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Kritik an Bildungspolitik
Abitur gegen Abstiegsangst

Deutschland erlebt eine Krise beruflicher und akademischer Bildung. Das meint Julian Nida-Rümelin und überschreibt seine Kritik mit dem Begriff "Akademisierungswahn". Im Deutschlandfunk beschreibt der Philosoph und Kulturpolitiker Ursachen, Folgen und Wege aus der Krise.

Julian Nida-Rümelin im Gespräch mit Michael Köhler |
    Ein Porträt von Julian Nida-Rümelin
    In seinem neuen Buch kritisiert Philosophieprofessor und Ex-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin einen Akademisierungswahn in Deutschland. (Picture Alliance / dpa / Horst Galuschka)
    Die große Stärke des deutschen Bildungssystems sei es immer gewesen, auch ohne Abitur einen Beruf zu erlangen, mit dem gutes Geld zu verdienen sei, sagte Nida-Rümelin im Deutschlandfunk. Bislang sei es in Deutschland möglich gewesen, "zur Mittelschicht zu gehören, ohne studiert zu haben". Doch inzwischen drohe ein Überhang von Akademikern, warnt Nida-Rümelin, den 2001 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Kulturstaatsminister ernannt hatte.
    Schuld an der Entwicklung sei eine "groß angelegte Propaganda" auch der OECD in den vergangenen 20 Jahren. Obwohl Deutschland eine "wunderbare Bildungs- und soziale Mobilität" habe, erlebe es "Bildungspanik". Die Mittelschicht habe Abstiegsangst und mache als einzigen Weg dagegen das Abitur aus. Dadurch ist nach Ansicht Nida-Rümelins die Stärke des deutschen Bildungssystems in eine tiefe Krise geraten, es ruiniere seine Besonderheiten: die Stärken der beruflichen Bildung ebenso wie eine auf spezifischer Begabung beruhende akademische Bildung.
    Das 256-seitige Essay "Der Akademisierungswahn. Zur Krise beruflicher und akademischer Bildung" von Julian Nida-Rümelin ist vor wenigen Wochen in der "edition Körber" erschienen. Im DLF-Magazin Campus und Karriere diskutierte der Autor bereits mit dem OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher seine Thesen.
    Bis zum 2. April 2015 können Sie das Interview im Audio-Player nachhören.