Schon im Vorfeld der heutigen Krisensitzung hat die Polizei für den anstehenden Massenandrang Vorschläge zur Prävention angekündigt. Konkret genannt wurden etwa Betretungsverbote, Videoüberwachung sowie zusätzliches Personal. So wolle man verhindern, dass sich größere Gruppen von verdächtigen Männern zusammenrotten könnten. Dies dürfte angesichts des nur schwer überschaubaren Getümmels zu Karneval jedoch eine neue Herausforderung für die Sicherheitskräfte darstellen. Mit konkreten Ergebnissen des Krisentreffens wird erst am späten Nachmittag gerechnet. Einberufen hatte es die Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Neben Kölner Beamten soll auch die Bundespolizei teilnehmen.
Polizei wertet Videos und Fotos aus
Zunächst aber gilt es, die Vorkommnisse an Silvester aufzukuklären. Die Polizei ruft Zeugen auf, Fotos und Videos zur Verfügung zu stellen. Eine eigens gegründete Ermittlergruppe wertet bereits Überwachungsfilme aus dem Hauptbahnhof aus. Vor dem Gebäude sowie rund um den unmittelbar benachbarten Kölner Dom war es zu den Übergriffen gekommen. Zudem versuchen die Beamten, gestohlene Mobiltelefone zu orten, um möglichen Tätern auf die Spur zu kommen.
Zahl der Anzeigen deutlich gestiegen
Inzwischen melden sich bei der Polizei immer mehr Opfer. Allein am Montag gingen nach zunächst 60 weitere 30 Anzeigen ein. Wie es hieß, befinden sich darunter vereinzelt auch mutmaßliche Fälle von Vergewaltigungen. Die Schilderungen vieler Opfer lesen sich bestürzend: "Umzingelt, abgetastet, sexuell belästigt, systematisch gejagt, bestohlen". Die Ermittler vermuten, möglicherweise seien die Opfer teilweise auch deshalb umringt und unsittlich berührt worden, um die zahlreichen Diebstähle zu erleichtern.
"Bislang unbekannte Dimension"
Polizeipräsident Albers sprach bereits von "Straftaten einer völlig neuen Dimension". Derartiges sei für die Kölner Beamten bislang unbekannt gewesen. Bei den Tätern handelte es sich den Angaben zufolge um Hunderte Männer, die in größeren Gruppen vorgegangen seien. Sie seien "stark alkoholisiert" gewesen sowie "völlig enthemmt und gewaltvoll" vorgegangen. Opfer und Augenzeugen beschrieben sie "dem Aussehen nach aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum" stammend. Dies hatte in Sozialen Medien unter anderem zu teils fremdenfeindlichen Äußerungen geführt.
Berichte über Vorfälle in weiteren Städten
Inzwischen werden auch aus anderen Städten ähnliche Vorkommnisse gemeldet. In Hamburg seien Frauen auf der Reeperbahn jeweils von mehreren Männern "umringt und an der Brust oder im Intimbereich angefasst" worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Zugleich hätten ihnen die Täter Handys, Papiere und Geld weggenommen. Der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erklärte, auch aus Stuttgart und Hamburg seien derartige Phänomene bekannt. Er sagte dem Norddeutschen Rundfunk, seiner Einschätzung nach handele es sich nicht um organisierte Kriminalität. Vielmehr nutzten die Täter die Masse der Menschen, die Dunkelheit und den Überraschungseffekt, um nach vollzogener Tat wieder unerkannt zu entkommen. Zugleich warnte er, durch diese Vorfälle könne sich die Stimmung in der Gesellschaft gegen Flüchtlinge verschärfen.
Debatte erreicht Bundespolitik
Bundesjustizminister Heiko Maas sprach in Berlin von feigen und abscheulichen Übergriffen, die man nicht hinnehmen werde. Anders als Rainer Wendt wertete der SPD-Politiker die Vorgänge als organisierte Kriminalität.
Frauen seien "kein Freiwild", erklärte auch Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. Die Täter müssten schnell ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden - "egal welcher Herkunft und Religion" sie seien, fügte Schwesig hinzu. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in der "Thüringer Allgemeinen". Bei der Verfolgung der Straftaten dürfe es keinerlei Rolle spielen, ob die Verdächtigen einen Migrationshintergrund hätten. Es dürfe keine rechtsfreien Räume geben - "ganz egal, ob hinter den Straftaten deutsche Staatsbürger, Asylbewerber oder Ausländer" steckten.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte ein Umdenken. Hauptgeschäftsführer Landsberg betonte, man habe in den vergangenen Jahren wiederholt vor einem Abbau von Polizeikräften gewarnt und brauche nun eine Umkehr.