer getroffen. Es wird viel weniger Getreide angebaut. Der Fischfang aus dem Tschadsee ist zurückgegangen. Der Handel mit getrocknetem Fisch und mit Vieh ebenfalls. Neben den Flüchtlingen und Binnenvertriebenen trifft der Konflikt auch die angestammte Bevölkerung der Tschadsee-Region. Aber ein genauerer Blick zeigt: Die Misere ist keineswegs ausschließlich das Ergebnis des Boko Haram-Terrorismus:
"Das ist ja eine Fehl-Wahrnehmung mit Blick auf Boko Haram, dass eigentlich nur diese Terror-Organisation das eigentliche Problem ist."
Das ist Alexander Carius. Er leitet das Forschungs- und Beratungsinstitut Adelphi in Berlin. Adelphi hat sich auf die Themen Klimawandel, Umwelt und Entwicklung spezialisiert. Alexander Carius und seine Mitarbeiter arbeiten im Auftrag der Außenminister der G7-Staaten an einer Studie über das Tschadsee-Becken. Sie sollen skizzieren, welche Risiken und Elemente die Krise in dieser Region hat. Und welche Strategie helfen könnte, diese Krise in den Griff zu bekommen. Deshalb sagt Alexander Carius, das Problem der Tschadsee-Region sei nicht nur die Folge des Boko Haram-Terrorismus. Das Problem werde auch durch die Regierungsarmeen verschärft, die Boko Haram bekämpfen. Beispiel: Nigeria.
"Es ist von der nigerianischen Regierung verboten worden, Fisch aus dem Tschadsee zu entnehmen. Und überhaupt die gesamte Fischerei und der Fischhandel. Mit dem Argument, dass Terrorgruppen das als Einkommensquelle nutzen. Mittlerweile stehen wesentliche Teile der Fischerei, aber auch der landwirtschaftlichen Produktion unter der Kontrolle staatlicher Truppen, die daran allerdings auch verdienen. Und ich glaube, das ist eines der Probleme das auch mit den Regierungen diskutiert werden muss: Wo sie eigentlich Teil des Problems sind und wo sie Teil der Lösung sein müssen."
Menschen vertrauen Armee nicht
Im Nordwesten des Tschad beispielsweise vertrauen die Menschen den Soldaten ihrer Armee keineswegs. Weil die Armee die traditionellen Routen für den grenzüberschreitenden Viehhandel nach Nigeria und Niger gesperrt hat. Weil die Menschen sagen, dass sich Generäle die besten Felder um den Tschadsee unter den Nagel reißen und so am Getreideanbau verdienen. Weil das Militär die Bevölkerung von den meisten der 52 Inseln im tschadischen Teil des Sees evakuiert hat. Sie hatten bisher ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei bestritten. Dann mussten sie weg. Alles im Namen der Terrorismus-Bekämpfung.
Aber in den Dörfern und Städtchen sagen die Menschen hinter vorgehaltener Hand, die Soldaten der tschadischen Armee wollten ja gar nicht wirklich die Terroristen bekämpfen.
In der Ortschaft Tagal, direkt am Tschadsee, versuchen die Bewohner stattdessen sich selbst zu schützen. Ali Outman ist dafür verantwortlich. Sie haben zwei Gruppen gebildet, die nachts jeweils durch die Ortschaft patroulieren. Wenn ihnen etwas Verdächtiges auffällt – ein Unbekannter im Ort, etwa – dann schlagen sie Alarm. Einmal riefen sie das Militär zur Hilfe – die Soldaten erschienen erst am nächsten Tag. Deshalb haben die Dorfbewohner ein Netz von Informanten aufgebaut, sagt Ali Outman und sie bekämen Hinweise von Bewohnern der Inseln im Tschadsee.
"Die Soldaten der Armee haben dann gefragt, ob sie nicht die Kontaktdaten unserer Informanten bekommen könnten. Wir haben abgelehnt. Wir selbst können besser für unsere Sicherheit sorgen als das Militär."
Der Staat ist nicht präsent
Die kleine Episode aus Tagal ist der Hinweis auf ein großes Problem: In der Tschadsee-Region ist der Staat nicht präsent. Die Menschen sagen, die Regierung sorge nicht für ihre Sicherheit. Im Nordwesten des Tschad ist Boko Haram nach wie vor aktiv. In der Stadt Bagasola gab es vor zwei Jahren einen Selbstmordanschlag auf dem Fischmarkt. 43 Todesopfer, mehr als 20 Verletzte. Seitdem hat das tschadische Militär in der Region Stützpunkte aufgebaut. In der Stadt sind die Soldaten allerdings selten zu sehen. Und manche der umliegenden Camps für Flüchtlinge und Binnenvertriebene können tagelang überhaupt nicht besucht werden – das Anschlags-Risiko ist zu groß.
Am Ufer des Tschadsee, im Dorf Tagal verarbeiten die Fischer den Fang des Tages. Ein Dorf am Tschadsee hat keine andere Einkommensquelle. Ein bisschen Landwirtschaft für den Eigenbedarf, viel mehr gibt es nicht. Deshalb klagen alle über die schlechte Wirtschaftslage. Und die Bedrohung durch die Boko Haram-Terroristen hat die Lage zusätzlich verschärft. Viehzüchter werden bestohlen, die Handelswege für den Export von Rindern in die Nachbarländer sind aus Sicherheitsgründen gesperrt. Eine Entwicklungsstrategie für die Tschadsee-Region wurde oft angekündigt, aber kaum umgesetzt.
Auch das ist nicht nur im Tschad so. Das gilt auch in Niger, in Kamerun und in Nigeria. Wenn Alexander Carius gefragt wird, was zu dieser Krise im Tschadsee-Becken beigetragen hat, dann antwortet er so:
"Vielleicht fange ich mal damit an, dass es im Wesentlichen ein governance-Problem ist. Also wir haben gerade in Nigeria das Problem, dass der Nordosten Nigerias ein von staatlicher Kontrolle eigentlich kaum noch zu erreichendes Gebiet ist."
Geflüchtete wollen oft nicht zurück
Carius ist mit einer Experten-Delegation im Nordosten Nigerias zwei Wochen lang durch verschiedene Lager gereist, in denen Binnen-Vertriebene untergebracht sind. Und anders als der Nothilfe-Koordinator der Vereinten Nationen hörte Carius häufig:
"…dass viele der Geflüchteten überhaupt kein Interesse haben, zurück zu gehen. Einmal, weil die Sicherheitslage in den Dörfern katastrophal ist. Zum Teil sind die Dörfer niedergebrannt worden, zum Teil haben sich dort terroristische Splitter-Gruppen gebildet. Andersherum haben die Menschen dort in diesen Flüchtlingslager zum ersten Mal überhaupt Zugang zu Dienstleistungen: nämlich Gesundheitsdienstleistungen, eine regelmäßige Versorgung mit Lebensmitteln, Zugang zu Bildungsmöglichkeiten."
Lebensmittel-Ausgabe in einem Flüchtlingscamp: Diese Dienstleistungen werden in den Lagern vor allem von Hilfsorganisationen bereitgestellt. Die betroffenen Staaten beteiligen sich zwar auch finanziell und logistisch. Sie sind aber keineswegs die wichtigsten Versorger ihrer eigenen Bevölkerung.
Das alles sind Bestandteile dieser Krise in der Tschadsee-Region. Der Nordosten Nigerias ist seit Jahrzehnten vernachlässigt. Dort wurde weder in die soziale Versorgung, noch in die Bildung, geschweige denn in die Infrastruktur investiert. Ähnlich sieht es im Nordwesten des Tschad aus. Der Süden von Niger und der extreme Norden Kameruns sind ebenfalls die Armenhäuser ihrer Länder.
Entwicklung der Boko Haram
Im Nordosten von Nigeria war Boko Haram Anfang des Jahrhunderts zunächst als Protestbewegung gegen Korruption und Machtmissbrauch entstanden. Der Gründer von Boko Haram wurde vom nigerianischen Militär verhaftet und getötet. Viele seiner Anhänger ebenfalls. In den Jahren darauf mutierte Boko Haram zu einer tödlichen, radikalislamischen Terror-Truppe. Die agiert seitdem brutal und rücksichtslos mit Selbstmord-Attentaten, Raubzügen, Zwangsrekrutierung und Entführungen - grenzüberschreitend. Mittlerweile ist die ganze Tschadsee-Region betroffen. Die Armeen der betroffenen Staaten reagieren mit harter Hand. Weite Teile einer ohnehin verarmten Region sackten durch die Auswirkungen des Konflikts wirtschaftlich noch weiter ab. Schlechte Regierungsführung, strukturelle Armut, Rebellion, schließlich Terrorismus und anhaltende Gewalt – eigentlich reicht das schon, um eine extrem komplexe und schwer lösbare Krise hervorzurufen.
Klimanwandel - Element der Krise
Aber es kommt aber noch ein weiteres Element hinzu: Der Klimawandel hat mit dafür gesorgt, dass es in der Tschadsee-Region immer schwieriger wird, das Land zu bewirtschaften. Anhaltende Dürren und Hitzeperioden haben mit einem großen Teil der Wasseroberfläche des Tschadsees auch einen erheblichen Teil der Wirtschaftsgrundlage verdampfen lassen. Manche meinen sogar, die Klimawandel sei eigentlich der Auslöser der ganzen Krise:
"Die Dürre-Periode, die vor etwas mehr als 20 Jahren begann, hat Auswirkungen für die Mehrheit der Bevölkerung im Tschadsee-Becken. Menschen, für die das Wasser des Sees Teil ihrer Lebensgrundlage ist, sind seitdem gefährdet. Das erzeugt einen Druck zur Migration – dorthin, wo es Wasser gibt."
"Die Dürre-Periode, die vor etwas mehr als 20 Jahren begann, hat Auswirkungen für die Mehrheit der Bevölkerung im Tschadsee-Becken. Menschen, für die das Wasser des Sees Teil ihrer Lebensgrundlage ist, sind seitdem gefährdet. Das erzeugt einen Druck zur Migration – dorthin, wo es Wasser gibt."
Das sagt Mohammed Bila, Mitglieder der "Kommission für das Tschadsee-Becken". Diese Kommission war schon in den 1960er Jahren gegründet worden. Sie sollte den Umgang mit den natürlichen Ressourcen des Tschadsees steuern. Viel geholfen hat das offenbar nicht.
Dass der Klimawandel ein Element der Krise in der Region ist, bestreitet kaum noch jemand. Dass die Erderwärmung die Hauptursache ist, das glauben allerdings nur wenige. Die betroffenen Staaten und die internationale Gemeinschaft haben es jetzt jedenfalls mit einer Situation am Tschadsee zu tun, die dringend analysiert und bewertet werden muss. Um vielleicht eine Strategie zu finden, mit der man gegensteuern kann.
Diese Analyse und vielleicht auch noch eine wirkungsvolle Strategie zu liefern, daran arbeiten Alexander Carius und internationale Experten. Seit mehreren Jahren bereits fließen hunderte Millionen Dollar in humanitäre Hilfe für die Betroffenen dieser Krise in der Tschadsee-Region. Alexander Carius meint:
"Wenn wir tatsächlich einen Großteil der bilateralen und multilateralen Hilfe im Wesentlichen nur für die Bekämpfung der Symptome der humanitären Krise einsetzen, aber nicht an deren Ursache arbeiten – dann werden wir strukturell diese Krise einfach nicht auflösen können."
Die Symptome der humanitären Krise in der Tschadsee-Region sind deutlich erkennbar: Gewalt, strukturelle Armut, zunehmende Wanderungsbewegungen. Diese Symptome lassen sich auch in anderen Regionen Afrikas beobachten. Deshalb lassen die Außenminister der G7-Staaten am Tschadsee gewissermaßen beispielhaft untersuchen, welche Ursachen das Drama dort hat. Eine koordinierte Strategie für die Bekämpfung dieser Krise – die ist dagegen noch nicht einmal in Ansätzen zu sehen.