- Wie wurde der Corona-Impfstoff bestellt?
- Weshalb eine europäische Lösung und kein deutscher Alleingang?
- Reicht die von der EU bestelle Menge an Impfdosen aus?
- Wie viele Impfdosen sind für Deutschland reserviert?
- Bei welchen Unternehmen wurden wie viele Impfdosen bestellt?
- Warum sind andere Länder mit den Impfungen schon weiter?
Im Kampf gegen COVID-19 bildete sich in Europa schnell eine Impfallianz, der sich immer mehr Staaten anschlossen – bis das Vorhaben am Ende der EU überlassen wurde. Die 27 EU-Mitgliedsstaaten verabredeten dabei zwei Aspekte zur Beschaffung des Corona-Impfstoffes:
Zum einen wollten sie gemeinsam bei den Pharmaunternehmen bestellen, die die Impfstoffe entwickelten, um einen Wettlauf zwischen den einzelnen Ländern zu vermeiden. Zum anderen setzte die EU mit einer Risikostreuung auf gleich mehrere erfolgversprechende Unternehmen, um nicht Gefahr zu laufen, sich auf einen Hersteller zu konzentrieren, dessen Impfstoffentwicklung am Ende erfolglos bleiben würde. Durch die Menge an Bestellungen konnte die EU-Kommission ihre Verhandlungsmacht einsetzen und dadurch Einfluss auf die Preise für die Impfdosen nehmen sowie diese verlässlicher bereitstellen.
Ein deutscher Alleingang beim Corona-Vakzin wäre an sich, ähnlich dem anfänglichen britischen Weg, möglich gewesen. Jedoch wäre die nationale Notfallzulassung eines Impfstoffes nach sechs Monaten abgelaufen. Zudem waren Haftungsfragen entscheidend für den Fall, dass es zu schweren gesundheitlichen Schäden durch den Impfstoff käme: Nach einer Zulassungsprüfung durch die Europäische Arzneimittel Agentur Ema und die EU-Kommission würden die Hersteller haften. Bei einer nationalen Notfallzulassung würde der Staat haften.
Durch die Klagen über die Knappheit von Corona-Impfdosen in Deutschland und anderen EU-Ländern könnte derzeit der Eindruck entstehen, die EU habe zu wenig Impfdosen bestellt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die EU hat im Prinzip zu viele bestellt. Es musste mit der Unbekannten gerechnet werden, dass Impfstoff bestellt werden sollte, den es noch gar nicht gab. Deshalb hat sich die EU bei den sechs Erfolg versprechendsten Kandidaten zwei Milliarden Dosen gesichert für die insgesamt 450 Millionen EU-Bürger.
Die Verteilung der Impfstoffe erfolgt durch einen festgelegten Schlüssel, der sich aus der jeweiligen Einwohnerzahl eines EU-Landes ermisst. In der Summe rechnet das Bundesgesundheitsministerium mit voraussichtlich 300 Millionen Impfstoffdosen für die 83 Millionen Menschen in Deutschland. Hierbei sind jedoch auch COVID-19-Impfungen mitgerechnet, deren Zulassung sowie etwaiger Lieferzeitpunkt noch ungewiss sind.
Die bis zum November 2020 von der EU-Kommission verhandelte Menge an Vakzinen, umfasst 405 Millionen Dosen des Tübinger Herstellers Curevac, je 400 Millionen vom britisch-schwedischen Unternehmen Astra-Zeneca sowie vom amerikanischen Hersteller Johnson & Johnson, bis zu 300 Millionen Dosen von Biontech-Pfizer und vom französischen Unternehmen Sanofi-GSK sowie 160 Millionen Dosen von Moderna.
Da sich bei den Vertragsabschlüssen noch nicht abzeichnete, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer der aussichtsreichste und am schnellsten marktreife sein würde, hat die EU bei der ersten Bestellung dort nur 200 Millionen Impfdosen geordert. Bei anderen Herstellern wurden mehr Dosen bestellt, da der Impfstoff von Biontech/Pfizer zudem teurer (12 Euro/ Dosis) und schwieriger zu kühlen ist. Es sind -70°C notwendig, damit er haltbar ist.
Als sich abzeichnete, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer der erste marktreife sein und eine zügige Zulassung erhalten würde, bestellte die EU 100 Millionen weitere Dosen. Eine weitere Nachbestellung wird derzeit verhandelt.
Anders als die EU sind Länder wie Großbritannien, Israel oder auch die USA bereits weiter vorangeschritten mit den Impfungen, weil sie den risikofreudigeren Weg der Notfallzulassung gegangen sind. Dadurch sind die EU-Länder ein paar Wochen hinterher. Außerdem wurden manche Länder schneller von den zugelassenen Herstellern beliefert als die EU. Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass es organisatorisch leichter zu bewältigen ist, Bevölkerungen kleinerer Länder wie Israel mit neun Millionen Einwohnern zu impfen als die Bevölkerung der EU mit 450 Millionen Einwohnern.