In einem Papier, aus dem mehrere Medien zitieren, heißt es, die FDP mache mal wieder Vorschläge, die vor allem an die eigenen Reihen gerichtet seien. Diese seien sozial ungerecht und hätten wirtschaftspolitisch keinen Sinn. Bundesjustizminister Buschmann von der Freien Demokraten wird vorgeworfen, nicht ambitioniert genug Bürokratie abzubauen und Arbeitnehmerrechte einzuschränken. Weiter heißt es, die Sanktionen beim Bürgergeld seien gerade erst verschärft worden.
SPD-Generalsekretär Kühnertsagte im Deutschlandfunk mit Blick aufdie Ampelkoalition, es gebe eine gemeinsame Geschäftsgrundlage. Es sei das Recht der Freien Demokraten, eigene Vorschläge zu machen. Dies tue die SPD auch. Ihre Kritik am Inhalt bekräftigten die Sozialdemokraten indes. Kühnert kritisierte unter anderem, in dem Papier der FDP-Spitze kämen die strukturellen Voraussetzungen, die auf Deutschland wirkten, nur am Rande vor.
FDP: Papier ist ein Debattenstart
Der FDP-Vorsitzende Lindner bestritt im ZDF, dass es sich bei der Parteitagsvorlage um - Zitat - "Koalitionsspielchen" handle. Appelle, die Koalition mit SPD und Grünen zu beenden und mit der Union zusammenzuarbeiten, wies er zurück. Lindner erinnerte daran, dass CDU und CSU bis 2021 selbst an der Regierung waren. Sie trügen eine Mitverantwortung für die aktuelle Wachstumsschwäche.
Auch das Bundesvorstandsmitglied, die frühere Juli-Chefin Schröder, betonte, die FDP habe kein Interesse an einem Koalitionsbruch. Sie sieht das Papier als einen "Debattenstart", wie sie dem Tagesspiegel sagte. Sie wünsche sich, dass man die Debatten sachlich und mit Blick auf die Generationengerechtigkeit führe. CSU-Chef-Söder hatte das Papier als "Scheidungsurkunde" für die Koalition bezeichnet. Vom BSW kamen Forderungen nach Neuwahlen zum 1. September.
In dem Konzept der FDP-Spitze wird unter anderem eine Reform des Bürgergelds und die Abschaffung der Rente mit 63 gefordert. Der Solidaritätszuschlag soll komplett wegfallen und die staatliche Förderung von Erneuerbaren Energien gestrichen werden. Für Unternehmen sind Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau vorgesehen. Das Zwölf-Punkte-Papier zur Sozial- und Wirtschaftspolitik soll beim kommenden Parteitag beschlossen werden.
Politikwissenschaftler: Versuch, um Wähler und Parteimitglieder zu werben
Laut dem Politikwissenschaftler Marc Debus von der Uni Mannheim ist das FDP-Konzept zur "Wirtschaftswende" ein Versuch, um Wähler und Parteimitglieder zu werben. Aus der Forschung wisse man, dass "Profilierung gegenüber Koalitionspartnern durchaus Unterstützung in der Wählerschaft bringen kann", sagte er ebenfalls dem Tagesspiegel. Debus fügte hinzu: "Allerdings darf man nicht zu weit gehen und die jeweiligen Partner zu stark angreifen, gerade auf Politikfeldern, auf denen man sehr unterschiedlich ausgerichtet ist und die für die beteiligten Parteien zentral sind."
Debus hält es für "sehr unwahrscheinlich", dass die FDP-Forderungen umgesetzt werden. Das Ganze könne somit auch "nach hinten losgehen", wenn die FDP ihren Punkten zu viel Nachdruck verleihe. Dann sehe es so aus, als würde sie in der Umsetzung scheitern.
Diese Nachricht wurde am 23.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.