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Kriterien für Qualitätsstudium zu finden bleibt schwierig

Im Zuge der Bologna-Reform müssen alle Bachelor- und Masterstudiengänge akkreditiert werden. Seit 2008 gibt es auch die Möglichkeit, statt einzelner Studiengänge gleich das ganze Qualitätsmanagementsystem akkreditieren zu lassen. Bis jetzt machen aber nur sehr wenige Hochschulen davon Gebrauch.

Von Svenja Üing |
    Rund 50 Konferenzteilnehmer sind im Uni-Club in Bonn zusammengekommen. Die im Schnitt relativ jungen Frauen und Männer, meist Mitarbeiter aus Hochschulverwaltung und Akkreditierungsagenturen, berichten offen von ihren Fragen und Problemen mit der Systemakkreditierung. Annika Boentert ist Qualitätskoordinatorin an der FH Münster, eine von vier Hochschulen, die vor ein paar Jahren an einem Pilotprojekt teilgenommen hat. Die Hoffnung damals: Die Systemakkreditierung könnte preiswerter sein als die herkömmliche Studiengangakkreditierung. Heute ist man schlauer:

    "Also es ist eindeutig so, dass die Verfahrenskosten wohl günstiger wären nach den Angeboten, die uns vorliegen, aber bei der Systemakkreditierung gibt's halt viele versteckte Kosten, die wir schwer einschätzen können, also man wird mehr Personal brauchen, man wird wahrscheinlich auch externe Evaluationen finanzieren müssen, Beratung finanzieren müssen. Und das sind Kosten, die schwer absehbar sind."

    Denn die Voraussetzung für eine Systemakkreditierung ist ein gut funktionierendes Qualitätsmanagementsystem der Hochschule. Wenn das gegeben ist, kann die Hochschule sich als Ganzes begutachten lassen. Und sobald sie akkreditiert ist, muss sie nicht mehr jeden einzelnen Studiengang prüfen lassen. Dann reichen Stichproben aus. Das klingt zunächst nach weniger Aufwand, dachten auch die Münsteraner:

    "Inzwischen sind wir da skeptisch, ob diese optimistische Einschätzung trägt, aus zwei Gründen: Die Fachbereiche müssen natürlich weiterhin Informationen zur Verfügung stellen, die man auch für die interne Qualitätssicherung braucht. Und durch die hohe Zahl von Programmstichproben wären auch immer noch die meisten Fachbereiche in das normale Akkreditierungsgeschäft involviert, sodass es weniger Entlastung geben würde, als wir gehofft haben."

    In den nächsten Wochen entscheidet die FH Münster, ob sie dennoch einen Antrag auf Systemakkreditierung stellt. Bis heute haben das erst sehr wenige Hochschulen gemacht, weil die wenigsten die Voraussetzungen erfüllen, sagt Achim Hopbach, Geschäftsführer des Akkreditierungsrats in Bonn:

    "Viele Hochschulen haben sehr gute einzelne Elemente eines umfassenden internen Qualitätssicherungssystems, haben das aber noch nicht zu einem umfassenden System zusammengefügt."

    Weil das in vielen Fällen ein großer Aufwand sein kann, müssten sich vor allem kleine Hochschulen genau überlegen, ob sich das neue Verfahren für sie überhaupt lohnt:

    "Wenn man eine sehr kleine Hochschule nimmt, mit sehr wenigen Studiengängen, dann mag der Aufwand für die Einrichtung eines umfassenden internen Qualitätssicherungssystems in einem nicht sehr guten Verhältnis zu dem Nutzen stehen."

    Bisher steckten nur zwei Hochschulen bundesweit in einem Systemakkreditierungsverfahren, darunter die TU Ilmenau. Eine der positiven Erfahrungen hier: Gerade die Dozenten stehen jetzt stärker hinter der Akkreditierung, sagt Heike Schorcht, Qualitätsmanagementbeauftragte des Rektorats der TU Ilmenau:

    "Gegenüber der der Programmakkreditierung hatten wir einen sehr starken Widerstand verspürt, als wir aber davon anfingen, dass man über ein Qualitätsmanagementsystem in Anlehnung an die ISO-Normen nachdenkt und da in dem Zusammenhang auch ein Akkreditierungsverfahren anstrebt, das dieses System begutachtet, hatten wir sehr viele Fürsprecher."

    Die Studierenden hingegen reagierten oft skeptisch, berichten Teilnehmer der Bonner Konferenz. Und sie seien schwerer zu motivieren, sich am gesamten Qualitätsmangement-Prozess ihrer Hochschule zu beteiligen, sagt Annika Boentert von der FH Münster:

    ""Wir versuchen über Profs einzelne Studenten anzusprechen, haben unsere Gremienexperten natürlich, aber es ist unbefriedigend und bleibt eine Herausforderung."

    Um ihre Studierenden mit ins Boot zu holen, veranstaltet die Uni Potsdam, die gerade ihren Antrag auf Systemakkreditierung gestellt hat, regelmäßige Info-Treffen. Dort können die Studierenden ihre speziellen Probleme mit der Studienqualität zur Sprache bringen, sagt Philipp Pohlenz, zuständig für Lehrevaluation an der Uni Potsdam:

    "Wenn also konkrete Probleme zur Sprache gebracht werden, die mit der Modularisierung zusammenhängen oder mit der Studierbarkeit, Überschneidungen von Lehrveranstaltungen nur so als Stichwort, das wird ganz konkret dann zurück gemeldet in die Prozesse der Qualitätssicherung, die dann in die Fakultäten gebracht werden."

    Damit das etwas sperrige Konzept eines Qualitätsmanagementsystems an Hochschulen am Ende ganz konkrete Verbesserungen für den Studienalltag bringt.