Moskau hat wegen des Streits sogar die Zusammenarbeit mit dem Ehrenoberhaupt vorläufig eingestellt. Damit protestiert das russisch-orthodoxe Patriarchat gegen die Pläne des Ehrenoberhauptes der orthodoxen Kirche, der Ukraine eine eigenständige orthodoxe Kirche zu geben.
Bislang gehört ein Teil der orthodoxen Christen zur russisch-orthodoxen Kirche. Doch spätestens seit dem politischen Konflikt mit Russland in der Ukraine, drängt die ukrainische Regierung auf eine eigenständige orthodoxe Kirche, unabhängig von Russland. Das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Bartholomaios I. befürwortet diese Pläne und will die Ukraine darin unterstützen. Doch die russisch-orthodoxe Kirche ist dagegen. Sie will ihre Oberhoheit über einen Teil der orthodoxen Christen in der Ukraine nicht verlieren. Das Moskauer Patriarchat betrachtet das osteuropäische Land als sein kanonisches Territorium.
Spaltung angedroht
Die russisch-orthodoxe Kirche drohte deshalb erstmals (14.09.2018) in der neueren Kirchengeschichte offiziell mit dem völligen Bruch mit dem Ehrenoberhaupt, dem Patriarchen von Konstantinopel: «Für den Fall, dass das Patriarchat von Konstantinopel seine widerrechtlichen Aktivitäten auf dem Territorium der ukrainischen orthodoxen Kirche fortsetzt, werden wir gezwungen sein, die eucharistische Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Konstantinopel vollständig abzubrechen», heißt es in der langen Erklärung des Heiligen Synod. Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel maße sich Befugnisse wie der römische Papst an. In der orthodoxen Kirche müssten die Leiter der 14 Landeskirchen aber gemeinsam Entscheidungen treffen.
Geringe Zustimmung unter den Gläubigen
Großes Gewicht bei der Entscheidung haben auch die Priester und die Gläubigen in der Ukraine. Wollen sie zum Moskauer Patriarchat gehören oder eine eigenständige ukrainische Kirche haben? Bei einer Umfrage im August (2018) sprachen sich nur 35 Prozent der Befragten für die Bildung einer autokephalen (eigenständigen) Landeskirche in der Ukraine aus. 19 Prozent waren dagegen. Den übrigen Befragten war es egal oder sie antworteten nicht.
Folgen einer Spaltung
Eine Spaltung der orthodoxen Kirche würde auch in Auslandskirchen, Folgen haben. So ist fraglich, ob sich die drei russisch-orthodoxen Bischöfe und Priester in Deutschland weiter an den Sitzungen der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland beteiligen würden. Die Bischofskonferenz wird nämlich vom obersten Repräsentant des Ökumenischen Patriarchats in der Bundesrepublik geleitet. Bislang gibt es keine eigene orthodoxe Kirche für Deutschland. Die Gläubigen gehören ihren orthodoxen Heimatkirchen, zum Beispiel in Griechenland oder Russland an.
Der Journalist und Orthodoxie-Kenner Ulrich Pick erläutert im Gespräch mit Susanne Fritz, welche politischen und kirchlichen Folgen der Konflikt haben dürfte, ob es Auswege gibt und wer die Verantwortung trägt.