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Kritik an der Bundeskanzlerin
"Merkel ist ohne Zweifel in Gefahr"

Angesichts der wachsenden Kritik an Angela Merkel sieht Politikberater Michael Spreng die Bundeskanzlerin in der schwierigsten Phase ihrer Amtszeit. Mit ihrer Flüchtlingspolitik sei sie ins Risiko gegangen, sagte er im DLF. Das Einzige, was sie derzeit noch schütze: "Sie ist personell alternativlos."

Michael Spreng im Gespräch mit Christine Heuer |
    Michael Spreng, Politikberater, aufgenommen am 05.07.2015 während der ARD-Talksendung "Günther Jauch" zum Thema: "Die Entscheidung der Griechen - Schicksalstag für Europa?" im Studio des Berlin Gasometer.
    Politikberater Michael Spreng (picture alliance / dpa / Karlheinz Schindler)
    "Es gibt in der CDU/CSU keine persönliche Loyalität ihr gegenüber, nur gegenüber der Machtgarantin Merkel", sagte der frühere Journalist. "Wenn dieser Nimbus schwindet, werden auch die Loyalitäten schwinden." In der aktuellen Flüchtlingskrise sei Merkel erstmals emotional gewesen - auch mit ihrem Satz "Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land." Damit sei die Bundeskanzlerin ins Risiko gegangen, was unüblich für ihren bisherigen Regierungsstil sei. Jetzt muss sie dieses Risiko tragen. "Sie ist ohne Zweifel in Gefahr", sagte Spreng.
    Die Regierungschefin stecke nun in einem Dilemma: "Einen radikalen Kurswechsel kann sie nicht einleiten, das würde ihre Glaubwürdigkeit zerstören", so Spreng. In der Flüchtlingskrise bleibe ihr nur zähes, mühsames Arbeiten - und die Hoffnung, dass die Zeit bis 2017 reicht. Käme es aber bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg zu starken CDU-Verlusten, werde aber auf breiter Front eine Führungsdiskussion in CDU und CSU einsetzen. "Sie ist personell alternativlos - das ist das Einzige, was sie derzeit noch schützt", sagte Spreng auch angesichts der Probleme anderer CDU-Granden wie Ursula von der Leyen oder Thomas de Maizière. Wenn allerdings die aktuellen Probleme bestehen blieben und die Flüchtlingsfrage nicht bewältigt werde, könne es irgendwann zu unplanbaren Abläufen kommen, die Merkel nicht beeinflussen könne.
    Kein einfacher Ausstieg für Merkel
    Einen einfachen Ausweg gebe es nun nicht, Merkel müsse bei ihrer Linie des "Wir schaffen das" bleiben - aber auch eingestehen, dass es schwieriger werde als gedacht. "Sie muss bei ihrer Linie bleiben, denn Glaubwürdigkeit ist ihr größtes politisches Kapital, das kann sie nicht verspielen", meinte Spreng. "Da sie aber keine große Rednerin sei, könne sie die Menschen nicht mitreißen. "Sie kann nur versuchen, die große Hilfsbereitschaft, die da ist, erneut zu befeuern und appellieren, dass man ihr Zeit gibt."
    Das komplette Interview können Sie noch für mindestens fünf Monate in unserem Audio-on Demand-Bereich anhören.