Die "Ostetal" ist ein hellblauer Fischkutter, nur 20 Meter lang. Im Moment liegt er vor Anker in einem Fanggebiet der Elbe auf Höhe von Brunsbüttel. Kapitän Walter Zeeck und seine Söhne Klaus und Harald bilden die dreiköpfige Besatzung. Alle sechs Stunden werden die Netze eingeholt.
"Das ist ein relativ kleiner Fang, den wir jetzt hier gemacht haben. Wie haben natürlich ein paar Aale gefangen, dafür sind wir ja hier draußen. Das sind ungefähr so 20 Pfund. Dann haben wir hier den ganzen Beifang, der sich hier zur Zeit in der Unterelbe so tummelt: Das ist Stint, das ist – zeig mal drauf Klaus - da sind so stachelige Dinger, Kaulbarsch, die gehören hier auch her, sehr wohlschmeckend auch. Dann Heringe dabei, dann Maifisch, dann Butt dabei, Steinbutt. Krabben, das sind Hornkrabben, zeig mal eben Klaus. Klaus: Das sind keine Nordseekrabben, sondern Ostseekrabben, die kommen aus dem Nord-Ostsee-Kanal, die sind normal hier nicht heimisch. Vater: Hier ein Neunauge, aus der `Roten Liste`, sehr stark geschützt, müssen wir gleich wieder über Bord schmeißen."
"Das ist ein relativ kleiner Fang, den wir jetzt hier gemacht haben. Wie haben natürlich ein paar Aale gefangen, dafür sind wir ja hier draußen. Das sind ungefähr so 20 Pfund. Dann haben wir hier den ganzen Beifang, der sich hier zur Zeit in der Unterelbe so tummelt: Das ist Stint, das ist – zeig mal drauf Klaus - da sind so stachelige Dinger, Kaulbarsch, die gehören hier auch her, sehr wohlschmeckend auch. Dann Heringe dabei, dann Maifisch, dann Butt dabei, Steinbutt. Krabben, das sind Hornkrabben, zeig mal eben Klaus. Klaus: Das sind keine Nordseekrabben, sondern Ostseekrabben, die kommen aus dem Nord-Ostsee-Kanal, die sind normal hier nicht heimisch. Vater: Hier ein Neunauge, aus der `Roten Liste`, sehr stark geschützt, müssen wir gleich wieder über Bord schmeißen."
Obwohl die Wasserqualität der Elbe sich im letzten Viertel-Jahrhundert - durch die Schließung vieler umweltbelastender Betriebe, unter anderem in der ehemaligen DDR – rasant verbessert hat, haben die Fischer nicht sonderlich profitiert. Denn kurz vor der Jahrtausendwende wurde die Fahrrinne der Elbe für einen Tiefgang von 13,50 Meter ausgebaggert.
"Die letzte Elbvertiefung war so gravierend für uns, dass wir wirklich Fangplätze aufgeben mussten und auch starke Einbußen hatten bei den Fängen, weil die Fische andere Wege nehmen, wo wir nicht mehr hinkönnen. Und wir sehen auch unsere Häfen, wo wir anlanden können, die verschlicken. Und überall sind nur negative Auswirkungen durch die letzte Elbvertiefung."
Fischfang spielt keine relevante Rolle
Der Fischfang in der Elbe spielt gesamtwirtschaftlich keine relevante Rolle mehr. Aber er ist ein Gradmesser für die ökologische Qualität des Biotops. Wenn es dem Fluss gut geht, geht es den Fischen gut. Und wenn es den Fischen gut geht, geht’s auch dem Fischer gut – lautet eine alte Küstenregel. Kapitän Zeeck registriert, dass bei Flut die Wassermassen infolge der Vertiefung deutlich schneller heranrasen.
"Und das ist ja auch die Sauerei von den Gutachten, die sagen immer Durchschnittsgeschwindigkeit. Durchschnittsgeschwindigkeit ist für uns egal. Es ist die Spitzengeschwindigkeit, die uns das Leben schwer macht, das wir nicht mehr fischen können. Wenn ein Graben durchschnittlich 20 Zentimeter tief ist und ich ersaufe darin an einer Stelle mit drei Metern, dann ist der Graben 20 Zentimeter tief. Das ist totaler Quatsch, es geht um die Spitze, die Spitze, die in der Tide erreicht werden kann. Und das bringt uns sogar in Lebensgefahr. Und die Gefahr wird mehr durch diese Ausbaggereien."
"Und das ist ja auch die Sauerei von den Gutachten, die sagen immer Durchschnittsgeschwindigkeit. Durchschnittsgeschwindigkeit ist für uns egal. Es ist die Spitzengeschwindigkeit, die uns das Leben schwer macht, das wir nicht mehr fischen können. Wenn ein Graben durchschnittlich 20 Zentimeter tief ist und ich ersaufe darin an einer Stelle mit drei Metern, dann ist der Graben 20 Zentimeter tief. Das ist totaler Quatsch, es geht um die Spitze, die Spitze, die in der Tide erreicht werden kann. Und das bringt uns sogar in Lebensgefahr. Und die Gefahr wird mehr durch diese Ausbaggereien."
Fast in Rufweite zum kleinen Fischkutter zwängen sich Container-Riesen durch die schmale Fahrrinne der Elbe. Ihr Ziel: der Hamburger Hafen. Eine nautische Herausforderung. Aus Sicht der Reeder ist es wirtschaftlich vernünftig, möglichst viele Container mit einem einzigen Schiff zu transportieren. Daher haben sie immer größere Schiffe bestellt. Vor zwei Jahrzehnten dachte man noch, bei 8.000 Standard-Containern wäre die Kapazitätsgrenze erreicht. Heute fahren Frachtschiffe den Hamburger Hafen an, die rund 14.000 oder 16.000, manche sogar 18.000 Container tragen könnten - theoretisch. Denn diese riesigen Schiffe sind nur noch unter größten Anstrengungen, also bei auflaufendem Wasser und unter Inkaufnahme gravierender nautischer Risiken, in den Hafen zu dirigieren. Und sie dürfen nicht voll bepackt sein, sonst laufen sie auf Grund. Die Reedereien und die Umschlagbetriebe verlangen deshalb eine erneute Ausbaggerung der Elbfahrrinne von 13,50 auf dann 14,50 Meter. Dazu auch noch eine Verbreiterung. Dagegen klagen die großen Umweltverbände - die diesen Eingriff in das Flusssystem schon seit einem Jahrzehnt verhindern - vor dem Bundesverwaltungsgericht. Mit einer Entscheidung wird Anfang 2017 gerechnet. Malte Siegert, Schifffahrtsexperte des Naturschutzbund Deutschland:
"Es ist ja auch so, dass das sogenannte Bemessungsschiff, für das man diese Vertiefung ausgelegt hat, lediglich 10.000 Container tragen sollte. Wir haben aber heute schon die Situation, dass wir die doppelte Menge auf den Schiffen transportieren können. Also insofern ist diese Maßnahme, die man hier plant, ohnehin völlig ungeeignet. Und das, was man in der Öffentlichkeit versucht zu suggerieren, nämlich dass das die Lösung sei für die Zugänglichkeit des Hamburger Hafens, das wird mit dieser Maßnahme nicht erreicht werden können."
Die deutschen Reeder jammern: Ihre Schiffe werden immer größer, ihre Verluste ebenfalls. "Wir wissen nicht, wann wir wieder Gewinne erwarten können", sagt Max Johns. Er ist der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder und gleichzeitig Professor für Maritime Management an der Hamburg School of Business Administration.
"Und das Umfeld ist im Moment extrem schwer. Wir erleben da sogar eine Krise der Container-Reedereien, wie wir sie eigentlich noch nie seit dem Zeiten Weltkrieg oder dem Aufkommen der Container in den 60er-Jahren erlebt haben. Wir haben nach wie vor große Warenströme, diese Warenströme wachsen auch, aber der Schiffsraum und die zur Verfügung stehenden Schiffe wachsen schneller. Und das heißt ganz konkret: dass die Reedereien nicht genug Geld für die Transporte bekommen, das heißt für jede Fahrt, die man macht, zahlt man eigentlich oben drauf. Und das muss man machen, um überhaupt im Markt zu bleiben. In der Hoffnung, dass die Preise bald wieder steigen."
Keine Auslastung zu erreichen
Schuld an dieser Krise ist auf den ersten Blick die verhaltene Weltkonjunktur. Auf den Zweiten sind es die riesigen Containerschiffe, deren Fassungsvermögen so enorm gestiegen ist, dass man sie in den letzten Jahren nie komplett auslasten konnte. Viele der gehandelten Waren – beispielsweise Telefone, Computer oder TV–Geräte – wurden kleiner und brauchen daher weniger Platz an Bord. Zu viel Schiffskapazität – zu wenig Ladung, lautet die Diagnose.
"Wir sind in einer sehr unglücklichen und in der Wirtschaft extrem untypischen Lage, dass Schiffe sich rentieren erst bei einer sehr, sehr hohen Auslastung. Bei den Containerfrachtern konkret muss man meistens mit einer Auslastung von weit über 90 Prozent rechnen. Das gibt es eigentlich in keinem anderen Wirtschaftszweig. Und man kennt das von Fluglinien: Wenn eine Fluglinie immer zu mehr als 90 Prozent ausgebucht sein müsste, um überhaupt den break even point zu erreichen, ginge es allen Fluglinien extrem schlecht. Denn das erreicht niemand."
Nahezu alle großen internationalen Reedereien hatten Riesenfrachter geordert in der Hoffnung, dass die Weltwirtschaft kräftig wachsen würde. Ein teurer Trugschluss. Die deutsche Wirtschaft habe davon überhaupt keinen Nutzen, erklärt Professor Ulrich Malchow, der an der Hochschule Bremen junge Kapitäne ausbildet und vehement den Trend zu immer größeren Frachtschiffen kritisiert.
"Wer von Anfang an damit ein Riesenproblem hatte, waren die Häfen und die dort befindlichen Terminals, die sich diesen Schiffen anpassen mussten, sei es, was das Fahrwasser anbelangt, Tiefe und Breite, die Hafenanlagen, die Kaimauern und die Terminals mit ihrer Superstruktur, die Containerbrücken, die immer größer werden mussten und die haben ohne einen Container deswegen mehr umzuschlagen, es ist ja dieselbe Anzahl von Containern, die nur konzentriert kommen auf großen Schiffen und mit einmal auf die Pier geschmissen werden. Und das verursacht für die Häfen Riesenprobleme, ohne Mehrerlöse auf der anderen Seite."
Den Nutzen hätten allein drei Großwerften in Korea, die die gigantischen Container-Schiffe bauen, drei niederländisch-belgische Baggerunternehmen, die die europäischen Flüsse vertiefen und ein dominierender Hersteller von Container-Krähnen in China, konstatiert Ulrich Malchow. Der Trend zu immer größeren Schiffen biete zwar im Prinzip ökonomische Wettbewerbsvorteile. Aber es gäbe auch eine Obergrenze zu beachten. Die hätte man ignoriert.
"Jeder weitere Sprung, da ist der theoretische Vorteil so gering, dass die Nachteile bei weitem überwiegen. Und es kommt erschwerend hinzu, dass diese economies of scale nur genutzt werden können, wenn die Auslastung entsprechend hoch ist. Die Auslastung ist aber drastisch gesunken aufgrund der Krise, aufgrund der großen Überkapazität. Da bleibt überhaupt nichts übrig."
Die deutschen Seehäfen konkurrieren verbissen um jeden Container. Sie kooperieren nicht. Ein gemeinsames Vorgehen gegenüber den Reedereien ist an der Küste undenkbar. Der kaufmännische Alleingang sei eine alte hanseatische Traditionslinie, an der niemand zu rütteln vermag, sagt der Professor.
"Die Entwicklung war vorhersehbar. Und es war auch klar vorhersehbar, dass Hamburg der Hafen ist, der am meisten darunter leidet. Diese großen Schiffe sind – das muss man ganz klar sagen – Gift für Hamburg. Und, wenn die noch weiter wachsen, dann ist das der Overkill, weil sie dann nicht mehr nach Hamburg kommen können, rein physisch."
Die Geschichte des Containers
Die Geschichte des Containers ist gerade mal ein halbes Jahrhundert alt. In den 1960er-Jahren landeten die ersten Stahlkisten auf der Kaikante. In den 1980er Jahren brachte die Reederei Hapag-Lloyd das erste Schiff, das mehr als 3.000 Standardcontainer tragen konnte, aufs Wasser. Das galt damals als Revolution. In den 1990er Jahren folgten Schiffe, die 8.000 der genormten Stahlkisten transportieren konnten. Heute sind Riesen auf den Weltmeeren unterwegs, auf denen bis zu 18.000 Container gestapelt werden. Auf offenem Meer haben diese Giganten kein Problem mit dem Tiefgang von 16 und mehr Metern. Aber die beiden bedeutendsten deutschen Seehäfen Hamburg und Bremen liegen nun mal an Flüssen mit deutlich flacheren Fahrrinnen. Elbe und Weser sollen den Schiffen der neuen Generation dennoch die Möglichkeit zur Anlandung geben.
"Es gibt ja genug Häfen, wo man beobachten kann, dass die ihre Bedeutung verloren haben, weil sie nicht mehr erreichbar waren für größer werdende Schiffe. Stichwort: London. Hamburg hängt ja speziell am Fernosthandel und wenn der Fernosthandel, er wird ja nur noch ausschließlich mit diesen Riesenschiffen bewerkstelligt, wenn das dann nicht mehr über Hamburg läuft, dann bricht die ganze Kette, die da dran hängt, zusammen."
"Es gibt ja genug Häfen, wo man beobachten kann, dass die ihre Bedeutung verloren haben, weil sie nicht mehr erreichbar waren für größer werdende Schiffe. Stichwort: London. Hamburg hängt ja speziell am Fernosthandel und wenn der Fernosthandel, er wird ja nur noch ausschließlich mit diesen Riesenschiffen bewerkstelligt, wenn das dann nicht mehr über Hamburg läuft, dann bricht die ganze Kette, die da dran hängt, zusammen."
Koreanische Werften bauen bereits Containerriesen mit einer Kapazität oberhalb der Marke von 20.000 Containern. Die Regierungen von Hamburg und Bremen sehen keine Alternative zu den umstrittenen Vertiefungen von Weser und Elbe.
"Man hat einige Limits, da kann man wenig machen. Zum Beispiel die Köhlbrandbrücke hier in Hamburg."
Da kommen die ganz großen Containerriesen nicht darunter durch.
"Aber man hat ähnliche Limits natürlich auch in anderen Häfen, denken Sie an New York, an die Bayonne Bridge; die wird gerade angehoben für eine Milliarde Dollar, um die Schiffe, die jetzt durch den Panama Kanal kommen, auch nach New York bringen zu können. Eigentlich ist es eine ganz tragische loose- loose- Situation."
"Die Versicherer sind ja mittlerweile auch ein großer Kritiker dieser Entwicklung, weil das sogenannte Klumpenrisiko steigt bei solchen Schiffen. Sie kommen da schnell in Schadenshöhen inklusive Bergung von eineinhalb bis zwei Milliarden US Dollar."
"Aber man hat ähnliche Limits natürlich auch in anderen Häfen, denken Sie an New York, an die Bayonne Bridge; die wird gerade angehoben für eine Milliarde Dollar, um die Schiffe, die jetzt durch den Panama Kanal kommen, auch nach New York bringen zu können. Eigentlich ist es eine ganz tragische loose- loose- Situation."
"Die Versicherer sind ja mittlerweile auch ein großer Kritiker dieser Entwicklung, weil das sogenannte Klumpenrisiko steigt bei solchen Schiffen. Sie kommen da schnell in Schadenshöhen inklusive Bergung von eineinhalb bis zwei Milliarden US Dollar."
Deutsche Häfen nicht ausreichend gerüstet
Das Geschäft mit den Containern ist international. Die großen Reedereien sitzen in Dänemark, in Frankreich, in China und in der Schweiz. Sie wählen die Routen und die Häfen, die angelaufen werden, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus. Verständnis für ihre Fahrrinnenprobleme dürften Hamburg und Bremen von den Reedereien nicht erwarten, auch nicht von den deutschen, erklärt Max Johns die Geschäftspolitik der deutschen Schiffseigner.
"Die deutschen Häfen sind – man kann sagen – nicht ausreichend gerüstet oder haben es zu mindestens schwer bei den ganz, ganz großen Containerschiffen mitzuhalten. Bei der Reederseite ist das Interesse an den Häfen begrenzt, die Reeder kümmern sich zunächst um ihre eigenen Schiffe. Und diese Schiffe können genauso gut nach Rotterdam fahren oder wohin auch immer. Insoweit sind wir eigentlich hafenneutral, aber emotional natürlich nicht."
"Die deutschen Häfen sind – man kann sagen – nicht ausreichend gerüstet oder haben es zu mindestens schwer bei den ganz, ganz großen Containerschiffen mitzuhalten. Bei der Reederseite ist das Interesse an den Häfen begrenzt, die Reeder kümmern sich zunächst um ihre eigenen Schiffe. Und diese Schiffe können genauso gut nach Rotterdam fahren oder wohin auch immer. Insoweit sind wir eigentlich hafenneutral, aber emotional natürlich nicht."
In Wilhelmshaven entstand vor einigen Jahren der erste und einzige deutsche Tiefseehafen, der Jade Weser Port. Kostenpunkt weit über eine Milliarde Euro, geplant von den Ländern Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Aus Sicht des Umweltschutzes war das damals ein vernünftiger Plan, sagt Malte Siegert vom NABU.
"Und 2002 ist Hamburg wieder aus dieser Hafenkooperation wieder ausgestiegen, weil sie gesagt haben, wir wollen nicht ein kleines Stück vom Kuchen, wir wollen den ganzen Kuchen haben. Und insofern sitzen die Konkurrenten von Hamburg nicht in Rotterdam oder Antwerpen, sondern sie sitzen im eigenen Land in Wilhelmshaven oder in Bremerhaven. Und so bekriegt man sich hier zwischen den Hafenstädten und das ist eine völlig absurde Situation."
"Und 2002 ist Hamburg wieder aus dieser Hafenkooperation wieder ausgestiegen, weil sie gesagt haben, wir wollen nicht ein kleines Stück vom Kuchen, wir wollen den ganzen Kuchen haben. Und insofern sitzen die Konkurrenten von Hamburg nicht in Rotterdam oder Antwerpen, sondern sie sitzen im eigenen Land in Wilhelmshaven oder in Bremerhaven. Und so bekriegt man sich hier zwischen den Hafenstädten und das ist eine völlig absurde Situation."
Seit Inbetriebnahme herrscht Tristesse und Kurzarbeit an den Kaianlagen des Jade Weser Port. Die großen Linienreedereien hätten die Vorzüge ihres neuen Hafens noch nicht erkannt, trösten sich die Wilhelmshavener Manager. Auch gäbe es Verträge und Allianzen, die die großen Fernostverbindungen an die beiden Hansestädte binden. Nahezu alle Linienreedereien fahren jedenfalls am einzigen deutschen Tiefseehafen Wilhelmshaven vorbei; verlangen stattdessen von Bremen und Hamburg, dass diese ihre Zufahrtsflüsse Weser und Elbe weiter vertiefen. Das könnte darauf hinauslaufen, dass die nächste, noch ausstehende Vertiefung auch der Weser noch nicht die Letzte sein dürfte, befürchtet Martin Rode, Geschäftsführer des BUND in Bremen.
"Spannend finde ich, dass die Hafenwirtschaft selber oder die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung quasi bei jeder Vertiefung immer wieder sagen: Das ist die letzte. Also, die letzte Weser Vertiefung wurde auch tituliert als die letzte. Der damalige Leiter des bremischen Wasser- und Schifffahrtsamtes hat die letzte Unterweser Vertiefung Ende der 1970er Jahre auch bereits als die letzte verantwortbare Vertiefung bezeichnet. Komisch, die Erkenntnisse müssen ja weiter gegangen sein. Denn heute kann man den nächsten Schritt auch noch tun. Also, im Prinzip denken alle darüber nach: Das Ende ist nahe, mindestens nahe. Und eben auch heute heißt es, ja, diese eine Vertiefung muss unbedingt noch sein und danach ist es dann auch gut. Die Logik muss durchbrochen werden."
"Spannend finde ich, dass die Hafenwirtschaft selber oder die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung quasi bei jeder Vertiefung immer wieder sagen: Das ist die letzte. Also, die letzte Weser Vertiefung wurde auch tituliert als die letzte. Der damalige Leiter des bremischen Wasser- und Schifffahrtsamtes hat die letzte Unterweser Vertiefung Ende der 1970er Jahre auch bereits als die letzte verantwortbare Vertiefung bezeichnet. Komisch, die Erkenntnisse müssen ja weiter gegangen sein. Denn heute kann man den nächsten Schritt auch noch tun. Also, im Prinzip denken alle darüber nach: Das Ende ist nahe, mindestens nahe. Und eben auch heute heißt es, ja, diese eine Vertiefung muss unbedingt noch sein und danach ist es dann auch gut. Die Logik muss durchbrochen werden."
Auch in Hamburg gilt die Sprachregelung, die angepeilte Elbvertiefung werde definitiv die Letzte sein. Darauf schwören wollen indes nicht alle. Gunther Bonz, Chef des Container Umschlagbetriebs "Eurogate" und Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg.
"Man sollte nie nie sagen. Man sollte nie sagen: das war´s oder: es wird in jedem Fall noch einmal etwas stattfinden müssen. Das muss man sehen. Da muss man dann auch der nächsten Generation die Entscheidung übertragen, wie die das sieht und was dann zu machen ist. Wir haben jetzt die achte Elbvertiefung und ich kann als verantwortbare ältere Generation nicht der Jugend vorschreiben, wie die in zwanzig Jahren mit der Elbe umgeht. Das wäre unverantwortlich und deshalb kann man nicht sagen, es wird nie wieder an der Elbe etwas gemacht werden. Ob, das steht jetzt nicht zur Entscheidung an."
Wie sieht die Zukunft der deutschen Handelsflotte aus? Was die Profite anbelangt, blicken die Reeder ratlos ins Ungewisse, sagt Max Johns:
"Es ist also im Moment ein Geschäft auf die Zukunft oder eine Wette auf die Zukunft, dass man überlebt, dass man mit einem guten Marktanteil überlebt. Und das man dann Teile der Verluste wieder ausgleichen kann, die man macht. Heute macht fast jeder Verluste.
"Es ist also im Moment ein Geschäft auf die Zukunft oder eine Wette auf die Zukunft, dass man überlebt, dass man mit einem guten Marktanteil überlebt. Und das man dann Teile der Verluste wieder ausgleichen kann, die man macht. Heute macht fast jeder Verluste.
Nicht allein die wirtschaftliche, auch die umwelttechnische Bilanz der deutschen Handelsflotte ist negativ. Die Luftbelastung durch bordeigene Schadstoffemissionen ist in den Hafenstädten zu einem brisanten Dauerthema geworden.
"Wir haben eine ganz große Belastung durch Stickoxide, durch Schwefeldioxid und vor allem durch Feinstaub und Ruß. Die haben wir in den Häfen. Und man muss klar sagen, in der Europäischen Union sterben etwa 50.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der schlechten Luft nur aus dem Schiffsverkehr. Und da hat das Schiff eine ganz schlechte Bilanz."
Schiffe sind Klimakiller
Und last but noch least sind konventionelle Schiffe wahre Klimakiller: das zum Antrieb verwendete Schweröl stellt eine Art Sondermüllverbrennung auf hoher See dar.
"Je dichter die internationalen Warenströme entlang der arktischen Meere gehen, desto größer ist das Problem, weil der Ruß und der Feinstaub wird bis zu 400 Kilometer verdriftet und dann setzt er sich eben auf den weißen arktischen Flächen ab. Und das Eis reflektiert die Sonne nicht mehr sondern absorbiert das Sonnenlicht, und das führt dann eben dazu, dass die Polkappen schneller abschmelzen. Insoweit ist Ruß der zweitstärkste Klimatreiber nach CO-2 und ist eigentlich ein Problem, was in der öffentlichen Wahrnehmung komplett unterschätzt wird. Wir sind der Meinung, die Abgasnachbehandlung muss direkt an Bord passieren, weil derjenige, der das Problem produziert, muss auch die Lösung anbieten. Das heißt, Sie brauchen einen Katalysator einen Rußpartikelfilter und müssen mit möglichst sauberem Sprit fahren. Dann kann ein Schiff auch an der Kaikante liegen und alles ist gut."
Die deutschen Reeder scheuen Investitionen in umweltfreundlichere Antriebe, die durchaus in technisch ausgereifter Form zur Verfügung stehen: zum Beispiel schadstoffarmes Flüssiggas.
Gasbetriebene Schiffe stoßen nicht nur rund ein Viertel weniger CO2 aus, sondern sogar 80 Prozent weniger Stickoxide und so gut wie keinen Feinstaub und Schwefeloxide. Durch die Gastechnik an Bord wären Schiffe allerdings bis zu 25 Prozent teurer zu betreiben, klagt der Verband Deutscher Reeder. Die wirtschaftliche Lage wäre so prekär, dass man deshalb auf staatliche Subventionen für die Umrüstung der Schiffsmotoren angewiesen sei.