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Krise zwischen Kanada und Saudi-Arabien
Offener Affront aus Washington

Die diplomatische Krise zwischen Kanada und Saudi-Arabien spitzt sich zu. Auf Unterstützung aus den USA kann Kanada dabei nicht zählen: Das US-Außenministerium teilte mit, den Konflikt müssten die beiden Länder selbst lösen. Damit sendet Washington gleich zwei Botschaften nach Ottawa.

Von Thilo Kößler |
    US-Präsident Trump und der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau bei einem Treffen im Juni 2018
    Zerrüttetes Verhältnis: US-Präsident Trump und der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau bei einem Treffen im Juni 2018 (AP Photo via dpa/Evan Vucci)
    So schnell, wie sich die diplomatische Verstimmung zwischen Saudi-Arabien und Kanada zu einer veritablen diplomatischen Krise hochschaukelte - so lauwarm oder besser: unterkühlt fällt die Reaktion darauf in den Vereinigten Staaten aus. Statt Verständnis für die Haltung der kanadischen Regierung oder gar Solidarität in der strittigen Frage der Menschenrechte in Saudi-Arabien zu zeigen, erklärte die Sprecherin des State Departments, Heather Nauert, abweisend: Dieses Problem müssten beide Seiten selbst miteinander diplomatisch lösen. Das könnten die USA nicht für sie erledigen. Das müssten sie selbst tun.
    Unterkühlte Reaktion aus den USA
    Der kanadischen Regierung kann dabei die Spitze nicht verborgen geblieben sein, die Nauert scheinbar beiläufig in Richtung Ottawa schickte: Sie stellte die Freundschaft der Vereinigten Staaten mit Saudi-Arabien auf eine Stufe mit der Freundschaft der USA zu Kanada - was beim direkten Nachbarn, Nato-Partner und historisch engstem Freund der USA nur als offener Affront gewertet werden kann.
    In der Erklärung des State Departments verorten Beobachter vor allem zwei Botschaften. Erstens: Kanada kann sich der Verbundenheit der Vereinigten Staaten unter der Administration Donald Trumps nicht mehr sicher sein. Die Beziehungen zwischen Trump und Kanadas Premier Justin Trudeau gelten seit dem G7-Gipfel Anfang Juni als zerrüttet. Und zweitens kann sich Saudi-Arabien nun ganz sicher sein, mit seinem äußerst harschen und konfrontativen Umgang mit der kanadischen Regierung ausgerechnet in der sensiblen Frage der Menschenrechte auf die Duldung des Weißen Hauses zu stoßen. Donald Trump hat Saudi-Arabien neben Israel zum wichtigsten Partner der USA im Nahen Osten erklärt und gegen den Iran in Stellung gebracht.
    Riad friert Beziehungen zu Kanada ein
    Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Kanada hatte sich an einem Tweet der kanadischen Außenministerin entzündet. Darin zeigte sich Chrystia Freeland ernsthaft besorgt wegen neuer Festnahmen von Frauenrechtlerinnen in Saudi-Arabien. Unter ihnen Samar Badawi, die Schwester des bekannten Bloggers Raif Badawi, der immer noch eine Haftstrafe verbüßt. "Wir bitten die saudi-arabischen Behörden dringend, Samar und alle anderen friedlichen Menschenrechtsaktivisten freizulassen", schrieb Freeland wörtlich und zog sich damit den Zorn des Königshauses zu. Das sei eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Königreichs, hieß es in Riad, das sich zur Eskalation entschloss und die diplomatischen Beziehungen zu Kanada de facto einfror.
    Zunächst bat die kanadische Regierung diskret um nähere Erläuterungen. Dann ging die Außenministerin vor die Presse: Die Außenpolitik Kanadas basiere auf festen Werten - Kanada habe sich stets für die Wahrung der Menschenrechte und der Frauenrechte eingesetzt, und daran werde sich auch nichts ändern, erklärte sie am Montag.
    Chrystia Freeland bleibt hart
    Freeland liegt das Schicksal der saudischen Frauenrechtlerinnen deshalb besonders am Herzen, weil Kanada die Ehefrau von Raif Badawi, Ensaf Haidar, erst unlängst eingebürgert hat. Deshalb verdiene sie und ihre Familie die besondere Aufmerksamkeit der kanadischen Regierung, erklärte Freeland. Sie unterstrich damit einmal mehr, wo sich Kanada auch weiterhin politisch verortet: Auf der Seite der Menschenrechte und damit fest im traditionellen Wertekatalog der westlichen Staatengemeinschaft.