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Kritik an Arsen-Bakterien-Fund

Mikrobiologie. - Der Sensationsfund der arsenverwendenden Bakterien hat für viel Aufsehen im Internet und in den Medien gesorgt. Doch die Hypothesen der Forscher stoßen auch auf Kritik. Zum Beispiel von Johann Heider vom Laboratorium für Mikrobiologie der Universität Marburg. Er führt sie im Gespräch mit Monika Seynsche aus.

03.12.2010
    Seynsche: Herr Heider, was halten Sie denn von dieser Arbeit?

    Heider: Ich bin da einigermaßen skeptisch gegenüber dem, was von den Autoren behauptet wird, und finde eigentlich, dass die Datenlage, die dieser Studie zu Grunde liegt, nicht ausreicht, um die Aussagen zu rechtfertigen, die da jetzt getroffen werden.

    Seynsche: Was kritisieren Sie denn genau? Was fehlt ihrer Ansicht nach?

    Heider: Also zum einen ist es so, dass vor allem die Statistik, wenn man sich die Originaldaten anschaut, nicht stimmt. Es sind da schon irgendwie handwerkliche Fehler auch zu sehen. Zum Beispiel eben zwei Studien, die im Abstand von ein paar Monaten gemacht worden sind, wo die Ergebnisse überhaupt nicht miteinander übereinstimmen. Trotzdem ist da einfach ein gemeinsamer Mittelwert draus gemacht worden, der jetzt in diesem paper auch auftaucht. Und das sieht man dann im Prinzip auch in der den Zahlenwerten. Das steht dann zum Beispiel ein Wert für einen Arsengehalt von 0,19 +/- 0,25. Das heißt, der Fehler ist größer als der Messwert selber. Und das ist ein Indiz schon mal dafür, dass man mit ein bisschen Skepsis an die Aussagen rangehen muss.

    Seynsche: Die Autoren sagen ja, sie haben ein Bakterium gefunden, dass, wenn es man es dazu zwingt, sich ausschließlich von Arsen ernähren kann und nicht mehr Phosphat braucht. Glauben Sie, dass das jetzt gar nicht stimmt, oder sind das einfach nur methodische Fehler, es ist unsicher?

    Heider: Mit der Datenlage, die da präsentiert wird in dem paper, kann man diese Aussage eigentlich nicht treffen. Wenn Sie sich die Analysenwerte für die Medien anschauen zum Beispiel, wo nur Arsen und kein Phosphat drin sein soll, dann ist da immer noch eine geringe Menge Phosphat drin, wahrscheinlich als Kontamination, als Verunreinigung von dem eingesetzten Arsenat, und das könnte eigentlich schon reichen für die Organismen, um damit eigentlich ihren Phosphathaushalt zu decken und damit alleine leben zu können. Und dann wäre das eigentlich nur ein weiterer Fall von schon bekannten arsenatresistenten Mikroorganismen, die viel Arsenat aushalten, aber jetzt nicht unbedingt Phosphat komplett durch Arsenat ersetzen können.

    : Aber die Autoren sagen ja auch, dass sie festgestellt haben, dass das Arsenat in die Zellen eingebaut ist und zwar auch in die DNA eingebaut wird.

    Heider: Ja, und auch da ist es so, wenn man sich da die Daten und die Statistik genauer ansieht, ist es halt so, dass das nicht besonders klar rauskommt. Die Messwerte, die jetzt gerade bei der Untersuchung der DNA in dem paper oder in dem Supplement-Material publiziert sind, die deuten eher darauf hin, dass man da im Grenzbereich dessen ist, was die Messmethode überhaupt noch erlaubt zuzulassen. Und von den Absolutwerten ist es so, dass die Phosphormengen noch zehnmal höher sind, oder über zehnmal höher sind als die Arsenmengen, die man in den DNAs findet. Das heißt, dass die DNA komplett phosphorfrei ist und nur noch Arsen enthält, das kann mit dieser Datenlage nicht aufrechterhalten.

    Seynsche: Das heißt, die Forscher haben geschummelt bei ihren Ergebnissen?

    Heider: Ich würde es nicht unbedingt so hart nennen, dass die geschummelt haben, sie haben zumindest nicht sehr gewissenhaft ihre Daten ausgewertet.