Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis in Deutschland sollen anerkannte Flüchtlinge künftig nur noch dann bekommen, wenn sie über "hinreichende Deutschkenntnisse" verfügen und ihren Lebensunterhalt "überwiegend" selbst sichern können - und dies erst nach fünf Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik. Bislang gilt hier eine Wartezeit von drei Jahren.
Wohnsitzzuweisung bleibt umstritten
Die SPD soll sich mit einer etwas abgeschwächten Formulierung durchgesetzt haben, berichtet Gudula Geuther für den Deutschlandfunk. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die den Gesetzentwurf gemeinsam erarbeitet haben, wollen die Pläne heute in Berlin vorstellen.
Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, forderte eine 50-prozentige Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration. Ansonsten könnten manche kommunale Aufgaben nicht mehr gewährleistet werden. "Und dann verlieren wir die Unterstützung der Menschen", sagte Haseloff im Deutschlandfunk.
Geplant ist in dem Gesetz, dass der Staat anerkannten Flüchtlingen künftig unter bestimmten Bedingungen für mehrere Jahre den Wohnort vorschreiben kann. Diese sogenannte Wohnsitzzuweisung wird für drei Jahre befristet eingeführt. Flüchtlinge, die eine Ausbildung machen oder Arbeit gefunden haben, sind davon generell ausgenommen. Bedingung ist, dass sie mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten. Doch diese Wohnsitzzuweisung bleibt besonders umstritten.
"Das Gesetz hat desintegrative Wirkung"
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hält das geplante Gesetz für "fragwürdig, fehlgeleitet und populistisch". Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte der Deutschen Presse-Agentur kurz vor dem Kabinettsbeschluss zu dem Vorhaben, das Gesetz bediene "rechte Stimmungen in Deutschland, indem man suggeriert, dass sich Flüchtlinge nicht integrieren wollen". Die Pläne gingen völlig in die falsche Richtung, beklagte er. "Es behindert Integration, wenn man die Menschen an einen bestimmten Wohnort zwingt. Das Gesetz hat eine desintegrative Wirkung. Das ist Etikettenschwindel."
Burkhardt kritisierte, eine solche Regelung stehe der Integration entgegen. "Man verhindert dadurch, dass Menschen eigenverantwortlich ein neues Leben beginnen." Es sei falsch, Flüchtlinge in Regionen zu drängen, wo sie möglicherweise schlechtere Job-Chancen hätten und weit weg seien von Verwandten und ihrer Community. Außerdem sei es juristisch fragwürdig, ihr Freizügigkeitsrecht zu beschränken.
Regierung spricht vom "Fördern und Fordern"
Die Regierung spricht von einem Konzept des "Förderns und Forderns", dem Hartz-IV-Motto. Leistungskürzungen könnte es bei einer Verweigerung von Integrationsangeboten geben. Kommunale Spitzenverbände hatten die Pläne zuletzt begrüßt. Von vielen anderen Seiten kamen dagegen heftige Einwände. Neben Pro Asyl kritisieren auch weitere Organisationen, Sozialverbände, Gewerkschafter und Oppositionspolitiker wesentliche Teile des Gesetzes als falsch und integrationsfeindlich.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte das Gesetz zwar einen "Fortschritt". Der Entwurf enthalte neben überfälligen Erleichterungen aber auch "Überflüssiges und Schädliches", sagte sie dem "Münchner Merkur". "Völlig verfehlt ist die Verschärfung bei den überlaufenen Integrationskursen." Städtetagspräsidentin Eva Lohse (CDU) appellierte in der "Rheinischen Post" dagegen: "Um die Integration zu erleichtern, muss diese Möglichkeit, anerkannten Flüchtlingen einen Wohnsitz zuzuweisen, sehr rasch in die Praxis umgesetzt werden."
(nch/kis)