Archiv

Kritik an EZB
Konzerne beklagen starken Euro

Airbus und andere Exporteure hätten gerne einen schwächeren Euro. Dann bekommen sie, wenn sie ihre Flugzeuge gegen Dollar verkaufen, mehr Euro in die Kasse. Bei der Europäischen Zentralbank beklagen sie sich deshalb über Wettbewerbsnachteile. Doch EZB-Chef Mario Draghi weigert sich, die Wechselkurse zu beeinflussen.

Von Michael Braun |
    Euro-Skulptur vor der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main.
    Wo der Export schwächelt, plädieren Regierungen für einen schwachen Euro. Verbraucher freuen sich dagegen über einen starken Wechselkurs. (picture alliance / dpa - Arne Dedert)
    Der Wechselkurs des Euro wird an der Börse ermittelt, Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Mit dem Ergebnis sind nicht alle zufrieden: Airbus und andere Exporteure hätten gerne einen schwächeren Euro. Dann bekommen sie, wenn sie ihre Flugzeuge gegen Dollar verkaufen, mehr Euro in die Kasse.
    Verbraucher freuen sich dagegen über einen starken Euro. Dann wird das in Dollar eingekaufte Benzin an der Tankstelle in Euro billiger. Die Interessengegensätze gehen auch über die Landesgrenzen hinweg: Wo der Export schwächelt, in Frankreich etwa, plädieren Regierungen für einen schwachen Euro. Wo trotz starken Euros hohe Wettbewerbsfähigkeit für einen rund laufenden Export sorgt, zählt Preisstabilität mehr, in Deutschland zum Beispiel.
    Die Europäische Zentralbank steht mittendrin. Aber sie will damit nichts zu tun haben. Präsident Mario Draghi sagt, im Grundsatz sei der Wechselkurs kein Ziel ihrer Politik. Das stimmt aber nicht so ganz. Als der Euro Anfang Mai auf 1,40 Dollar zustrebte, fielen die Importpreise – und dies in einer Zeit, in der die EZB sich um die Preisstabilität große Sorgen machte: Sie hatte nämlich Angst vor sinkenden Preisen, vor Deflation, also davor, dass die Konjunktur erlahme, weil alle Welt Kaufentscheidungen in der Hoffnung auf sinkende Preise hinausschiebe.
    EZB lässt sich nicht vor den Karren spannen
    Da ließ Draghi dann wissen, dass ihm der Eurokurs zu hoch sei, und zwar aus stabilitätspolitischen Gründen. Verbalintervention nennt man das. Wenn Reden nicht reicht, gibt es, weiß Volkswirt Christian Reicherter von der DZ Bank, noch eine Möglichkeit:
    "Andererseits wäre es auch sicherlich denkbar, den Euro aktiv zu beeinflussen durch Verkäufe von Währungen."
    Das wären dann die klassischen Interventionen am Devisenmarkt, die es auch in konzertierter Form schon gegeben hat, also gemeinschaftlich mit anderen großen Notenbanken. Das war etwa im März 2011quasi weltweit geschehen: Zentralbanken verkauften Yen, um die japanische Währung zu drücken, um die Exportchancen des Landes nach der Katastrophe von Fukushima nicht zu gefährden. So dramatisch sei die Lage um den Euro aber nicht, sagt Reicherter:
    "Jetzt ist es nicht erklärtes Ziel der EZB, im Hinblick auf Hilfen für die Konjunktur oder für bestimmte Firmen einen Einfluss auf die Wechselkurse zu nehmen."
    Dass die EZB sich nicht vor den Karren einer Regierung spannen lässt, darauf achtet wohl auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann:
    "Um das Wachstum und die Beschäftigung im Euro-Raum dauerhaft zu stärken, müssen die Mitgliedsaaten aber wettbewerbsfähigere Wirtschaftsstrukturen gewährleisten."
    Das gehört auch zur Tradition, die die Bundesbank in die europäische Geldpolitik eingebracht hat.